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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Mannschaft sollen erschlagen worden sein. Constans, wo spanische Truppen
gelegen, war ebenfalls eingenommen, und Fabrizio Colonna, kaiserlicher Ge¬
neral, der mit italienischen Truppen bet Pont-ü>-Moussou stand, war gefan¬
gen worden und die Stadt hatte aufgegeben werden müssen.*) -- Alba und
der Markgraf von Brandenburg stellten dem Kaiser vor, die Belagerung auf¬
zuheben; noch aber zeigte er sich ihren Darstellungen unzugänglich.

Am 17. Dezember bedienten sich die Belagerer einer List, welche zwar
dem Feinde einen nicht unerheblichen Schaden zufügte, aber doch im Stande
der Belagerung keine wesentliche Aenderung hervorbrachte. Man ließ näm¬
lich eine Abtheilung Fußvolk mit Leitern versehen, wie zum Sturme
gegen die große Bresche vorrücken. Als nun die Franzosen, zur Abwehrung
des Sturmes in Massen sich sammelten, wurden sie mit vier Geschützentla¬
dungen der zunächst befindlichen Batterien empfangen, welche ihnen viel Mann¬
schaft tödteten. Dies war jedoch einer der letzten verzweifelten Versuche gegen
die Festung. -- Natur und Elemente drängten immer entschiedener auf die
Aufhebung der Belagerung hin; die Zusammensetzung und der gesunkene mo¬
ralische Muth seines Heeres gestatteten dem Kaiser nicht mehr, den Versuch
eines großartigen Entscheidungskampfes. Am Weihnachtsheiligabend faßte'
Karl V. endlich den Entschluß, die Belagerung aufzuheben und die Truppen
allmahlig von der Festung zurückzuziehen. Bei diesem schmerzlichen Entschlüsse
scheint wesentlich auch die Sorge mitgewirkt zu haben, es möchte länger an
Geld zur Besoldung der Truppen fehlen. Am 2. Dezember schrieb Karl's
Schwester, die Königin Maria von Ungarn, an Philipp II.: es fehle an
Geld. Antwerpen habe sie schon ganz erschöpft; nur in Folge des Eintref¬
fens einer andalusischen und einer portugiesischen Flotte sei es ihr möglich
gewesen, eine Anleihe aufzunehmen. Philipp möge die Kaufherrn befriedigen,
um eine neue Anleihe zu ermöglichen. Am 11. Dezember schrieb der Kaiser
selbst an seinen Sohn. Die Königin Marie habe ihm mit gewohnter Thä¬
tigkeit 600,000 Dukaten beschafft; doch bedürfte er noch 400.000 um die
Truppen guten Muthes erhalten und sie im Fall der Entlassung lohnen zu
können, "sonst würden sie im Reich und selbst in seinen Staaten plündern."
Endlich in ^ einem Briefe vom 26. Dezember meldet Karl Philipp II. seinen
Entschluß. die Belagerung aufzuheben, da sonst sein ganzes Heer durch Kälte.
Schnee, Regen und Krankheit zu Grunde gehen müsse. Außerdem wende
sich König Henri II. von Frankreich gegen Hesdie, dessen Schutz sehr wichtig
sei und das er mit einem Theil der Armee entsetzen, den andern aber nach
Brüssel führen, lohnen und entlassen wolle. Mit dem Bekanntwerden der
Abzugs-Befehle trat natürlich in dem Belagerungsdienst die Abspannung und



') Vergl. Schiller's Werke a. c>. 0.

Mannschaft sollen erschlagen worden sein. Constans, wo spanische Truppen
gelegen, war ebenfalls eingenommen, und Fabrizio Colonna, kaiserlicher Ge¬
neral, der mit italienischen Truppen bet Pont-ü>-Moussou stand, war gefan¬
gen worden und die Stadt hatte aufgegeben werden müssen.*) — Alba und
der Markgraf von Brandenburg stellten dem Kaiser vor, die Belagerung auf¬
zuheben; noch aber zeigte er sich ihren Darstellungen unzugänglich.

Am 17. Dezember bedienten sich die Belagerer einer List, welche zwar
dem Feinde einen nicht unerheblichen Schaden zufügte, aber doch im Stande
der Belagerung keine wesentliche Aenderung hervorbrachte. Man ließ näm¬
lich eine Abtheilung Fußvolk mit Leitern versehen, wie zum Sturme
gegen die große Bresche vorrücken. Als nun die Franzosen, zur Abwehrung
des Sturmes in Massen sich sammelten, wurden sie mit vier Geschützentla¬
dungen der zunächst befindlichen Batterien empfangen, welche ihnen viel Mann¬
schaft tödteten. Dies war jedoch einer der letzten verzweifelten Versuche gegen
die Festung. — Natur und Elemente drängten immer entschiedener auf die
Aufhebung der Belagerung hin; die Zusammensetzung und der gesunkene mo¬
ralische Muth seines Heeres gestatteten dem Kaiser nicht mehr, den Versuch
eines großartigen Entscheidungskampfes. Am Weihnachtsheiligabend faßte'
Karl V. endlich den Entschluß, die Belagerung aufzuheben und die Truppen
allmahlig von der Festung zurückzuziehen. Bei diesem schmerzlichen Entschlüsse
scheint wesentlich auch die Sorge mitgewirkt zu haben, es möchte länger an
Geld zur Besoldung der Truppen fehlen. Am 2. Dezember schrieb Karl's
Schwester, die Königin Maria von Ungarn, an Philipp II.: es fehle an
Geld. Antwerpen habe sie schon ganz erschöpft; nur in Folge des Eintref¬
fens einer andalusischen und einer portugiesischen Flotte sei es ihr möglich
gewesen, eine Anleihe aufzunehmen. Philipp möge die Kaufherrn befriedigen,
um eine neue Anleihe zu ermöglichen. Am 11. Dezember schrieb der Kaiser
selbst an seinen Sohn. Die Königin Marie habe ihm mit gewohnter Thä¬
tigkeit 600,000 Dukaten beschafft; doch bedürfte er noch 400.000 um die
Truppen guten Muthes erhalten und sie im Fall der Entlassung lohnen zu
können, „sonst würden sie im Reich und selbst in seinen Staaten plündern."
Endlich in ^ einem Briefe vom 26. Dezember meldet Karl Philipp II. seinen
Entschluß. die Belagerung aufzuheben, da sonst sein ganzes Heer durch Kälte.
Schnee, Regen und Krankheit zu Grunde gehen müsse. Außerdem wende
sich König Henri II. von Frankreich gegen Hesdie, dessen Schutz sehr wichtig
sei und das er mit einem Theil der Armee entsetzen, den andern aber nach
Brüssel führen, lohnen und entlassen wolle. Mit dem Bekanntwerden der
Abzugs-Befehle trat natürlich in dem Belagerungsdienst die Abspannung und



') Vergl. Schiller's Werke a. c>. 0.
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[0105] Mannschaft sollen erschlagen worden sein. Constans, wo spanische Truppen gelegen, war ebenfalls eingenommen, und Fabrizio Colonna, kaiserlicher Ge¬ neral, der mit italienischen Truppen bet Pont-ü>-Moussou stand, war gefan¬ gen worden und die Stadt hatte aufgegeben werden müssen.*) — Alba und der Markgraf von Brandenburg stellten dem Kaiser vor, die Belagerung auf¬ zuheben; noch aber zeigte er sich ihren Darstellungen unzugänglich. Am 17. Dezember bedienten sich die Belagerer einer List, welche zwar dem Feinde einen nicht unerheblichen Schaden zufügte, aber doch im Stande der Belagerung keine wesentliche Aenderung hervorbrachte. Man ließ näm¬ lich eine Abtheilung Fußvolk mit Leitern versehen, wie zum Sturme gegen die große Bresche vorrücken. Als nun die Franzosen, zur Abwehrung des Sturmes in Massen sich sammelten, wurden sie mit vier Geschützentla¬ dungen der zunächst befindlichen Batterien empfangen, welche ihnen viel Mann¬ schaft tödteten. Dies war jedoch einer der letzten verzweifelten Versuche gegen die Festung. — Natur und Elemente drängten immer entschiedener auf die Aufhebung der Belagerung hin; die Zusammensetzung und der gesunkene mo¬ ralische Muth seines Heeres gestatteten dem Kaiser nicht mehr, den Versuch eines großartigen Entscheidungskampfes. Am Weihnachtsheiligabend faßte' Karl V. endlich den Entschluß, die Belagerung aufzuheben und die Truppen allmahlig von der Festung zurückzuziehen. Bei diesem schmerzlichen Entschlüsse scheint wesentlich auch die Sorge mitgewirkt zu haben, es möchte länger an Geld zur Besoldung der Truppen fehlen. Am 2. Dezember schrieb Karl's Schwester, die Königin Maria von Ungarn, an Philipp II.: es fehle an Geld. Antwerpen habe sie schon ganz erschöpft; nur in Folge des Eintref¬ fens einer andalusischen und einer portugiesischen Flotte sei es ihr möglich gewesen, eine Anleihe aufzunehmen. Philipp möge die Kaufherrn befriedigen, um eine neue Anleihe zu ermöglichen. Am 11. Dezember schrieb der Kaiser selbst an seinen Sohn. Die Königin Marie habe ihm mit gewohnter Thä¬ tigkeit 600,000 Dukaten beschafft; doch bedürfte er noch 400.000 um die Truppen guten Muthes erhalten und sie im Fall der Entlassung lohnen zu können, „sonst würden sie im Reich und selbst in seinen Staaten plündern." Endlich in ^ einem Briefe vom 26. Dezember meldet Karl Philipp II. seinen Entschluß. die Belagerung aufzuheben, da sonst sein ganzes Heer durch Kälte. Schnee, Regen und Krankheit zu Grunde gehen müsse. Außerdem wende sich König Henri II. von Frankreich gegen Hesdie, dessen Schutz sehr wichtig sei und das er mit einem Theil der Armee entsetzen, den andern aber nach Brüssel führen, lohnen und entlassen wolle. Mit dem Bekanntwerden der Abzugs-Befehle trat natürlich in dem Belagerungsdienst die Abspannung und ') Vergl. Schiller's Werke a. c>. 0.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/105>, abgerufen am 25.12.2024.