Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.ist wohl der berufenste Darsteller dieses reichen Manneslebens. Der Aus¬ Wer in Oppenheim's Werk reiche persönliche Aufschlüsse aus Waldeck's ist wohl der berufenste Darsteller dieses reichen Manneslebens. Der Aus¬ Wer in Oppenheim's Werk reiche persönliche Aufschlüsse aus Waldeck's <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0525" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193328"/> <p xml:id="ID_1727" prev="#ID_1726"> ist wohl der berufenste Darsteller dieses reichen Manneslebens. Der Aus¬<lb/> gangspunkt seines politischen Wirkens in den Jahren der Revolution und<lb/> Reaction ist dem Standpunkt Waldeck's während desselben Zeitraums sehr<lb/> verwandt. Dann ist Hr. B. Oppenheim während der neuen Aera, und<lb/> später während der Conflictsjahre als Herausgeber der „Deutschen Jahrbücher"<lb/> der vornehmste Publicist der großen „Deutschen Fortschrittspartei" gewesen.<lb/> Er ist, seitdem in Folge des Jahres 1866 die nationallibeale Partei von<lb/> der vormaligen deutschen Fortschrittspartei sich getrennt hat, der nationalen<lb/> Partei beigetreten, während Waldeck bekanntlich bis an sein Lebensende der<lb/> Führer der Fortschrittspartei geblieben ist. Aber Oppenheim hat nach wie<lb/> vor — was ihm als NichtParlamentarier leichter wurde als manchem parla¬<lb/> mentarischen Mann, unter allen politischen Schriftstellern wol die intimsten<lb/> Beziehungen zu den Führern aller liberalen Parteien unsrer Parlamente, die¬<lb/> jenigen der Fortschrittspartei nicht ausgenommen, erhalten. So bietet denn<lb/> sein Verhältniß zu seinem Helden die erwünschte Einfachheit. Er besitzt als<lb/> Mitkämpfer und Mitstrebender Waldeck's in der Vergangenheit das vollste<lb/> Verständniß für die vergangene Zeit, die vollste Sympathie zu seinem Helden.<lb/> Er hat gleichzeitig, als nationaler Parteigänger, über das erforderliche Maß<lb/> von Kritik zu verfügen in Betreff der Irrthümer und Velleitäten, welche Wal¬<lb/> deck aus einer für immer abgeschlossenen Periode und Anschauung heraus in<lb/> die deutsche Politik und Parteitaktik seit 1866 hineintrug. So ist in Oppen¬<lb/> heim diesem Stoff gegenüber warmes persönliches Wohlwollen, historische Strenge<lb/> und staatsmännische Kaltblütigkeit zugleich verkörpert. Die deutsche Tages¬<lb/> presse hat seine besondere Befähigung zur Lösung dieser schönen Aufgabe be¬<lb/> reits anerkannt. Die fortschrittlichen Organe sind höchlich zufrieden mit dem<lb/> Lob, das der nationale Ketzer dem verewigten Parteiführer spendet und<lb/> glücklich über das wohlgetroffene Portrait aus Waldeck's besten Jahren, das<lb/> in Holzschnitt den Umschlag ziert. Die nationalen Blätter dagegen spre¬<lb/> chen sich besonders befriedigt über die maßvoll treffende Kritik aus, die Op¬<lb/> penheim in den letzten Kapiteln seines Buches an Waldeck und dessen<lb/> Partei übt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1728" next="#ID_1729"> Wer in Oppenheim's Werk reiche persönliche Aufschlüsse aus Waldeck's<lb/> Leben, eine Biographie in jener anekdotischen, gemüthlichen Richtung erwartet,<lb/> wie sie das große Publikum in der Regel voraussetzt, wird völlig enttäuscht<lb/> sein. Waldeck's persönliche Carriere und Schicksale, soweit sie nicht innig mit<lb/> der politischen Signatur der Zeiten verflochten sind, findet der Leser auf<lb/> wenige Seiten zusammengedrängt. Aber die besten Gründe führt Oppenheim<lb/> an für seine Weise, den Stoff zu behandeln. „Dieses Buch bezweckt keine<lb/> Lebensbeschreibung des Mannes, dessen Namen es an der Spitze trägt",<lb/> sagt er zu Anfang des zweiten Kapitels, „sondern ein politisches Lebensbild.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0525]
ist wohl der berufenste Darsteller dieses reichen Manneslebens. Der Aus¬
gangspunkt seines politischen Wirkens in den Jahren der Revolution und
Reaction ist dem Standpunkt Waldeck's während desselben Zeitraums sehr
verwandt. Dann ist Hr. B. Oppenheim während der neuen Aera, und
später während der Conflictsjahre als Herausgeber der „Deutschen Jahrbücher"
der vornehmste Publicist der großen „Deutschen Fortschrittspartei" gewesen.
Er ist, seitdem in Folge des Jahres 1866 die nationallibeale Partei von
der vormaligen deutschen Fortschrittspartei sich getrennt hat, der nationalen
Partei beigetreten, während Waldeck bekanntlich bis an sein Lebensende der
Führer der Fortschrittspartei geblieben ist. Aber Oppenheim hat nach wie
vor — was ihm als NichtParlamentarier leichter wurde als manchem parla¬
mentarischen Mann, unter allen politischen Schriftstellern wol die intimsten
Beziehungen zu den Führern aller liberalen Parteien unsrer Parlamente, die¬
jenigen der Fortschrittspartei nicht ausgenommen, erhalten. So bietet denn
sein Verhältniß zu seinem Helden die erwünschte Einfachheit. Er besitzt als
Mitkämpfer und Mitstrebender Waldeck's in der Vergangenheit das vollste
Verständniß für die vergangene Zeit, die vollste Sympathie zu seinem Helden.
Er hat gleichzeitig, als nationaler Parteigänger, über das erforderliche Maß
von Kritik zu verfügen in Betreff der Irrthümer und Velleitäten, welche Wal¬
deck aus einer für immer abgeschlossenen Periode und Anschauung heraus in
die deutsche Politik und Parteitaktik seit 1866 hineintrug. So ist in Oppen¬
heim diesem Stoff gegenüber warmes persönliches Wohlwollen, historische Strenge
und staatsmännische Kaltblütigkeit zugleich verkörpert. Die deutsche Tages¬
presse hat seine besondere Befähigung zur Lösung dieser schönen Aufgabe be¬
reits anerkannt. Die fortschrittlichen Organe sind höchlich zufrieden mit dem
Lob, das der nationale Ketzer dem verewigten Parteiführer spendet und
glücklich über das wohlgetroffene Portrait aus Waldeck's besten Jahren, das
in Holzschnitt den Umschlag ziert. Die nationalen Blätter dagegen spre¬
chen sich besonders befriedigt über die maßvoll treffende Kritik aus, die Op¬
penheim in den letzten Kapiteln seines Buches an Waldeck und dessen
Partei übt.
Wer in Oppenheim's Werk reiche persönliche Aufschlüsse aus Waldeck's
Leben, eine Biographie in jener anekdotischen, gemüthlichen Richtung erwartet,
wie sie das große Publikum in der Regel voraussetzt, wird völlig enttäuscht
sein. Waldeck's persönliche Carriere und Schicksale, soweit sie nicht innig mit
der politischen Signatur der Zeiten verflochten sind, findet der Leser auf
wenige Seiten zusammengedrängt. Aber die besten Gründe führt Oppenheim
an für seine Weise, den Stoff zu behandeln. „Dieses Buch bezweckt keine
Lebensbeschreibung des Mannes, dessen Namen es an der Spitze trägt",
sagt er zu Anfang des zweiten Kapitels, „sondern ein politisches Lebensbild.
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