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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Folge dessen bildete in Staaten mit sogenannter Doppelwährung Gold das
alleinige Zahlungsmittel.

Trotz alle dem drangen die Schweiz, Belgien und Italien mit ihrem Ver¬
langen nicht durch. Der Einfluß der Männer der Iiauts uraltes auf die
Pariser Regierungskreise war von jeher vorhanden gewesen und von Napoleon
groß gezogen worden. Diesen kommt der Wechsel im Zahlungsmittel stets zu
statten; sie konnten den Uebergang zur Goldwährung/ das dem Schächern
mit Metallen auf immer ein Ende setzt/ niemals ihre Zustimmung geben. Der
Bank von Frankreich ferner mußte sehr viel daran gelegen sein, nöthigenfalls
willige Aufnahme für ihre Banknoten im Publikum zu finden. Das schöne
Gold läßt man sich nicht leicht durch Eintausch gegen Papiergeld ab¬
schwatzen; wohl aber die silbernen so schweren und so unbequemen Fünf¬
frankenthaler. Und endlich kam zu diesen, dem Plane des Ueberganges zur
alleinigen Goldwährung so ungünstigen Einflüssen noch, daß man schon seit
14 Jahren mehr das Gold als das Silber im Verkehr gesehen hatte. Die
Furcht war daher scheinbar unbegründet, daß das Silber einmal die Stelle
des Goldes einnehmen könnte. Mit einem Wort, die Stimmen der Volks¬
wirthe, welche darauf hinwiesen, daß abgesehen von allen übrigen Nachtheilen
die Doppelwährung schon deshalb verwerflich sei, weil mit den bei der Doppel¬
währung unausbleiblichen periodischen UmPrägungen die Prägekosten für die
Volkswirthschaft verloren gingen, drangen nicht durch, die französische Re¬
gierung blieb beharrlich auf ihrem einmal eingenommenen Standpunkte, und
die Schweiz, Belgien und Italien gaben nach!

Der Münzvertrag, welcher die Doppelwährung mit dem Werthverhältniß
von 1:1SV-> einführte, war am 23. Dezember 1865 zu Stande gekommen.
Schon im Jahre 1867 veränderte sich die Werthrelation zwischen Gold und
Silber. Das Silber sank im Preise und silberne Fünffrankenstücke wurden
häufiger. Vom Jahre 1866--1871 war das durchschnittliche Werthverhältniß
der beiden Edelmetalle gleich 1:15.56.

Doch schon war der Krieg mit Frankreich ausgebrochen. Deutschland
siegte, und fünf Milliarden, zum geringsten Theil allerdings in vaarer Münze,
flössen in das Land. Das deutsche Reich, im Besitze großer Goldsummen, ver¬
stand es, diesen glücklichen Umstand auszunutzen. Der Uebergang zur Gold¬
währung wurde beschlossen. Alles durch die Kriegsentschädigung eingegangene
Gold wurde zurückbehalten, große Silbersummen aber verkauft und in Gold
eingetauscht.

Natürlich stieg der Preis des Goldes rapid. Das plötzlich so ungeheuer
vermehrte Stlbercmgebot hatte fast eine Panique erzeugt, und das Silber sank
Tag für Tag im Preise. Am 16. November 1872 war Silber auf dem
Londoner Markte schon um 2 bis 3 Procent billiger zu haben, als die ge-


Folge dessen bildete in Staaten mit sogenannter Doppelwährung Gold das
alleinige Zahlungsmittel.

Trotz alle dem drangen die Schweiz, Belgien und Italien mit ihrem Ver¬
langen nicht durch. Der Einfluß der Männer der Iiauts uraltes auf die
Pariser Regierungskreise war von jeher vorhanden gewesen und von Napoleon
groß gezogen worden. Diesen kommt der Wechsel im Zahlungsmittel stets zu
statten; sie konnten den Uebergang zur Goldwährung/ das dem Schächern
mit Metallen auf immer ein Ende setzt/ niemals ihre Zustimmung geben. Der
Bank von Frankreich ferner mußte sehr viel daran gelegen sein, nöthigenfalls
willige Aufnahme für ihre Banknoten im Publikum zu finden. Das schöne
Gold läßt man sich nicht leicht durch Eintausch gegen Papiergeld ab¬
schwatzen; wohl aber die silbernen so schweren und so unbequemen Fünf¬
frankenthaler. Und endlich kam zu diesen, dem Plane des Ueberganges zur
alleinigen Goldwährung so ungünstigen Einflüssen noch, daß man schon seit
14 Jahren mehr das Gold als das Silber im Verkehr gesehen hatte. Die
Furcht war daher scheinbar unbegründet, daß das Silber einmal die Stelle
des Goldes einnehmen könnte. Mit einem Wort, die Stimmen der Volks¬
wirthe, welche darauf hinwiesen, daß abgesehen von allen übrigen Nachtheilen
die Doppelwährung schon deshalb verwerflich sei, weil mit den bei der Doppel¬
währung unausbleiblichen periodischen UmPrägungen die Prägekosten für die
Volkswirthschaft verloren gingen, drangen nicht durch, die französische Re¬
gierung blieb beharrlich auf ihrem einmal eingenommenen Standpunkte, und
die Schweiz, Belgien und Italien gaben nach!

Der Münzvertrag, welcher die Doppelwährung mit dem Werthverhältniß
von 1:1SV-> einführte, war am 23. Dezember 1865 zu Stande gekommen.
Schon im Jahre 1867 veränderte sich die Werthrelation zwischen Gold und
Silber. Das Silber sank im Preise und silberne Fünffrankenstücke wurden
häufiger. Vom Jahre 1866—1871 war das durchschnittliche Werthverhältniß
der beiden Edelmetalle gleich 1:15.56.

Doch schon war der Krieg mit Frankreich ausgebrochen. Deutschland
siegte, und fünf Milliarden, zum geringsten Theil allerdings in vaarer Münze,
flössen in das Land. Das deutsche Reich, im Besitze großer Goldsummen, ver¬
stand es, diesen glücklichen Umstand auszunutzen. Der Uebergang zur Gold¬
währung wurde beschlossen. Alles durch die Kriegsentschädigung eingegangene
Gold wurde zurückbehalten, große Silbersummen aber verkauft und in Gold
eingetauscht.

Natürlich stieg der Preis des Goldes rapid. Das plötzlich so ungeheuer
vermehrte Stlbercmgebot hatte fast eine Panique erzeugt, und das Silber sank
Tag für Tag im Preise. Am 16. November 1872 war Silber auf dem
Londoner Markte schon um 2 bis 3 Procent billiger zu haben, als die ge-


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[0501] Folge dessen bildete in Staaten mit sogenannter Doppelwährung Gold das alleinige Zahlungsmittel. Trotz alle dem drangen die Schweiz, Belgien und Italien mit ihrem Ver¬ langen nicht durch. Der Einfluß der Männer der Iiauts uraltes auf die Pariser Regierungskreise war von jeher vorhanden gewesen und von Napoleon groß gezogen worden. Diesen kommt der Wechsel im Zahlungsmittel stets zu statten; sie konnten den Uebergang zur Goldwährung/ das dem Schächern mit Metallen auf immer ein Ende setzt/ niemals ihre Zustimmung geben. Der Bank von Frankreich ferner mußte sehr viel daran gelegen sein, nöthigenfalls willige Aufnahme für ihre Banknoten im Publikum zu finden. Das schöne Gold läßt man sich nicht leicht durch Eintausch gegen Papiergeld ab¬ schwatzen; wohl aber die silbernen so schweren und so unbequemen Fünf¬ frankenthaler. Und endlich kam zu diesen, dem Plane des Ueberganges zur alleinigen Goldwährung so ungünstigen Einflüssen noch, daß man schon seit 14 Jahren mehr das Gold als das Silber im Verkehr gesehen hatte. Die Furcht war daher scheinbar unbegründet, daß das Silber einmal die Stelle des Goldes einnehmen könnte. Mit einem Wort, die Stimmen der Volks¬ wirthe, welche darauf hinwiesen, daß abgesehen von allen übrigen Nachtheilen die Doppelwährung schon deshalb verwerflich sei, weil mit den bei der Doppel¬ währung unausbleiblichen periodischen UmPrägungen die Prägekosten für die Volkswirthschaft verloren gingen, drangen nicht durch, die französische Re¬ gierung blieb beharrlich auf ihrem einmal eingenommenen Standpunkte, und die Schweiz, Belgien und Italien gaben nach! Der Münzvertrag, welcher die Doppelwährung mit dem Werthverhältniß von 1:1SV-> einführte, war am 23. Dezember 1865 zu Stande gekommen. Schon im Jahre 1867 veränderte sich die Werthrelation zwischen Gold und Silber. Das Silber sank im Preise und silberne Fünffrankenstücke wurden häufiger. Vom Jahre 1866—1871 war das durchschnittliche Werthverhältniß der beiden Edelmetalle gleich 1:15.56. Doch schon war der Krieg mit Frankreich ausgebrochen. Deutschland siegte, und fünf Milliarden, zum geringsten Theil allerdings in vaarer Münze, flössen in das Land. Das deutsche Reich, im Besitze großer Goldsummen, ver¬ stand es, diesen glücklichen Umstand auszunutzen. Der Uebergang zur Gold¬ währung wurde beschlossen. Alles durch die Kriegsentschädigung eingegangene Gold wurde zurückbehalten, große Silbersummen aber verkauft und in Gold eingetauscht. Natürlich stieg der Preis des Goldes rapid. Das plötzlich so ungeheuer vermehrte Stlbercmgebot hatte fast eine Panique erzeugt, und das Silber sank Tag für Tag im Preise. Am 16. November 1872 war Silber auf dem Londoner Markte schon um 2 bis 3 Procent billiger zu haben, als die ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/501>, abgerufen am 26.06.2024.