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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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DaS Gold kümmert sich wenig darum, ob der Gesetzgeber die Rolle des
Zahlungsmittels dem Silber zugesteht oder nicht. Es fließt solange nicht in
das Land, welches es erstrebt, als bis dasselbe den Preis bewilligt, zu welchem
es auf dem Weltmarkte zu haben ist. Daß das Silber nur in beschränktem
Maße als Zahlungsmittel zugelassen wird, ändert gar nichts an der Sache in
dem gewünschten Sinne. Im Gegentheil! Schließt man das Silber gesetzlich
von dem ihm gesetzlich -- denn das bedingt das Doppelwährungssystem --
gebührenden Verwendungsgebiete aus, weigert man sich, das sich zu billigem
Preise darbietende Barrensilber in Münze auszuprägen, so wird der Stock des
ohne Verwendung daliegenden Silbers, d. h. die Ursache vergrößert werden,
welche den billigen Preis des Silbers und den hohen Preis des Goldes
augenblicklich bedingt. Statt dem Golde also durch theilweisen Ausschluß des
Silbers Eintritt in das Land zu erleichtern, steigert man die Ursachen, welche
dem Erwerbe desselben feindlich entgegenstehen!

Aber wodurch wird die Lücke ausgefüllt werden, die in den Zahlungs¬
mitteln durch Beschränkung der Silberausprägung entstehen muß? Nun,
wenn das Silber gewaltsam ausgeschlossen wurde, wenn es nicht gelang, die
Ursachen abzuschwächen, welche das Fernbleiben des Goldes veranlaßten, so
bleibt nur noch ein Drittes übrig -- das Papier! Gewiß, wenn die Maximal¬
summen groben Silbers, welche wir oben anführten, ausgeprägt werden soll¬
ten, wenn sich Mangel an Zahlungsmitteln fühlbar machen sollte, so wird
nichts Anderes übrig bleiben, als das Papiergeld zu vermehren. Doch halt!
Noch eine Bedingung fehlt, die Bedingung, wegen deren voraussichtlichen
Obwalten jene Maximalsummen normirt wurden, die Bedingung nämlich,
daß das Gold auf der augenblicklichen Courshöhe bleibt.

Glücklicherweise nun für die Staaten der lateinischen Münzeonvention
wird voraussichtlich jene Bedingung nicht eintreten. Würde sie es, würde
das Gold dauernd so hoch wie jetzt im Preise bleiben, so müßten wir die
Beschlüsse der jüngsten Pariser Münzconferenz als schädliche bezeichnen, da
sie nicht -- wie beabsichtigt -- dem Golde, sondern dem Papiergelde Thor
und Riegel öffnen. Da sich das Gold nicht auf die Länge auf dem Cours¬
niveau des Augenblicks halten wird, da sehr gewichtige, ja entscheidende Gründe
dafür sprechen, daß es im Preise sinkt, so stellen sich die Beschlüsse jener Con-
ferenz als überflüssig heraus.

Nach Londoner Depeschen hat sich der Preis des Silbers schon jetzt ge¬
bessert. Als Gründe für die Coursänderung dieses Metalles, die um so auf¬
fallender ist, weil viele Monate hindurch im Silberpreis die entgegengesetzte
Tendenz zur Geltung kam. und um so bemerkenswerther, weil mit einem
Schlage die sehr allgemein verbreitete Ansicht derer widerlegt wird, welche ein


DaS Gold kümmert sich wenig darum, ob der Gesetzgeber die Rolle des
Zahlungsmittels dem Silber zugesteht oder nicht. Es fließt solange nicht in
das Land, welches es erstrebt, als bis dasselbe den Preis bewilligt, zu welchem
es auf dem Weltmarkte zu haben ist. Daß das Silber nur in beschränktem
Maße als Zahlungsmittel zugelassen wird, ändert gar nichts an der Sache in
dem gewünschten Sinne. Im Gegentheil! Schließt man das Silber gesetzlich
von dem ihm gesetzlich — denn das bedingt das Doppelwährungssystem —
gebührenden Verwendungsgebiete aus, weigert man sich, das sich zu billigem
Preise darbietende Barrensilber in Münze auszuprägen, so wird der Stock des
ohne Verwendung daliegenden Silbers, d. h. die Ursache vergrößert werden,
welche den billigen Preis des Silbers und den hohen Preis des Goldes
augenblicklich bedingt. Statt dem Golde also durch theilweisen Ausschluß des
Silbers Eintritt in das Land zu erleichtern, steigert man die Ursachen, welche
dem Erwerbe desselben feindlich entgegenstehen!

Aber wodurch wird die Lücke ausgefüllt werden, die in den Zahlungs¬
mitteln durch Beschränkung der Silberausprägung entstehen muß? Nun,
wenn das Silber gewaltsam ausgeschlossen wurde, wenn es nicht gelang, die
Ursachen abzuschwächen, welche das Fernbleiben des Goldes veranlaßten, so
bleibt nur noch ein Drittes übrig — das Papier! Gewiß, wenn die Maximal¬
summen groben Silbers, welche wir oben anführten, ausgeprägt werden soll¬
ten, wenn sich Mangel an Zahlungsmitteln fühlbar machen sollte, so wird
nichts Anderes übrig bleiben, als das Papiergeld zu vermehren. Doch halt!
Noch eine Bedingung fehlt, die Bedingung, wegen deren voraussichtlichen
Obwalten jene Maximalsummen normirt wurden, die Bedingung nämlich,
daß das Gold auf der augenblicklichen Courshöhe bleibt.

Glücklicherweise nun für die Staaten der lateinischen Münzeonvention
wird voraussichtlich jene Bedingung nicht eintreten. Würde sie es, würde
das Gold dauernd so hoch wie jetzt im Preise bleiben, so müßten wir die
Beschlüsse der jüngsten Pariser Münzconferenz als schädliche bezeichnen, da
sie nicht — wie beabsichtigt — dem Golde, sondern dem Papiergelde Thor
und Riegel öffnen. Da sich das Gold nicht auf die Länge auf dem Cours¬
niveau des Augenblicks halten wird, da sehr gewichtige, ja entscheidende Gründe
dafür sprechen, daß es im Preise sinkt, so stellen sich die Beschlüsse jener Con-
ferenz als überflüssig heraus.

Nach Londoner Depeschen hat sich der Preis des Silbers schon jetzt ge¬
bessert. Als Gründe für die Coursänderung dieses Metalles, die um so auf¬
fallender ist, weil viele Monate hindurch im Silberpreis die entgegengesetzte
Tendenz zur Geltung kam. und um so bemerkenswerther, weil mit einem
Schlage die sehr allgemein verbreitete Ansicht derer widerlegt wird, welche ein


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[0504] DaS Gold kümmert sich wenig darum, ob der Gesetzgeber die Rolle des Zahlungsmittels dem Silber zugesteht oder nicht. Es fließt solange nicht in das Land, welches es erstrebt, als bis dasselbe den Preis bewilligt, zu welchem es auf dem Weltmarkte zu haben ist. Daß das Silber nur in beschränktem Maße als Zahlungsmittel zugelassen wird, ändert gar nichts an der Sache in dem gewünschten Sinne. Im Gegentheil! Schließt man das Silber gesetzlich von dem ihm gesetzlich — denn das bedingt das Doppelwährungssystem — gebührenden Verwendungsgebiete aus, weigert man sich, das sich zu billigem Preise darbietende Barrensilber in Münze auszuprägen, so wird der Stock des ohne Verwendung daliegenden Silbers, d. h. die Ursache vergrößert werden, welche den billigen Preis des Silbers und den hohen Preis des Goldes augenblicklich bedingt. Statt dem Golde also durch theilweisen Ausschluß des Silbers Eintritt in das Land zu erleichtern, steigert man die Ursachen, welche dem Erwerbe desselben feindlich entgegenstehen! Aber wodurch wird die Lücke ausgefüllt werden, die in den Zahlungs¬ mitteln durch Beschränkung der Silberausprägung entstehen muß? Nun, wenn das Silber gewaltsam ausgeschlossen wurde, wenn es nicht gelang, die Ursachen abzuschwächen, welche das Fernbleiben des Goldes veranlaßten, so bleibt nur noch ein Drittes übrig — das Papier! Gewiß, wenn die Maximal¬ summen groben Silbers, welche wir oben anführten, ausgeprägt werden soll¬ ten, wenn sich Mangel an Zahlungsmitteln fühlbar machen sollte, so wird nichts Anderes übrig bleiben, als das Papiergeld zu vermehren. Doch halt! Noch eine Bedingung fehlt, die Bedingung, wegen deren voraussichtlichen Obwalten jene Maximalsummen normirt wurden, die Bedingung nämlich, daß das Gold auf der augenblicklichen Courshöhe bleibt. Glücklicherweise nun für die Staaten der lateinischen Münzeonvention wird voraussichtlich jene Bedingung nicht eintreten. Würde sie es, würde das Gold dauernd so hoch wie jetzt im Preise bleiben, so müßten wir die Beschlüsse der jüngsten Pariser Münzconferenz als schädliche bezeichnen, da sie nicht — wie beabsichtigt — dem Golde, sondern dem Papiergelde Thor und Riegel öffnen. Da sich das Gold nicht auf die Länge auf dem Cours¬ niveau des Augenblicks halten wird, da sehr gewichtige, ja entscheidende Gründe dafür sprechen, daß es im Preise sinkt, so stellen sich die Beschlüsse jener Con- ferenz als überflüssig heraus. Nach Londoner Depeschen hat sich der Preis des Silbers schon jetzt ge¬ bessert. Als Gründe für die Coursänderung dieses Metalles, die um so auf¬ fallender ist, weil viele Monate hindurch im Silberpreis die entgegengesetzte Tendenz zur Geltung kam. und um so bemerkenswerther, weil mit einem Schlage die sehr allgemein verbreitete Ansicht derer widerlegt wird, welche ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/504>, abgerufen am 25.12.2024.