Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zu binden, die Abfassung von letztwilligen Verfügungen zu regeln, Grund-
und Hypothekenbücher einzurichten, für bedeutendere Schenkungen und ehe¬
weibliche Verbürgungen die Mitwirkung der Staatsgerichte vorzuschreiben,
rechtfertigt es auch, die Verabredung zwischen Käufer und Verkäufer einer
Edelmetallwaare wenigstens bezüglich des beanspruchten und versprochenen
Feingehaltes an eine bestimmte Form zu binden. Die Vorschrift schriftlichen
Vertragsabschlusses würde in diesem Falle einerseits zu umständlich, anderer¬
seits ungenügend sein. Es würde den Verkehr mit Gold- und Silberwaaren
sehr hemmen, wenn der Verkäufer dem Käufer in jedem Falle die schriftliche
Garantie eines bestimmten Feingehaltes gewähren müßte. Auf der anderen
Seite würde die in jenes Garantieversprechen aufzunehmende Beschreibung
der Waare sehr umständlich, ja bei dem jetzt herrschenden Fabrikbetriebe, der
eine und dieselbe Broche, ein und dasselbe Armband u. s. w. in Hunderten
von Exemplaren erzeugt, nur durch Nummerirung möglich sein. Und selbst
wenn diese umständlichen Formalitäten erfüllt wären, würde der Zweck der
Maßregel, dem Käufer ein Beweismittel in die Hand zu geben, oft genug
vereitelt werden. Der Gegenstand geht aus einer Hand in die andere, das
papierene Anhängsel wird ihm nicht immer folgen und somit oft seine Wirk¬
samkeit verlieren. Die Constatirung des Feingehaltversprechens wird aber um
so wichtiger, je schwieriger das Beweismittel hierzu aufzutreiben ist. Aus die¬
sem Grunde ist es durchaus nothwendig, daß die Feingehaltsgarantie in einer
gesetzlich vorgeschriebenen Form der Waare selbst aufgedrückt werde. In
diesem Falle bleibt sie stets bei der Waare und geht erst mit ihr unter. Den¬
selben Erfolg, den der Legirungszwang in plumper Weise und durch eine
schwer zu rechtfertigende Freiheitsbeschränkung bewirkt, stellt die Verpflichtung
des Erzeugers zur Abstempelung seiner Waare in genügender und freiheitlicher
Weise her. Jener durch Beschränkung des an sich möglichen Inhalts der
Verabredung, diese durch blose Constatirung des, an sich vollkommen freige¬
gebenen Inhaltes.

Der dritte Punkt, Beweis des wirklich gewährten Feingehaltes,
wird von der schon früher besprochenen behördlichen Controle berücksichtigt,
insofern diese durch Stempelung auf der Waare selbst constatirt, welcher
Feingehalt überhaupt im einzelnen Falle versprochen werden kann. Der eben¬
falls schon früher berührte Umstand, daß eine genaue Constatirung des
Feingehaltes nicht durch bloße Strichprobe, sondern nur durch theilweise
Zerstörung der Form gewonnen werden kann, widerräth sowohl die obliga¬
torische wie die facultative Staatscontrole und empfiehlt die Stempelung fei¬
ten des Erzeugers, der das Korn der ungeformten Masse auf die leichteste
Weise zu bestimmen und darnach die Waare selbst zu punziren im Stande
ist. Jede unrichtige Punzirung wird als vorsätzlicher Betrug oder


zu binden, die Abfassung von letztwilligen Verfügungen zu regeln, Grund-
und Hypothekenbücher einzurichten, für bedeutendere Schenkungen und ehe¬
weibliche Verbürgungen die Mitwirkung der Staatsgerichte vorzuschreiben,
rechtfertigt es auch, die Verabredung zwischen Käufer und Verkäufer einer
Edelmetallwaare wenigstens bezüglich des beanspruchten und versprochenen
Feingehaltes an eine bestimmte Form zu binden. Die Vorschrift schriftlichen
Vertragsabschlusses würde in diesem Falle einerseits zu umständlich, anderer¬
seits ungenügend sein. Es würde den Verkehr mit Gold- und Silberwaaren
sehr hemmen, wenn der Verkäufer dem Käufer in jedem Falle die schriftliche
Garantie eines bestimmten Feingehaltes gewähren müßte. Auf der anderen
Seite würde die in jenes Garantieversprechen aufzunehmende Beschreibung
der Waare sehr umständlich, ja bei dem jetzt herrschenden Fabrikbetriebe, der
eine und dieselbe Broche, ein und dasselbe Armband u. s. w. in Hunderten
von Exemplaren erzeugt, nur durch Nummerirung möglich sein. Und selbst
wenn diese umständlichen Formalitäten erfüllt wären, würde der Zweck der
Maßregel, dem Käufer ein Beweismittel in die Hand zu geben, oft genug
vereitelt werden. Der Gegenstand geht aus einer Hand in die andere, das
papierene Anhängsel wird ihm nicht immer folgen und somit oft seine Wirk¬
samkeit verlieren. Die Constatirung des Feingehaltversprechens wird aber um
so wichtiger, je schwieriger das Beweismittel hierzu aufzutreiben ist. Aus die¬
sem Grunde ist es durchaus nothwendig, daß die Feingehaltsgarantie in einer
gesetzlich vorgeschriebenen Form der Waare selbst aufgedrückt werde. In
diesem Falle bleibt sie stets bei der Waare und geht erst mit ihr unter. Den¬
selben Erfolg, den der Legirungszwang in plumper Weise und durch eine
schwer zu rechtfertigende Freiheitsbeschränkung bewirkt, stellt die Verpflichtung
des Erzeugers zur Abstempelung seiner Waare in genügender und freiheitlicher
Weise her. Jener durch Beschränkung des an sich möglichen Inhalts der
Verabredung, diese durch blose Constatirung des, an sich vollkommen freige¬
gebenen Inhaltes.

Der dritte Punkt, Beweis des wirklich gewährten Feingehaltes,
wird von der schon früher besprochenen behördlichen Controle berücksichtigt,
insofern diese durch Stempelung auf der Waare selbst constatirt, welcher
Feingehalt überhaupt im einzelnen Falle versprochen werden kann. Der eben¬
falls schon früher berührte Umstand, daß eine genaue Constatirung des
Feingehaltes nicht durch bloße Strichprobe, sondern nur durch theilweise
Zerstörung der Form gewonnen werden kann, widerräth sowohl die obliga¬
torische wie die facultative Staatscontrole und empfiehlt die Stempelung fei¬
ten des Erzeugers, der das Korn der ungeformten Masse auf die leichteste
Weise zu bestimmen und darnach die Waare selbst zu punziren im Stande
ist. Jede unrichtige Punzirung wird als vorsätzlicher Betrug oder


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0354" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193157"/>
              <p xml:id="ID_1214" prev="#ID_1213"> zu binden, die Abfassung von letztwilligen Verfügungen zu regeln, Grund-<lb/>
und Hypothekenbücher einzurichten, für bedeutendere Schenkungen und ehe¬<lb/>
weibliche Verbürgungen die Mitwirkung der Staatsgerichte vorzuschreiben,<lb/>
rechtfertigt es auch, die Verabredung zwischen Käufer und Verkäufer einer<lb/>
Edelmetallwaare wenigstens bezüglich des beanspruchten und versprochenen<lb/>
Feingehaltes an eine bestimmte Form zu binden. Die Vorschrift schriftlichen<lb/>
Vertragsabschlusses würde in diesem Falle einerseits zu umständlich, anderer¬<lb/>
seits ungenügend sein. Es würde den Verkehr mit Gold- und Silberwaaren<lb/>
sehr hemmen, wenn der Verkäufer dem Käufer in jedem Falle die schriftliche<lb/>
Garantie eines bestimmten Feingehaltes gewähren müßte. Auf der anderen<lb/>
Seite würde die in jenes Garantieversprechen aufzunehmende Beschreibung<lb/>
der Waare sehr umständlich, ja bei dem jetzt herrschenden Fabrikbetriebe, der<lb/>
eine und dieselbe Broche, ein und dasselbe Armband u. s. w. in Hunderten<lb/>
von Exemplaren erzeugt, nur durch Nummerirung möglich sein. Und selbst<lb/>
wenn diese umständlichen Formalitäten erfüllt wären, würde der Zweck der<lb/>
Maßregel, dem Käufer ein Beweismittel in die Hand zu geben, oft genug<lb/>
vereitelt werden. Der Gegenstand geht aus einer Hand in die andere, das<lb/>
papierene Anhängsel wird ihm nicht immer folgen und somit oft seine Wirk¬<lb/>
samkeit verlieren. Die Constatirung des Feingehaltversprechens wird aber um<lb/>
so wichtiger, je schwieriger das Beweismittel hierzu aufzutreiben ist. Aus die¬<lb/>
sem Grunde ist es durchaus nothwendig, daß die Feingehaltsgarantie in einer<lb/>
gesetzlich vorgeschriebenen Form der Waare selbst aufgedrückt werde. In<lb/>
diesem Falle bleibt sie stets bei der Waare und geht erst mit ihr unter. Den¬<lb/>
selben Erfolg, den der Legirungszwang in plumper Weise und durch eine<lb/>
schwer zu rechtfertigende Freiheitsbeschränkung bewirkt, stellt die Verpflichtung<lb/>
des Erzeugers zur Abstempelung seiner Waare in genügender und freiheitlicher<lb/>
Weise her. Jener durch Beschränkung des an sich möglichen Inhalts der<lb/>
Verabredung, diese durch blose Constatirung des, an sich vollkommen freige¬<lb/>
gebenen Inhaltes.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1215" next="#ID_1216"> Der dritte Punkt, Beweis des wirklich gewährten Feingehaltes,<lb/>
wird von der schon früher besprochenen behördlichen Controle berücksichtigt,<lb/>
insofern diese durch Stempelung auf der Waare selbst constatirt, welcher<lb/>
Feingehalt überhaupt im einzelnen Falle versprochen werden kann. Der eben¬<lb/>
falls schon früher berührte Umstand, daß eine genaue Constatirung des<lb/>
Feingehaltes nicht durch bloße Strichprobe, sondern nur durch theilweise<lb/>
Zerstörung der Form gewonnen werden kann, widerräth sowohl die obliga¬<lb/>
torische wie die facultative Staatscontrole und empfiehlt die Stempelung fei¬<lb/>
ten des Erzeugers, der das Korn der ungeformten Masse auf die leichteste<lb/>
Weise zu bestimmen und darnach die Waare selbst zu punziren im Stande<lb/>
ist. Jede  unrichtige  Punzirung  wird  als  vorsätzlicher Betrug oder</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0354] zu binden, die Abfassung von letztwilligen Verfügungen zu regeln, Grund- und Hypothekenbücher einzurichten, für bedeutendere Schenkungen und ehe¬ weibliche Verbürgungen die Mitwirkung der Staatsgerichte vorzuschreiben, rechtfertigt es auch, die Verabredung zwischen Käufer und Verkäufer einer Edelmetallwaare wenigstens bezüglich des beanspruchten und versprochenen Feingehaltes an eine bestimmte Form zu binden. Die Vorschrift schriftlichen Vertragsabschlusses würde in diesem Falle einerseits zu umständlich, anderer¬ seits ungenügend sein. Es würde den Verkehr mit Gold- und Silberwaaren sehr hemmen, wenn der Verkäufer dem Käufer in jedem Falle die schriftliche Garantie eines bestimmten Feingehaltes gewähren müßte. Auf der anderen Seite würde die in jenes Garantieversprechen aufzunehmende Beschreibung der Waare sehr umständlich, ja bei dem jetzt herrschenden Fabrikbetriebe, der eine und dieselbe Broche, ein und dasselbe Armband u. s. w. in Hunderten von Exemplaren erzeugt, nur durch Nummerirung möglich sein. Und selbst wenn diese umständlichen Formalitäten erfüllt wären, würde der Zweck der Maßregel, dem Käufer ein Beweismittel in die Hand zu geben, oft genug vereitelt werden. Der Gegenstand geht aus einer Hand in die andere, das papierene Anhängsel wird ihm nicht immer folgen und somit oft seine Wirk¬ samkeit verlieren. Die Constatirung des Feingehaltversprechens wird aber um so wichtiger, je schwieriger das Beweismittel hierzu aufzutreiben ist. Aus die¬ sem Grunde ist es durchaus nothwendig, daß die Feingehaltsgarantie in einer gesetzlich vorgeschriebenen Form der Waare selbst aufgedrückt werde. In diesem Falle bleibt sie stets bei der Waare und geht erst mit ihr unter. Den¬ selben Erfolg, den der Legirungszwang in plumper Weise und durch eine schwer zu rechtfertigende Freiheitsbeschränkung bewirkt, stellt die Verpflichtung des Erzeugers zur Abstempelung seiner Waare in genügender und freiheitlicher Weise her. Jener durch Beschränkung des an sich möglichen Inhalts der Verabredung, diese durch blose Constatirung des, an sich vollkommen freige¬ gebenen Inhaltes. Der dritte Punkt, Beweis des wirklich gewährten Feingehaltes, wird von der schon früher besprochenen behördlichen Controle berücksichtigt, insofern diese durch Stempelung auf der Waare selbst constatirt, welcher Feingehalt überhaupt im einzelnen Falle versprochen werden kann. Der eben¬ falls schon früher berührte Umstand, daß eine genaue Constatirung des Feingehaltes nicht durch bloße Strichprobe, sondern nur durch theilweise Zerstörung der Form gewonnen werden kann, widerräth sowohl die obliga¬ torische wie die facultative Staatscontrole und empfiehlt die Stempelung fei¬ ten des Erzeugers, der das Korn der ungeformten Masse auf die leichteste Weise zu bestimmen und darnach die Waare selbst zu punziren im Stande ist. Jede unrichtige Punzirung wird als vorsätzlicher Betrug oder

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/354
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/354>, abgerufen am 05.02.2025.