Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.klassischer Opern nicht nur nicht vernachlässigt, sondern durch Wiederaufnahme Bei dieser Gelegenheit ein Wort xro Äomo! Die Redaktion dieser Blät¬ Einstweilen aber besteht diese Einrichtung noch nicht. Wie die Dinge klassischer Opern nicht nur nicht vernachlässigt, sondern durch Wiederaufnahme Bei dieser Gelegenheit ein Wort xro Äomo! Die Redaktion dieser Blät¬ Einstweilen aber besteht diese Einrichtung noch nicht. Wie die Dinge <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0124" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/130768"/> <p xml:id="ID_351" prev="#ID_350"> klassischer Opern nicht nur nicht vernachlässigt, sondern durch Wiederaufnahme<lb/> unvergänglicher Schöpfungen unserer alten Meister noch bereichert. So<lb/> wurde uns gestern Abend neu einstudirt Gluck's „Iphigenie in Tauris" ge¬<lb/> boten. Eine wahre Freude war es, zu sehen, mit welchem Enthusiasmus das<lb/> gefüllte Haus die Composition hinnahm, in welcher wahre Genialität mit<lb/> den einfachsten Mitteln die erhabensten Schönheiten schuf, die ergreifendsten<lb/> Wirkungen erzielte. Freilich, mit einem solchen Orchester und einem solchen<lb/> Chor, mit einem Betz als Orest und einer Mallinger als Iphigenie fällt es<lb/> nicht- schwer, auch dem modernen Geschmack begreiflich zu machen, welch köst¬<lb/> lichen Schatz wir in den Schöpfungen des alten Gluck besitzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_352"> Bei dieser Gelegenheit ein Wort xro Äomo! Die Redaktion dieser Blät¬<lb/> ter hatte bei den Directionen der königl. Theater um freies Entree für ihren<lb/> Correspondenten nachgesucht, wie dies den Referenten der Berliner Zeitungen<lb/> gewährt ist. Ich bemerke dabei sofort, daß ich die hier bestehende Einrichtung<lb/> des Freibillets, infolge deren den Redactionen meistens je zwei Billets zuge¬<lb/> stellt werden, die sie Jahr aus Jahr ein benutzen, keineswegs billigen möchte.<lb/> Man sollte ihnen das Vorrecht höchstens für erstmalige Vorstellungen oder<lb/> bei neuer Rollenbesetzung zugestehen; auch dann aber schiene es mir genügend<lb/> und für die Unabhängigkeit der Kritik am zuträglichsten, wenn das Privi¬<lb/> legium der Presse auf das bloße Recht, reservirte, aber bezahlte Billets zu be¬<lb/> anspruchen, reducirt würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_353" next="#ID_354"> Einstweilen aber besteht diese Einrichtung noch nicht. Wie die Dinge<lb/> gegenwärtig liegen, ist, besonders bei außergewöhnlichen Vorstellungen, für<lb/> einen nicht mit dem Freibillet Begnadeten die Erwirkung einer Eintrittskarte<lb/> mit den größten, oft unübersteiglichen Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten<lb/> verknüpft. Aus diesem Grunde wurde das erwähnte Gesuch gestellt. Der<lb/> Generalintendant der königl. Schauspiele, Herr von Hülsen, hat dasselbe ab¬<lb/> schläglich beschicken. Hätte er nur die Unmöglichkeit geltend gemacht, bei der<lb/> „äußersten Beschränktheit der Theaterräumlichkeiten" eine Vermehrung der für<lb/> die Presse disponiblen Freibillets eintreten zu lassen, so würden wir über<lb/> die ganze Angelegenheit geschwiegen haben. Aber er erklärt auch, daß „für die<lb/> öffentliche Besprechung der Vorstellungen der königlichen Bühnen in täglich er¬<lb/> scheinenden Zeitungen in ausreichendem Maße gesorgt ist, auch eine Beurthei¬<lb/> lung dieser Vorstellungen in einer Wochenschrift dem Interesse des königlichen<lb/> Instituts wohl nur in geringerem Grade entgegenzukommen vermöchte."<lb/> Diese Auffassung der Aufgabe der Theaterkritik im Munde des Leiters der<lb/> königlichen Bühnen zu Berlin, Hannover, Cassel und Wiesbaden ist zu be¬<lb/> zeichnend, als daß wir sie dem Leser vorenthalten sollten. Von dem Unter¬<lb/> nehmer eines Privattheaters würden wir die Speculation auf das „Entgegen¬<lb/> kommen" der Presse gegen die „Interessen" des betr. Instituts verstehen, von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0124]
klassischer Opern nicht nur nicht vernachlässigt, sondern durch Wiederaufnahme
unvergänglicher Schöpfungen unserer alten Meister noch bereichert. So
wurde uns gestern Abend neu einstudirt Gluck's „Iphigenie in Tauris" ge¬
boten. Eine wahre Freude war es, zu sehen, mit welchem Enthusiasmus das
gefüllte Haus die Composition hinnahm, in welcher wahre Genialität mit
den einfachsten Mitteln die erhabensten Schönheiten schuf, die ergreifendsten
Wirkungen erzielte. Freilich, mit einem solchen Orchester und einem solchen
Chor, mit einem Betz als Orest und einer Mallinger als Iphigenie fällt es
nicht- schwer, auch dem modernen Geschmack begreiflich zu machen, welch köst¬
lichen Schatz wir in den Schöpfungen des alten Gluck besitzen.
Bei dieser Gelegenheit ein Wort xro Äomo! Die Redaktion dieser Blät¬
ter hatte bei den Directionen der königl. Theater um freies Entree für ihren
Correspondenten nachgesucht, wie dies den Referenten der Berliner Zeitungen
gewährt ist. Ich bemerke dabei sofort, daß ich die hier bestehende Einrichtung
des Freibillets, infolge deren den Redactionen meistens je zwei Billets zuge¬
stellt werden, die sie Jahr aus Jahr ein benutzen, keineswegs billigen möchte.
Man sollte ihnen das Vorrecht höchstens für erstmalige Vorstellungen oder
bei neuer Rollenbesetzung zugestehen; auch dann aber schiene es mir genügend
und für die Unabhängigkeit der Kritik am zuträglichsten, wenn das Privi¬
legium der Presse auf das bloße Recht, reservirte, aber bezahlte Billets zu be¬
anspruchen, reducirt würde.
Einstweilen aber besteht diese Einrichtung noch nicht. Wie die Dinge
gegenwärtig liegen, ist, besonders bei außergewöhnlichen Vorstellungen, für
einen nicht mit dem Freibillet Begnadeten die Erwirkung einer Eintrittskarte
mit den größten, oft unübersteiglichen Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten
verknüpft. Aus diesem Grunde wurde das erwähnte Gesuch gestellt. Der
Generalintendant der königl. Schauspiele, Herr von Hülsen, hat dasselbe ab¬
schläglich beschicken. Hätte er nur die Unmöglichkeit geltend gemacht, bei der
„äußersten Beschränktheit der Theaterräumlichkeiten" eine Vermehrung der für
die Presse disponiblen Freibillets eintreten zu lassen, so würden wir über
die ganze Angelegenheit geschwiegen haben. Aber er erklärt auch, daß „für die
öffentliche Besprechung der Vorstellungen der königlichen Bühnen in täglich er¬
scheinenden Zeitungen in ausreichendem Maße gesorgt ist, auch eine Beurthei¬
lung dieser Vorstellungen in einer Wochenschrift dem Interesse des königlichen
Instituts wohl nur in geringerem Grade entgegenzukommen vermöchte."
Diese Auffassung der Aufgabe der Theaterkritik im Munde des Leiters der
königlichen Bühnen zu Berlin, Hannover, Cassel und Wiesbaden ist zu be¬
zeichnend, als daß wir sie dem Leser vorenthalten sollten. Von dem Unter¬
nehmer eines Privattheaters würden wir die Speculation auf das „Entgegen¬
kommen" der Presse gegen die „Interessen" des betr. Instituts verstehen, von
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