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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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hier geschieht, an einer Goethischen Schöpfung einmal bis ins Kleinste in über¬
sichtlicher und wissenschaftlicher Weise nachgewiesen wird, was die Text'Kritik
früheren Ausgaben gegenüber erreicht hat. Es ist in mehrfacher Beziehung ein
glücklicher Griff zu nennen, daß Verleger und Verfasser sich die Hand geboten haben,
in einer eignen Schrift und noch dazu an einem viel gelesenen Werke Goethe's wie
Benevenuto Cellini zu exemplificiren, welcher Werth der Hempel'schen Ausgabe
auch in dieser Beziehung zuzumessen ist. Die kritische Sorgfalt und Gründ¬
lichkeit, mit der der Verfasser zu Werke gegangen, muß unbedingt den Eindruck
machen, daß man heut zu Tage nicht mehr wohl thut, den Benevenuto Cellini
in einer andern als der Hemvel'schen Ausgabe zu lesen, da mit Klarheit nach¬
gewiesen ist, daß die zum Theil groben Verstöße nicht allein auf die Mängel
der von Goethe gebrauchten italienischen Ausgabe, sondern auch auf die Sorg¬
losigkeit der Korrektoren und die leichtere Behandlung des Werks durch Goethe
selbst zurückzuführen sind. Der Verfasser giebt in dieser Kritik zugleich eine
sorgfältige Geschichte des Textes von 1796--1867, der die Aufführung sämmt¬
licher Drucke und Ausgaben des B. Cellini in chronologischer Folge vorausgeht
und an jene schließt sich dann unter unparteiischer Anerkennung an, was
zuletzt die Cotta'sche Verlagsbuchhandlung in der Ausgabe von 1868 zu leisten
gesucht hat, ohne daß sie vollständig zu ihrem Ziele gelangt ist. An diese
Betrachtungen reiht sich nun eine anziehende Anzahl neuer Verbesserungen an, die
wieder den ältesten Abdruck in den "Hören" mit betrifft. Viel zahlreicher' als
die Verstöße der aufgeführten Art, sind sodann die Entstellungen des Textes,
welche durch Auslassungen einzelner Wörter in den späteren Ausgaben ent¬
standen sind. Ein gleichbedeutendes Contingent von störenden Fehlern stellen
die Wortveränderungen, die im Laufe der Zeit theilweise durch mangelhafte
Kontrole und Sorglosigkeit der Herausgeber einzelner Ausgaben entstanden
sind. Wir müssen es uns versagen, auf Beispiele der massenhaften Verbesserungen
uns einzulassen, zumal es wirklich schwer ist, unter den vielen interessanten
Fällen, den eclatantesten herausheben zu wollen. Wir empfehlen diese Ar¬
beit des Verfassers, der sich mit derselben ein neues Verdienst um die Goethe-
Literatur erworben hat; sie kennzeichnet in ganz vorzüglichem Maße,
welchen Fortschritt die Hempel'sche Ausgabe in der Reinigung und Fest¬
stellung des Textes gemacht hat, dessen einzelne Stellen in einer am Schluß
sich findenden Uebersicht aufgezeichnet sind, und leicht eine Vergleichung der
Hempel'schen mit vier Cotta'schen Ausgaben gestatten. Der verbesserten und
besprochenen Stellen sind hier über Einhundert und fünfzig nachge¬
LKli. wiesen.




Verantwortlicher Redakteur i Dr. Haus Blum.
Verlag vini F. L. Herbig. -- Druck von Hiithel " Segler in Leipzig.

hier geschieht, an einer Goethischen Schöpfung einmal bis ins Kleinste in über¬
sichtlicher und wissenschaftlicher Weise nachgewiesen wird, was die Text'Kritik
früheren Ausgaben gegenüber erreicht hat. Es ist in mehrfacher Beziehung ein
glücklicher Griff zu nennen, daß Verleger und Verfasser sich die Hand geboten haben,
in einer eignen Schrift und noch dazu an einem viel gelesenen Werke Goethe's wie
Benevenuto Cellini zu exemplificiren, welcher Werth der Hempel'schen Ausgabe
auch in dieser Beziehung zuzumessen ist. Die kritische Sorgfalt und Gründ¬
lichkeit, mit der der Verfasser zu Werke gegangen, muß unbedingt den Eindruck
machen, daß man heut zu Tage nicht mehr wohl thut, den Benevenuto Cellini
in einer andern als der Hemvel'schen Ausgabe zu lesen, da mit Klarheit nach¬
gewiesen ist, daß die zum Theil groben Verstöße nicht allein auf die Mängel
der von Goethe gebrauchten italienischen Ausgabe, sondern auch auf die Sorg¬
losigkeit der Korrektoren und die leichtere Behandlung des Werks durch Goethe
selbst zurückzuführen sind. Der Verfasser giebt in dieser Kritik zugleich eine
sorgfältige Geschichte des Textes von 1796—1867, der die Aufführung sämmt¬
licher Drucke und Ausgaben des B. Cellini in chronologischer Folge vorausgeht
und an jene schließt sich dann unter unparteiischer Anerkennung an, was
zuletzt die Cotta'sche Verlagsbuchhandlung in der Ausgabe von 1868 zu leisten
gesucht hat, ohne daß sie vollständig zu ihrem Ziele gelangt ist. An diese
Betrachtungen reiht sich nun eine anziehende Anzahl neuer Verbesserungen an, die
wieder den ältesten Abdruck in den „Hören" mit betrifft. Viel zahlreicher' als
die Verstöße der aufgeführten Art, sind sodann die Entstellungen des Textes,
welche durch Auslassungen einzelner Wörter in den späteren Ausgaben ent¬
standen sind. Ein gleichbedeutendes Contingent von störenden Fehlern stellen
die Wortveränderungen, die im Laufe der Zeit theilweise durch mangelhafte
Kontrole und Sorglosigkeit der Herausgeber einzelner Ausgaben entstanden
sind. Wir müssen es uns versagen, auf Beispiele der massenhaften Verbesserungen
uns einzulassen, zumal es wirklich schwer ist, unter den vielen interessanten
Fällen, den eclatantesten herausheben zu wollen. Wir empfehlen diese Ar¬
beit des Verfassers, der sich mit derselben ein neues Verdienst um die Goethe-
Literatur erworben hat; sie kennzeichnet in ganz vorzüglichem Maße,
welchen Fortschritt die Hempel'sche Ausgabe in der Reinigung und Fest¬
stellung des Textes gemacht hat, dessen einzelne Stellen in einer am Schluß
sich findenden Uebersicht aufgezeichnet sind, und leicht eine Vergleichung der
Hempel'schen mit vier Cotta'schen Ausgaben gestatten. Der verbesserten und
besprochenen Stellen sind hier über Einhundert und fünfzig nachge¬
LKli. wiesen.




Verantwortlicher Redakteur i Dr. Haus Blum.
Verlag vini F. L. Herbig. — Druck von Hiithel « Segler in Leipzig.
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[0126] hier geschieht, an einer Goethischen Schöpfung einmal bis ins Kleinste in über¬ sichtlicher und wissenschaftlicher Weise nachgewiesen wird, was die Text'Kritik früheren Ausgaben gegenüber erreicht hat. Es ist in mehrfacher Beziehung ein glücklicher Griff zu nennen, daß Verleger und Verfasser sich die Hand geboten haben, in einer eignen Schrift und noch dazu an einem viel gelesenen Werke Goethe's wie Benevenuto Cellini zu exemplificiren, welcher Werth der Hempel'schen Ausgabe auch in dieser Beziehung zuzumessen ist. Die kritische Sorgfalt und Gründ¬ lichkeit, mit der der Verfasser zu Werke gegangen, muß unbedingt den Eindruck machen, daß man heut zu Tage nicht mehr wohl thut, den Benevenuto Cellini in einer andern als der Hemvel'schen Ausgabe zu lesen, da mit Klarheit nach¬ gewiesen ist, daß die zum Theil groben Verstöße nicht allein auf die Mängel der von Goethe gebrauchten italienischen Ausgabe, sondern auch auf die Sorg¬ losigkeit der Korrektoren und die leichtere Behandlung des Werks durch Goethe selbst zurückzuführen sind. Der Verfasser giebt in dieser Kritik zugleich eine sorgfältige Geschichte des Textes von 1796—1867, der die Aufführung sämmt¬ licher Drucke und Ausgaben des B. Cellini in chronologischer Folge vorausgeht und an jene schließt sich dann unter unparteiischer Anerkennung an, was zuletzt die Cotta'sche Verlagsbuchhandlung in der Ausgabe von 1868 zu leisten gesucht hat, ohne daß sie vollständig zu ihrem Ziele gelangt ist. An diese Betrachtungen reiht sich nun eine anziehende Anzahl neuer Verbesserungen an, die wieder den ältesten Abdruck in den „Hören" mit betrifft. Viel zahlreicher' als die Verstöße der aufgeführten Art, sind sodann die Entstellungen des Textes, welche durch Auslassungen einzelner Wörter in den späteren Ausgaben ent¬ standen sind. Ein gleichbedeutendes Contingent von störenden Fehlern stellen die Wortveränderungen, die im Laufe der Zeit theilweise durch mangelhafte Kontrole und Sorglosigkeit der Herausgeber einzelner Ausgaben entstanden sind. Wir müssen es uns versagen, auf Beispiele der massenhaften Verbesserungen uns einzulassen, zumal es wirklich schwer ist, unter den vielen interessanten Fällen, den eclatantesten herausheben zu wollen. Wir empfehlen diese Ar¬ beit des Verfassers, der sich mit derselben ein neues Verdienst um die Goethe- Literatur erworben hat; sie kennzeichnet in ganz vorzüglichem Maße, welchen Fortschritt die Hempel'sche Ausgabe in der Reinigung und Fest¬ stellung des Textes gemacht hat, dessen einzelne Stellen in einer am Schluß sich findenden Uebersicht aufgezeichnet sind, und leicht eine Vergleichung der Hempel'schen mit vier Cotta'schen Ausgaben gestatten. Der verbesserten und besprochenen Stellen sind hier über Einhundert und fünfzig nachge¬ LKli. wiesen. Verantwortlicher Redakteur i Dr. Haus Blum. Verlag vini F. L. Herbig. — Druck von Hiithel « Segler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/126>, abgerufen am 26.08.2024.