Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.und seiner Sache einen furchtbaren Stoß dabei gegeben hatte. Er hatte auf Doch so unheilvoll auch die Zeit von 1842--1848 für unser Land sein
(Gebt mir 'neu Platz, sonst seid ihr alle Vögel für die Katz'!), um des Sin- Der Leser, wenigstens derjenige, welcher die Wirthschaft dieser Leute aus und seiner Sache einen furchtbaren Stoß dabei gegeben hatte. Er hatte auf Doch so unheilvoll auch die Zeit von 1842—1848 für unser Land sein
(Gebt mir 'neu Platz, sonst seid ihr alle Vögel für die Katz'!), um des Sin- Der Leser, wenigstens derjenige, welcher die Wirthschaft dieser Leute aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193231"/> <p xml:id="ID_1444" prev="#ID_1443"> und seiner Sache einen furchtbaren Stoß dabei gegeben hatte. Er hatte auf<lb/> einen Augenblick seine Maske fallen und den Gegner in sein wahres Gesicht<lb/> blicken lassen. Das ward ihm verhängnißvoll. Einen Aufwiegler und Auf¬<lb/> Hetzer wider die Landesgesetze konnte unmöglich der König-Großherzog länger<lb/> im Lande dulden. Herr Laurent bekam von Rom aus seinen Paß und fort<lb/> mußte der si. Mann, den Liberalen und „Freimaurern" zum Spaß. — Hier<lb/> endet diese erste Episode der heillosen Jesuitenwirthschaft und Herrschaft im<lb/> Großherzogthum Luxemburg.</p><lb/> <p xml:id="ID_1445" next="#ID_1446"> Doch so unheilvoll auch die Zeit von 1842—1848 für unser Land sein<lb/> mochte, die folgende, von 1848 bis heute, war es in einem noch weit höheren<lb/> Grade. Hr. Laurent zwar war fort, aber sein Anhang, den er, oder besser,<lb/> den die Jesuiten aus der Ferne dirigirten, war geblieben. Zu diesem Anhang<lb/> gehörten Alle die, welche lieber von fremder Arbeit, von fremden Renten,<lb/> vom Schweiß des Nebenmenschen, als vom eignen leben. Manche, die früher,<lb/> während der belgischen Revolution von 1830, von belgischen Renten schwelgten,<lb/> die aber seitdem wieder mehr und mehr aufs Trockne gekommen waren, was<lb/> bei ihrem großen Durste sehr unbehaglich war, suchten die Wirren von 1848<lb/> zu benutzen, um sich wieder flott zu machen. Sie hatten mit unserem genialen<lb/> Dicks, dem Dichter des „Vulleparlament am Grengewald" (Bogelparlament<lb/> im Grünenwald) lange genug vergebens gesungen:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_7" type="poem"> <l> »edel asi- üllA Vult«! get nor aug- I>Ines!<lb/> Kos sit Sei- ->U v ?uU Srt ü' XKt--.«</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1446" prev="#ID_1445"> (Gebt mir 'neu Platz, sonst seid ihr alle Vögel für die Katz'!), um des Sin-<lb/> gens nachgerade müde zu sein. Der ersehnte Platz, je höher besoldet, desto<lb/> besser, durfte nicht länger auf sich warten lassen, weil sie selbst sonst der<lb/> „Vogel für die Katze" geworden wären. Sie verbündeten sich nun abermals<lb/> mit den Jesuiten, unserm Clerus, und im Bunde mit denselben und unter<lb/> der Maske des weitgreifendsten Liberalismus, brachten sie am Ende doch die<lb/> Revolution zu Stande, zu der Hr. Laurent den Anfang gemacht hatte. Die<lb/> liberale Regierung mußte abdanken, ein neues höchst liberales Wahlgesetz<lb/> wurde votirt; die Streber traten ins Ministerium; eine Bauern-Kammer wurde<lb/> von unsern Bauern (d. h. den Pastoren und den Trägern der liberalen Mas¬<lb/> ken) gewählt — mit einem Wort, die Dunkelmänner hatten das Spiel ge¬<lb/> wonnen, das Land war geprellt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1447" next="#ID_1448"> Der Leser, wenigstens derjenige, welcher die Wirthschaft dieser Leute aus<lb/> Erfahrung näher kennt, begreift, welche Zustände sich nun in unserem unglück¬<lb/> lichen Ländchen bald geltend machen mußten. Die Koalition, welche sich des<lb/> Staatsruders bemächtigt hatte und das Land aus allen Kräften in das Fahr¬<lb/> wasser des Jesuitismus hineinsteuerte, that sich vor allem selbst b(me. Man<lb/> lebte in Saus und Braus, in Hülle und Fülle, sammt allen seinen Creaturen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
und seiner Sache einen furchtbaren Stoß dabei gegeben hatte. Er hatte auf
einen Augenblick seine Maske fallen und den Gegner in sein wahres Gesicht
blicken lassen. Das ward ihm verhängnißvoll. Einen Aufwiegler und Auf¬
Hetzer wider die Landesgesetze konnte unmöglich der König-Großherzog länger
im Lande dulden. Herr Laurent bekam von Rom aus seinen Paß und fort
mußte der si. Mann, den Liberalen und „Freimaurern" zum Spaß. — Hier
endet diese erste Episode der heillosen Jesuitenwirthschaft und Herrschaft im
Großherzogthum Luxemburg.
Doch so unheilvoll auch die Zeit von 1842—1848 für unser Land sein
mochte, die folgende, von 1848 bis heute, war es in einem noch weit höheren
Grade. Hr. Laurent zwar war fort, aber sein Anhang, den er, oder besser,
den die Jesuiten aus der Ferne dirigirten, war geblieben. Zu diesem Anhang
gehörten Alle die, welche lieber von fremder Arbeit, von fremden Renten,
vom Schweiß des Nebenmenschen, als vom eignen leben. Manche, die früher,
während der belgischen Revolution von 1830, von belgischen Renten schwelgten,
die aber seitdem wieder mehr und mehr aufs Trockne gekommen waren, was
bei ihrem großen Durste sehr unbehaglich war, suchten die Wirren von 1848
zu benutzen, um sich wieder flott zu machen. Sie hatten mit unserem genialen
Dicks, dem Dichter des „Vulleparlament am Grengewald" (Bogelparlament
im Grünenwald) lange genug vergebens gesungen:
»edel asi- üllA Vult«! get nor aug- I>Ines!
Kos sit Sei- ->U v ?uU Srt ü' XKt--.«
(Gebt mir 'neu Platz, sonst seid ihr alle Vögel für die Katz'!), um des Sin-
gens nachgerade müde zu sein. Der ersehnte Platz, je höher besoldet, desto
besser, durfte nicht länger auf sich warten lassen, weil sie selbst sonst der
„Vogel für die Katze" geworden wären. Sie verbündeten sich nun abermals
mit den Jesuiten, unserm Clerus, und im Bunde mit denselben und unter
der Maske des weitgreifendsten Liberalismus, brachten sie am Ende doch die
Revolution zu Stande, zu der Hr. Laurent den Anfang gemacht hatte. Die
liberale Regierung mußte abdanken, ein neues höchst liberales Wahlgesetz
wurde votirt; die Streber traten ins Ministerium; eine Bauern-Kammer wurde
von unsern Bauern (d. h. den Pastoren und den Trägern der liberalen Mas¬
ken) gewählt — mit einem Wort, die Dunkelmänner hatten das Spiel ge¬
wonnen, das Land war geprellt.
Der Leser, wenigstens derjenige, welcher die Wirthschaft dieser Leute aus
Erfahrung näher kennt, begreift, welche Zustände sich nun in unserem unglück¬
lichen Ländchen bald geltend machen mußten. Die Koalition, welche sich des
Staatsruders bemächtigt hatte und das Land aus allen Kräften in das Fahr¬
wasser des Jesuitismus hineinsteuerte, that sich vor allem selbst b(me. Man
lebte in Saus und Braus, in Hülle und Fülle, sammt allen seinen Creaturen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |