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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Guise als Kommandant unterließ nichts, was dazu dienen konnte, seinem
Herrn den Raub zu erhalten, und entwickelte in Vertheidigung desselben eine
Thätigkeit, einen Muth und eine Geschicklichkeit die seinen Namen auf die
fernste Nachwelt bringen werden. -- So lange der Feind noch in einiger
Entfernung war, ließ der Herzog, unter Leitung des italienischen Ingenieurs
Strozzi, an Herstellung der Werke arbeiten (it xoui-vo^on ^ Li>.uver nos ä6-
köneos, ^ en Kire 6<z nouvoilos, et orcloimer nouvvaux i-emplu-tL U>. on es-
toit bösoing) und sorgte für Herbeischaffung von Lebensmitteln, indem er ver¬
fügte, daß sogleich in allen Dörfern der Umgegend die Ernte ausgedroschen
und die Festung gleichzeitig durch Ankäufe in Lothringen auf ein Jahr lang
verproviantirt werde. Nicht minder umsichtig erwies sich Guise in Bezug auf
Lazaretheinrichtungen und auf die Unterbringung seiner Leute, und mit außer¬
ordentlicher Hingebungeordnete er Alles sowol für die innere als äußere Ver¬
theidigung an. Seine Energie und Thätigkeit gab den Arbeiten eine unge¬
wöhnliche Frische und Freudigkeit; denn der Herzog verschmähte es nicht,
selbst Korb oder Spaten zur Hand zu nehmen, und dies Beispiel reizte sogar
einen Theil der Bürger zur Nachahmung, denen es sonst allerdings übel ge¬
nug erging. In der Umgebung der Festung, wo doch großenteils das beste
Eigenthum der Bürger lag, ward Alles zerstört, was die Annäherung oder
den Ausenthalt des Feindes hätte begünstigen können, und die vollständigste
Ausfouragirung durchgeführt. Zugleich wurden die wegen ihrer Gesinnung
verdächtigen Einwohner und die unnützen Esser, (Manufacturisten, Weiber,
Geistliche) aus der Stadt gewiesen.*) Die meisten wohlhabenden Bürger
flüchteten freiwillig nach Straßburg. Unterdeß wurden ihre Häuser von den
Soldaten geplündert und zur Gewinnung von Brennmaterial demolirt. In
der Stadt herrschte schon vor Beginn der Belagerung enorme Theuerung,
weil Guise von seinen Vorräthen nicht das Geringste hergab, und so fühlte
die Bürgerschaft die Schrecken der Hungersnoth an der Seite des Ueberflusses. --
Nachdem Guise die bedenklichsten Stellen der Befestigung hergestellt hatte,
ließ er mit diesen Arbeiten innehalten, um nachher alle Kraft und alles Ma¬
terial auf diejenigen Punkte vereinigen zu können, welche der Feind wirklich
bedrohen würde. Dafür aber beschäftigte er die Edelleute seines Hauses da¬
mit, einen Vorrath von Gegenständen zu schaffen, welche nöthig seien, um
eine etwaige Bresche schnell wieder ausfüllen zu können. Es wurden Schanz¬
körbe geflochten, Balken, Bohlen, Thorflügel und Tonnen gesammelt, Sand¬
säcke und Wollsäcke gefüllt, Barrieren. Pallisaden und Holzcavaliere gezien-



") Auch den Rittern wurde befohlen, ihre Bedienung einzuschränken. Kein Gendarm
solle mehr als 2 Pferde und einen Diener, kein Bogenschütze mehr als ein Pferd und einen
Diener behalten. Zehn Fußsoldaten sollen sich mit einem gemeinschaftlichen Knecht behelfen.

Guise als Kommandant unterließ nichts, was dazu dienen konnte, seinem
Herrn den Raub zu erhalten, und entwickelte in Vertheidigung desselben eine
Thätigkeit, einen Muth und eine Geschicklichkeit die seinen Namen auf die
fernste Nachwelt bringen werden. — So lange der Feind noch in einiger
Entfernung war, ließ der Herzog, unter Leitung des italienischen Ingenieurs
Strozzi, an Herstellung der Werke arbeiten (it xoui-vo^on ^ Li>.uver nos ä6-
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toit bösoing) und sorgte für Herbeischaffung von Lebensmitteln, indem er ver¬
fügte, daß sogleich in allen Dörfern der Umgegend die Ernte ausgedroschen
und die Festung gleichzeitig durch Ankäufe in Lothringen auf ein Jahr lang
verproviantirt werde. Nicht minder umsichtig erwies sich Guise in Bezug auf
Lazaretheinrichtungen und auf die Unterbringung seiner Leute, und mit außer¬
ordentlicher Hingebungeordnete er Alles sowol für die innere als äußere Ver¬
theidigung an. Seine Energie und Thätigkeit gab den Arbeiten eine unge¬
wöhnliche Frische und Freudigkeit; denn der Herzog verschmähte es nicht,
selbst Korb oder Spaten zur Hand zu nehmen, und dies Beispiel reizte sogar
einen Theil der Bürger zur Nachahmung, denen es sonst allerdings übel ge¬
nug erging. In der Umgebung der Festung, wo doch großenteils das beste
Eigenthum der Bürger lag, ward Alles zerstört, was die Annäherung oder
den Ausenthalt des Feindes hätte begünstigen können, und die vollständigste
Ausfouragirung durchgeführt. Zugleich wurden die wegen ihrer Gesinnung
verdächtigen Einwohner und die unnützen Esser, (Manufacturisten, Weiber,
Geistliche) aus der Stadt gewiesen.*) Die meisten wohlhabenden Bürger
flüchteten freiwillig nach Straßburg. Unterdeß wurden ihre Häuser von den
Soldaten geplündert und zur Gewinnung von Brennmaterial demolirt. In
der Stadt herrschte schon vor Beginn der Belagerung enorme Theuerung,
weil Guise von seinen Vorräthen nicht das Geringste hergab, und so fühlte
die Bürgerschaft die Schrecken der Hungersnoth an der Seite des Ueberflusses. —
Nachdem Guise die bedenklichsten Stellen der Befestigung hergestellt hatte,
ließ er mit diesen Arbeiten innehalten, um nachher alle Kraft und alles Ma¬
terial auf diejenigen Punkte vereinigen zu können, welche der Feind wirklich
bedrohen würde. Dafür aber beschäftigte er die Edelleute seines Hauses da¬
mit, einen Vorrath von Gegenständen zu schaffen, welche nöthig seien, um
eine etwaige Bresche schnell wieder ausfüllen zu können. Es wurden Schanz¬
körbe geflochten, Balken, Bohlen, Thorflügel und Tonnen gesammelt, Sand¬
säcke und Wollsäcke gefüllt, Barrieren. Pallisaden und Holzcavaliere gezien-



") Auch den Rittern wurde befohlen, ihre Bedienung einzuschränken. Kein Gendarm
solle mehr als 2 Pferde und einen Diener, kein Bogenschütze mehr als ein Pferd und einen
Diener behalten. Zehn Fußsoldaten sollen sich mit einem gemeinschaftlichen Knecht behelfen.
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[0052] Guise als Kommandant unterließ nichts, was dazu dienen konnte, seinem Herrn den Raub zu erhalten, und entwickelte in Vertheidigung desselben eine Thätigkeit, einen Muth und eine Geschicklichkeit die seinen Namen auf die fernste Nachwelt bringen werden. — So lange der Feind noch in einiger Entfernung war, ließ der Herzog, unter Leitung des italienischen Ingenieurs Strozzi, an Herstellung der Werke arbeiten (it xoui-vo^on ^ Li>.uver nos ä6- köneos, ^ en Kire 6<z nouvoilos, et orcloimer nouvvaux i-emplu-tL U>. on es- toit bösoing) und sorgte für Herbeischaffung von Lebensmitteln, indem er ver¬ fügte, daß sogleich in allen Dörfern der Umgegend die Ernte ausgedroschen und die Festung gleichzeitig durch Ankäufe in Lothringen auf ein Jahr lang verproviantirt werde. Nicht minder umsichtig erwies sich Guise in Bezug auf Lazaretheinrichtungen und auf die Unterbringung seiner Leute, und mit außer¬ ordentlicher Hingebungeordnete er Alles sowol für die innere als äußere Ver¬ theidigung an. Seine Energie und Thätigkeit gab den Arbeiten eine unge¬ wöhnliche Frische und Freudigkeit; denn der Herzog verschmähte es nicht, selbst Korb oder Spaten zur Hand zu nehmen, und dies Beispiel reizte sogar einen Theil der Bürger zur Nachahmung, denen es sonst allerdings übel ge¬ nug erging. In der Umgebung der Festung, wo doch großenteils das beste Eigenthum der Bürger lag, ward Alles zerstört, was die Annäherung oder den Ausenthalt des Feindes hätte begünstigen können, und die vollständigste Ausfouragirung durchgeführt. Zugleich wurden die wegen ihrer Gesinnung verdächtigen Einwohner und die unnützen Esser, (Manufacturisten, Weiber, Geistliche) aus der Stadt gewiesen.*) Die meisten wohlhabenden Bürger flüchteten freiwillig nach Straßburg. Unterdeß wurden ihre Häuser von den Soldaten geplündert und zur Gewinnung von Brennmaterial demolirt. In der Stadt herrschte schon vor Beginn der Belagerung enorme Theuerung, weil Guise von seinen Vorräthen nicht das Geringste hergab, und so fühlte die Bürgerschaft die Schrecken der Hungersnoth an der Seite des Ueberflusses. — Nachdem Guise die bedenklichsten Stellen der Befestigung hergestellt hatte, ließ er mit diesen Arbeiten innehalten, um nachher alle Kraft und alles Ma¬ terial auf diejenigen Punkte vereinigen zu können, welche der Feind wirklich bedrohen würde. Dafür aber beschäftigte er die Edelleute seines Hauses da¬ mit, einen Vorrath von Gegenständen zu schaffen, welche nöthig seien, um eine etwaige Bresche schnell wieder ausfüllen zu können. Es wurden Schanz¬ körbe geflochten, Balken, Bohlen, Thorflügel und Tonnen gesammelt, Sand¬ säcke und Wollsäcke gefüllt, Barrieren. Pallisaden und Holzcavaliere gezien- ") Auch den Rittern wurde befohlen, ihre Bedienung einzuschränken. Kein Gendarm solle mehr als 2 Pferde und einen Diener, kein Bogenschütze mehr als ein Pferd und einen Diener behalten. Zehn Fußsoldaten sollen sich mit einem gemeinschaftlichen Knecht behelfen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/52>, abgerufen am 25.12.2024.