Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.lichkeit, und stets trug die Presse Sorge, auf den Artikel des Entwurfes Diese Verbindung nicht bloß der Kantone und Enden des Vaterlandes, lichkeit, und stets trug die Presse Sorge, auf den Artikel des Entwurfes Diese Verbindung nicht bloß der Kantone und Enden des Vaterlandes, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0079" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192882"/> <p xml:id="ID_214" prev="#ID_213"> lichkeit, und stets trug die Presse Sorge, auf den Artikel des Entwurfes<lb/> hinzuweisen, der dem Ding ein Ende gemacht hätte, nun aber nicht machte.<lb/> Doch der rechte Zug kam erst durch unsere kirchlichen Händel in die Bewe¬<lb/> gung: sonderbar, aber diese führten ihr die alten Mannen, die grauen Häup¬<lb/> ter zu. Das Schlachtroß steigt und die Trompeten klingen. Das war ja der<lb/> alte Feldruf wieder, den sie einst zu des Freischaarenzugs und zu des Son¬<lb/> derbundes Zeiten vernommen, seither nie vergessen hatten. Waren längst<lb/> über die Jungen unwillig gewesen, daß sie mit bloßen Redensarten, wie<lb/> Trennung von Kirche und Staat, die Schwierigkeit lösen wollten, zu deren<lb/> Ueberwindung sie einst Gut und Leben dran gesetzt und viele Wochen durch<lb/> zu Felde gelegen hatten. Jetzt endlich schienen die Jungen sich auf die alte<lb/> Garde zurückzuziehen, diese nahm sie auf und rückte vor, Josephinismus und<lb/> Trennung zwischen Kirche und Staat in wunderbarer Umschlingung.</p><lb/> <p xml:id="ID_215" next="#ID_216"> Diese Verbindung nicht bloß der Kantone und Enden des Vaterlandes,<lb/> nicht bloß der Gesinnungsgenossen, sondern ganz besonders der alten und der<lb/> neuen Zeit, machte die Versammlung von Solothurn zu einem wahren Volks¬<lb/> tag. Ein Faden der Schweizergeschichte wurde da wieder aufgenommen, wo<lb/> er fünfundzwanzig Jahre früher war fallen gelassen worden. Es war zu¬<lb/> gleich ein Ehrentag unseres Volkes. Man mag es einem Republikaner zu<lb/> gute halten, wenn er für seinen Souverän, das Volk, dieselben zarten<lb/> Schwächen empfindet wie ein Monarchist für seinen Landesfürsten: wir sind<lb/> stolz aus die Haltung unseres Volkes an selbem Is. Juni zu Solothurn.<lb/> Unter den Tausenden kein Gedränge, eine militärische Disciplin ohne Com-<lb/> mandowort, kein Streit, kein unziemendes Wort auf Hin- und Rückfahrt,<lb/> kein Mißton den ganzen Tag über, die lautere Herzlichkeit zwischen Bekannt<lb/> und Unbekannt; durch diese Ruhe und diesen Ernst aber schlug ein eherner<lb/> Wille durch und gab Gewißheit, daß ein neuer, festerer und innigerer Bund<lb/> endlich, endlich zur wirklichen Volkssache geworden sei. Allerdings hatten die<lb/> Solothurner alle Anordnungen auf das sorgsamste getroffen; sie verstehen<lb/> das, ihr kleiner kluger Landammann W. Vigier, der Tagespräsident, voran.<lb/> Nicht völlig auf der Höhe des Tages standen die meisten Redner. Zwar war<lb/> auch hier Alles gut vorbereitet. Ein Programm lag zur Berathung vor.<lb/> Die Revisionsfrage in allen Schattirungen kam zu Worte. Vigier eröffnete<lb/> im Namen des kleinen Kantons, der, wiewohl fast ganz katholisch, doch schon<lb/> am 12. Mai treu zur Revision gestanden war und seither seinem Bischof ent¬<lb/> schlossen die Stirn geboten hatte. Ihm folgte Staatsanwalt Züricher von<lb/> Bern, Präsident des neu gegründeten schweizerischen Volksbundes, eine junge<lb/> Kraft, ernst, gediegen, zu jedem persönlichen Opfer bereit. Das einst der<lb/> Revision abgeneigte, jetzt aber ihr gewonnene Neuenburg, vertrat Staatsrath<lb/> Cornaz. Landammann Augustin Keller aus dem Aargau, ein Greis, versinn-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
lichkeit, und stets trug die Presse Sorge, auf den Artikel des Entwurfes
hinzuweisen, der dem Ding ein Ende gemacht hätte, nun aber nicht machte.
Doch der rechte Zug kam erst durch unsere kirchlichen Händel in die Bewe¬
gung: sonderbar, aber diese führten ihr die alten Mannen, die grauen Häup¬
ter zu. Das Schlachtroß steigt und die Trompeten klingen. Das war ja der
alte Feldruf wieder, den sie einst zu des Freischaarenzugs und zu des Son¬
derbundes Zeiten vernommen, seither nie vergessen hatten. Waren längst
über die Jungen unwillig gewesen, daß sie mit bloßen Redensarten, wie
Trennung von Kirche und Staat, die Schwierigkeit lösen wollten, zu deren
Ueberwindung sie einst Gut und Leben dran gesetzt und viele Wochen durch
zu Felde gelegen hatten. Jetzt endlich schienen die Jungen sich auf die alte
Garde zurückzuziehen, diese nahm sie auf und rückte vor, Josephinismus und
Trennung zwischen Kirche und Staat in wunderbarer Umschlingung.
Diese Verbindung nicht bloß der Kantone und Enden des Vaterlandes,
nicht bloß der Gesinnungsgenossen, sondern ganz besonders der alten und der
neuen Zeit, machte die Versammlung von Solothurn zu einem wahren Volks¬
tag. Ein Faden der Schweizergeschichte wurde da wieder aufgenommen, wo
er fünfundzwanzig Jahre früher war fallen gelassen worden. Es war zu¬
gleich ein Ehrentag unseres Volkes. Man mag es einem Republikaner zu
gute halten, wenn er für seinen Souverän, das Volk, dieselben zarten
Schwächen empfindet wie ein Monarchist für seinen Landesfürsten: wir sind
stolz aus die Haltung unseres Volkes an selbem Is. Juni zu Solothurn.
Unter den Tausenden kein Gedränge, eine militärische Disciplin ohne Com-
mandowort, kein Streit, kein unziemendes Wort auf Hin- und Rückfahrt,
kein Mißton den ganzen Tag über, die lautere Herzlichkeit zwischen Bekannt
und Unbekannt; durch diese Ruhe und diesen Ernst aber schlug ein eherner
Wille durch und gab Gewißheit, daß ein neuer, festerer und innigerer Bund
endlich, endlich zur wirklichen Volkssache geworden sei. Allerdings hatten die
Solothurner alle Anordnungen auf das sorgsamste getroffen; sie verstehen
das, ihr kleiner kluger Landammann W. Vigier, der Tagespräsident, voran.
Nicht völlig auf der Höhe des Tages standen die meisten Redner. Zwar war
auch hier Alles gut vorbereitet. Ein Programm lag zur Berathung vor.
Die Revisionsfrage in allen Schattirungen kam zu Worte. Vigier eröffnete
im Namen des kleinen Kantons, der, wiewohl fast ganz katholisch, doch schon
am 12. Mai treu zur Revision gestanden war und seither seinem Bischof ent¬
schlossen die Stirn geboten hatte. Ihm folgte Staatsanwalt Züricher von
Bern, Präsident des neu gegründeten schweizerischen Volksbundes, eine junge
Kraft, ernst, gediegen, zu jedem persönlichen Opfer bereit. Das einst der
Revision abgeneigte, jetzt aber ihr gewonnene Neuenburg, vertrat Staatsrath
Cornaz. Landammann Augustin Keller aus dem Aargau, ein Greis, versinn-
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