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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Man hat uns oft genug auseinandergesetzt, weshalb jene ältere Auflage
nicht rascher vorrücken konnte und, wenn man die Hauptsache übersah, mochte
man endlich zu dem Glauben kommen, darin einen ganz eigenthümlichen Vor¬
zug und nicht einen Grundfehler zu finden. Wir haben oft genug hören
müssen, daß das Buch in seinem weiteren Fortschritt gleichsam ohne Willen
und Wissen seines Verfassers zu etwas anderem und viel besserem erwachsen
sei, als wozu es ursprünglich angelegt war. Man hat uns auf den uner¬
meßlichen, minutiösen Sammelfleiß hingewiesen, durch welchen jede spätere
Abtheilung im Vergleich mit jeder vorangehenden zu einer immer reichhaltigeren
Fundgrube des gesammten literaturhistorischen Wissens sich gestaltet habe.
Man hat schließlich die persönlichen Neigungen und Lieblingsstudien seines
Verfassers mit in Rechnung gestellt und es ganz natürlich, ja sogar löblich
gefunden, daß er da, wo seine eigenen Sympathien am meisten hinneigten,
auch mit entsprechender Ausführlichkeit in seiner Darstellung sich ergangen
und auf diese Weise zwar spät, .aber doch nicht zu spät, eine Arbeit ausge¬
führt habe, der im ganzen Bereiche des Faches weder in der deutschen, noch
in irgend einer fremden Sprache etwas gleich gediegenes an die Seite gesetzt
werden könne.

Alles dies ist richtig und von uns selbst bei jeder Gelegenheit anerkannt
und gerühmt worden. Die eigenthümlichen Vorzüge Koberstein's können keinen
wärmeren Bewunderer finden, als Schreiber dieses, seitdem er sich überhaupt
mit denselben Studien beschäftigt, immer gewesen ist. Und doch liegt die
Sache ganz anders. Ein "Handbuch zum Gebrauch auf Gymnasien" wie noch
die Erste Abtheilung der 4. Auflage sein wollte, konnte es freilich nicht bleiben,
und Koverstein selbst hat seit 1866 diese gänzlich veraltete Bezeichnung auf¬
gegeben. Aber dafür sollte es ein Handbuch für die verschiedenartigsten Be¬
dürfnisse des eigentlich wissenschaftlichen Studiums werden. Dazu gehört zu¬
erst eine relative Gleichförmigkeit in der Anlage und Ausführung. Jeder, der
sich eines solchen Buches bedient, muß von vornherein mit einiger Bestimmt¬
heit wissen, was er hier suchen darf und was nicht. Andernfalls entsteht
daraus mehr Verschwendung der Zeit als Ersparniß, worauf es doch zunächst
abgesehen ist. Denn selbstverständlich wird man ja alles, was in einem sol¬
chen Compendium stehen kann, auch anderswo gedruckt finden, nur daß man
im Augenblick oft durch eine Lücke im Gedächtniß oder durch andere Umstände
nicht in der Lage ist, sofort aus der eigentlichen Quelle zu schöpfen. Ein
noch viel größerer Nachtheil, ein so großer, daß dadurch beinahe die Be¬
stimmung eines solchen Buches illusorisch wird, entsteht aber aus den zeit¬
lichen Zwischenräumen, die zwischen seinen einzelnen, an sich doch als gleich¬
artig und gleichwerthig gedachten Abtheilungen liegen. Es giebt freilich
Bücher, die nie veralten und zwar nicht bloß solche, die durch ihre künstlerische


Man hat uns oft genug auseinandergesetzt, weshalb jene ältere Auflage
nicht rascher vorrücken konnte und, wenn man die Hauptsache übersah, mochte
man endlich zu dem Glauben kommen, darin einen ganz eigenthümlichen Vor¬
zug und nicht einen Grundfehler zu finden. Wir haben oft genug hören
müssen, daß das Buch in seinem weiteren Fortschritt gleichsam ohne Willen
und Wissen seines Verfassers zu etwas anderem und viel besserem erwachsen
sei, als wozu es ursprünglich angelegt war. Man hat uns auf den uner¬
meßlichen, minutiösen Sammelfleiß hingewiesen, durch welchen jede spätere
Abtheilung im Vergleich mit jeder vorangehenden zu einer immer reichhaltigeren
Fundgrube des gesammten literaturhistorischen Wissens sich gestaltet habe.
Man hat schließlich die persönlichen Neigungen und Lieblingsstudien seines
Verfassers mit in Rechnung gestellt und es ganz natürlich, ja sogar löblich
gefunden, daß er da, wo seine eigenen Sympathien am meisten hinneigten,
auch mit entsprechender Ausführlichkeit in seiner Darstellung sich ergangen
und auf diese Weise zwar spät, .aber doch nicht zu spät, eine Arbeit ausge¬
führt habe, der im ganzen Bereiche des Faches weder in der deutschen, noch
in irgend einer fremden Sprache etwas gleich gediegenes an die Seite gesetzt
werden könne.

Alles dies ist richtig und von uns selbst bei jeder Gelegenheit anerkannt
und gerühmt worden. Die eigenthümlichen Vorzüge Koberstein's können keinen
wärmeren Bewunderer finden, als Schreiber dieses, seitdem er sich überhaupt
mit denselben Studien beschäftigt, immer gewesen ist. Und doch liegt die
Sache ganz anders. Ein „Handbuch zum Gebrauch auf Gymnasien" wie noch
die Erste Abtheilung der 4. Auflage sein wollte, konnte es freilich nicht bleiben,
und Koverstein selbst hat seit 1866 diese gänzlich veraltete Bezeichnung auf¬
gegeben. Aber dafür sollte es ein Handbuch für die verschiedenartigsten Be¬
dürfnisse des eigentlich wissenschaftlichen Studiums werden. Dazu gehört zu¬
erst eine relative Gleichförmigkeit in der Anlage und Ausführung. Jeder, der
sich eines solchen Buches bedient, muß von vornherein mit einiger Bestimmt¬
heit wissen, was er hier suchen darf und was nicht. Andernfalls entsteht
daraus mehr Verschwendung der Zeit als Ersparniß, worauf es doch zunächst
abgesehen ist. Denn selbstverständlich wird man ja alles, was in einem sol¬
chen Compendium stehen kann, auch anderswo gedruckt finden, nur daß man
im Augenblick oft durch eine Lücke im Gedächtniß oder durch andere Umstände
nicht in der Lage ist, sofort aus der eigentlichen Quelle zu schöpfen. Ein
noch viel größerer Nachtheil, ein so großer, daß dadurch beinahe die Be¬
stimmung eines solchen Buches illusorisch wird, entsteht aber aus den zeit¬
lichen Zwischenräumen, die zwischen seinen einzelnen, an sich doch als gleich¬
artig und gleichwerthig gedachten Abtheilungen liegen. Es giebt freilich
Bücher, die nie veralten und zwar nicht bloß solche, die durch ihre künstlerische


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/62>, abgerufen am 25.12.2024.