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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Togen der zweiten Session des deutschen Zollparlaments von Metz aufgezeich.
net und zum Zwecke der Veröffentlichung übergeben wurden.

August Joseph Metz wurde am 20. April 1818 geboren als der Sohn
eines Dr, MLll. Metz in Dreieichenhain, einem damals Fürstlich Jsenburg-
Birsteinischen Flecken zwischen Darmstadt und Frankfurt. Dreieichenhain, im
früher berühmten Ncichsforste Dreinitz gelegen, und den Herren von Hagen
früher gehörig, besitzt eine alte Schloßruine, in welcher die deutschen Kaiser
nach ihrer Krönung in Frankfurt sich zum Jagen aufhielten. Der verklungene
Traum der alten Kaiserherrlichkeit umspielte droben in dem morschen Ge¬
mäuer die ersten Jahre des Knaben, bis zu denen die Erinnerung des
Mannes zurückreichte. In Buchen, einem Amtsstädtchen des badischen Oden-
Waldes, verblieb er vom achten bis zum elften Jahre. Dann siedelte er mit
den Eltern nach Darmstadt über, wo sein Vater als practischer Arzt sich mit
angestrengter Thätigkeit ernährte. August Metz mußte schon als Junge von
13 Jahren Privatstunden an zehn- und elfjährige jüngere Mitschüler geben
und wurde schon im siebzehnten Jahre Hauslehrer bei einem Pfarrer Linden¬
born am Fuße des Odenwälder Felsberges. Der für Metz' Verhältnisse
außerordentlich willkommene Plan, die Lindenborn'schen Söhne auf die Uni¬
versität Heidelberg als Mentor zu begleiten, scheiterte daran, daß die hessische
Regierung (Du Thil-Linde) im Herbste 1836 das Verbot des Besuchs der
freisinnigen Heidelberger Hochschule durch Hessen-Darmstädter auch Metz gegen¬
über zur Anwendung brachte, und ihn zum Umzug nach Gießen nöthigte.
So konnte er nur ein halbes Jahr lang die damaligen Größen der Heidel¬
berger Rechtslehrer Thibaut, Zachariä Vater und Sohn und Mittermaier. im
Sommer 1836 hören. Dann riß ihn die kieinsiaatliche Fürsorge seines an¬
gestammten Ministeriums Du Thil-Linde für die politische Jungfräulichkeit
der Hessen-darmstädtischen Landeskinder und für die Frequenz der Landesuni¬
versität Gießen von den Füßen der Heidelberger Größen und aus den ökono¬
misch sorgenfreiesten und angenehmsten Verhältnissen hinweg. Er durfte wohl
den Trost sein nennen, soeios nabuisse malorum! Denn gleich ihm hatte
manches andere Landeskind auch Heidelberg vor Gießen den Vorzug gegeben.
Und nicht leicht nahm die badische Regierung die tactlose und schimpfliche
Verordnung der darmhessischen Minister; sie entschloß sich sogar zum Aeußersten,
dessen der Deutsche jener Tage fähig war: sie wandte sich beschwerdeführend
an die durchlauchtigste Bundesversammlung zu Frankfurt am Main. Aber
Hessen-Darmstadt war auch hierauf vorbereitet, es befolgte den alten Spruch:
"i teeisti neM, und läugnete hartnäckig die Existenz irgend eines Verbotes,
welches die Landeskinder am Besuche der Heidelberger Hochschule hinderte. Als
der Studiosus Metz das vornahm, that er ein Uebriges, löste hochherzig das
Ministerialresenpt, das ihm die Hörsäle Heidelbergs verschlossen und in das


Togen der zweiten Session des deutschen Zollparlaments von Metz aufgezeich.
net und zum Zwecke der Veröffentlichung übergeben wurden.

August Joseph Metz wurde am 20. April 1818 geboren als der Sohn
eines Dr, MLll. Metz in Dreieichenhain, einem damals Fürstlich Jsenburg-
Birsteinischen Flecken zwischen Darmstadt und Frankfurt. Dreieichenhain, im
früher berühmten Ncichsforste Dreinitz gelegen, und den Herren von Hagen
früher gehörig, besitzt eine alte Schloßruine, in welcher die deutschen Kaiser
nach ihrer Krönung in Frankfurt sich zum Jagen aufhielten. Der verklungene
Traum der alten Kaiserherrlichkeit umspielte droben in dem morschen Ge¬
mäuer die ersten Jahre des Knaben, bis zu denen die Erinnerung des
Mannes zurückreichte. In Buchen, einem Amtsstädtchen des badischen Oden-
Waldes, verblieb er vom achten bis zum elften Jahre. Dann siedelte er mit
den Eltern nach Darmstadt über, wo sein Vater als practischer Arzt sich mit
angestrengter Thätigkeit ernährte. August Metz mußte schon als Junge von
13 Jahren Privatstunden an zehn- und elfjährige jüngere Mitschüler geben
und wurde schon im siebzehnten Jahre Hauslehrer bei einem Pfarrer Linden¬
born am Fuße des Odenwälder Felsberges. Der für Metz' Verhältnisse
außerordentlich willkommene Plan, die Lindenborn'schen Söhne auf die Uni¬
versität Heidelberg als Mentor zu begleiten, scheiterte daran, daß die hessische
Regierung (Du Thil-Linde) im Herbste 1836 das Verbot des Besuchs der
freisinnigen Heidelberger Hochschule durch Hessen-Darmstädter auch Metz gegen¬
über zur Anwendung brachte, und ihn zum Umzug nach Gießen nöthigte.
So konnte er nur ein halbes Jahr lang die damaligen Größen der Heidel¬
berger Rechtslehrer Thibaut, Zachariä Vater und Sohn und Mittermaier. im
Sommer 1836 hören. Dann riß ihn die kieinsiaatliche Fürsorge seines an¬
gestammten Ministeriums Du Thil-Linde für die politische Jungfräulichkeit
der Hessen-darmstädtischen Landeskinder und für die Frequenz der Landesuni¬
versität Gießen von den Füßen der Heidelberger Größen und aus den ökono¬
misch sorgenfreiesten und angenehmsten Verhältnissen hinweg. Er durfte wohl
den Trost sein nennen, soeios nabuisse malorum! Denn gleich ihm hatte
manches andere Landeskind auch Heidelberg vor Gießen den Vorzug gegeben.
Und nicht leicht nahm die badische Regierung die tactlose und schimpfliche
Verordnung der darmhessischen Minister; sie entschloß sich sogar zum Aeußersten,
dessen der Deutsche jener Tage fähig war: sie wandte sich beschwerdeführend
an die durchlauchtigste Bundesversammlung zu Frankfurt am Main. Aber
Hessen-Darmstadt war auch hierauf vorbereitet, es befolgte den alten Spruch:
«i teeisti neM, und läugnete hartnäckig die Existenz irgend eines Verbotes,
welches die Landeskinder am Besuche der Heidelberger Hochschule hinderte. Als
der Studiosus Metz das vornahm, that er ein Uebriges, löste hochherzig das
Ministerialresenpt, das ihm die Hörsäle Heidelbergs verschlossen und in das


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[0389] Togen der zweiten Session des deutschen Zollparlaments von Metz aufgezeich. net und zum Zwecke der Veröffentlichung übergeben wurden. August Joseph Metz wurde am 20. April 1818 geboren als der Sohn eines Dr, MLll. Metz in Dreieichenhain, einem damals Fürstlich Jsenburg- Birsteinischen Flecken zwischen Darmstadt und Frankfurt. Dreieichenhain, im früher berühmten Ncichsforste Dreinitz gelegen, und den Herren von Hagen früher gehörig, besitzt eine alte Schloßruine, in welcher die deutschen Kaiser nach ihrer Krönung in Frankfurt sich zum Jagen aufhielten. Der verklungene Traum der alten Kaiserherrlichkeit umspielte droben in dem morschen Ge¬ mäuer die ersten Jahre des Knaben, bis zu denen die Erinnerung des Mannes zurückreichte. In Buchen, einem Amtsstädtchen des badischen Oden- Waldes, verblieb er vom achten bis zum elften Jahre. Dann siedelte er mit den Eltern nach Darmstadt über, wo sein Vater als practischer Arzt sich mit angestrengter Thätigkeit ernährte. August Metz mußte schon als Junge von 13 Jahren Privatstunden an zehn- und elfjährige jüngere Mitschüler geben und wurde schon im siebzehnten Jahre Hauslehrer bei einem Pfarrer Linden¬ born am Fuße des Odenwälder Felsberges. Der für Metz' Verhältnisse außerordentlich willkommene Plan, die Lindenborn'schen Söhne auf die Uni¬ versität Heidelberg als Mentor zu begleiten, scheiterte daran, daß die hessische Regierung (Du Thil-Linde) im Herbste 1836 das Verbot des Besuchs der freisinnigen Heidelberger Hochschule durch Hessen-Darmstädter auch Metz gegen¬ über zur Anwendung brachte, und ihn zum Umzug nach Gießen nöthigte. So konnte er nur ein halbes Jahr lang die damaligen Größen der Heidel¬ berger Rechtslehrer Thibaut, Zachariä Vater und Sohn und Mittermaier. im Sommer 1836 hören. Dann riß ihn die kieinsiaatliche Fürsorge seines an¬ gestammten Ministeriums Du Thil-Linde für die politische Jungfräulichkeit der Hessen-darmstädtischen Landeskinder und für die Frequenz der Landesuni¬ versität Gießen von den Füßen der Heidelberger Größen und aus den ökono¬ misch sorgenfreiesten und angenehmsten Verhältnissen hinweg. Er durfte wohl den Trost sein nennen, soeios nabuisse malorum! Denn gleich ihm hatte manches andere Landeskind auch Heidelberg vor Gießen den Vorzug gegeben. Und nicht leicht nahm die badische Regierung die tactlose und schimpfliche Verordnung der darmhessischen Minister; sie entschloß sich sogar zum Aeußersten, dessen der Deutsche jener Tage fähig war: sie wandte sich beschwerdeführend an die durchlauchtigste Bundesversammlung zu Frankfurt am Main. Aber Hessen-Darmstadt war auch hierauf vorbereitet, es befolgte den alten Spruch: «i teeisti neM, und läugnete hartnäckig die Existenz irgend eines Verbotes, welches die Landeskinder am Besuche der Heidelberger Hochschule hinderte. Als der Studiosus Metz das vornahm, that er ein Uebriges, löste hochherzig das Ministerialresenpt, das ihm die Hörsäle Heidelbergs verschlossen und in das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/389>, abgerufen am 26.06.2024.