Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Wasserkraft in Bewegung gesetzt wird, zwei große Kübel, aus denen die Pa¬
piermasse mittelst des bekannten Siebes ausgeschöpft wird und eine große Presse
bilden den ganzen Apparat, ein Mann, welcher schöpft, und ein Junge,
welcher die Bogen fortträgt, das ganze Personal. Nichts destoweniger ist das
Material vortrefflich, und Bücher, welche vor nahezu vierhundert Jahren ge¬
druckt sind, gelten auch nach dieser Seite heute noch für Muster. Solch' alte
Papiere sind leicht an den Wasserzeichen kenntlich, unter denen die besonders
aus Dürer's Werken bekannteren einen Ochsenkopf in verschiedenen Varianten,
eine Krone, ein gothisches P,, ein Burgthor, einen Reichsapfel, einen Krug,
eine Frauentasche u, f. w. darstellen. Die Größe des Papiers entspricht
der M liehen Foliogröße des Pergamentes. Bei seinen Kupferstichdrucken unter¬
scheidet Dürer Ganze, Halbe und Viertelsbogen. Ein Papier größesten
Formats kommt unter dem Namen Real - Pögen loglio reale (Regal-Bo¬
gen) vor.

Man liebt es, Skizzen und Studien auf gefärbtes Papier zu setzen. Da
man nun damals farbiges Naturpapier nickt fabricirte -- wenigstens sind
die Handzeichnungen alter Meister, die es auf solchem Papier gibt, sämmtlich
unecht oder wenigstens sehr verdächtig -- so war man gezwungen, den Ton
mit Wasserfarbe aufzulegen. Beliebt waren Töne, welche zwischen Grau,
Grün,- Noth und Indigo schwanken. Folgendes ist das Recept um einen
häufig vorkommenden grünen Ton zu schaffen: Eine halbe Nuß Verdeterra,
ein viertel Ocker und festes Bleiweiß eine Bohne Knochenpulver und eine halbe
Zinnober werden fleißig mit Wasser angerieben und mit Leim angemischt.
Auf diesem Ton wird mit der Feder gearbeit und weiß aufgehöht. In dieser
Weise sind z. B. die eben erwähnten Heller'schen Studien gearbeitet.

Seine Portaits führte Dürer, wie er in seinem niederländischen Tage¬
buche schreibt, meistens in Kohle aus. Auch schwarze Kreide, ebenso
Steinkreide wird erwähnt; es ist dieselbe, welche wir bei Cennini genannt
finden: "Ich habe auch einen gewissen schwarzen Stein zum Zeichnen ge¬
funden, welcher aus Piemont kommt und ein weicher Stein ist . . . Er ist
sehr schwarz. Du kannst ihn so trefflich machen wie die Kohle." In deut¬
schen Handzeichnungen, z. B. denen Dürer's erscheint diese Kreide mehr von
braunem als schwarzem Ton. Es ist möglich, daß dieses Material gemeint
ist, wenn Dürer schreibt: "Item hab ich 4 Stüber geben für Kesselbraun
und ein Lichtscherblein." Auch Holbein benutzt diese schwarze oder braune
Kreide, wenn er seine Oel-Portraits zuvor auf Papier entwirft. Er pflegt
in diesem Falle auch den Röthel für Lippen und Wangen sehr wirkungsvoll
anzuwenden.

Ein drittes Zeichenmaterial ist der Stift, weder Graphit noch Silberstift,
sondern ein Bleistift im eigentlichen Sinn des Wortes, da er aus einer


Wasserkraft in Bewegung gesetzt wird, zwei große Kübel, aus denen die Pa¬
piermasse mittelst des bekannten Siebes ausgeschöpft wird und eine große Presse
bilden den ganzen Apparat, ein Mann, welcher schöpft, und ein Junge,
welcher die Bogen fortträgt, das ganze Personal. Nichts destoweniger ist das
Material vortrefflich, und Bücher, welche vor nahezu vierhundert Jahren ge¬
druckt sind, gelten auch nach dieser Seite heute noch für Muster. Solch' alte
Papiere sind leicht an den Wasserzeichen kenntlich, unter denen die besonders
aus Dürer's Werken bekannteren einen Ochsenkopf in verschiedenen Varianten,
eine Krone, ein gothisches P,, ein Burgthor, einen Reichsapfel, einen Krug,
eine Frauentasche u, f. w. darstellen. Die Größe des Papiers entspricht
der M liehen Foliogröße des Pergamentes. Bei seinen Kupferstichdrucken unter¬
scheidet Dürer Ganze, Halbe und Viertelsbogen. Ein Papier größesten
Formats kommt unter dem Namen Real - Pögen loglio reale (Regal-Bo¬
gen) vor.

Man liebt es, Skizzen und Studien auf gefärbtes Papier zu setzen. Da
man nun damals farbiges Naturpapier nickt fabricirte — wenigstens sind
die Handzeichnungen alter Meister, die es auf solchem Papier gibt, sämmtlich
unecht oder wenigstens sehr verdächtig — so war man gezwungen, den Ton
mit Wasserfarbe aufzulegen. Beliebt waren Töne, welche zwischen Grau,
Grün,- Noth und Indigo schwanken. Folgendes ist das Recept um einen
häufig vorkommenden grünen Ton zu schaffen: Eine halbe Nuß Verdeterra,
ein viertel Ocker und festes Bleiweiß eine Bohne Knochenpulver und eine halbe
Zinnober werden fleißig mit Wasser angerieben und mit Leim angemischt.
Auf diesem Ton wird mit der Feder gearbeit und weiß aufgehöht. In dieser
Weise sind z. B. die eben erwähnten Heller'schen Studien gearbeitet.

Seine Portaits führte Dürer, wie er in seinem niederländischen Tage¬
buche schreibt, meistens in Kohle aus. Auch schwarze Kreide, ebenso
Steinkreide wird erwähnt; es ist dieselbe, welche wir bei Cennini genannt
finden: „Ich habe auch einen gewissen schwarzen Stein zum Zeichnen ge¬
funden, welcher aus Piemont kommt und ein weicher Stein ist . . . Er ist
sehr schwarz. Du kannst ihn so trefflich machen wie die Kohle." In deut¬
schen Handzeichnungen, z. B. denen Dürer's erscheint diese Kreide mehr von
braunem als schwarzem Ton. Es ist möglich, daß dieses Material gemeint
ist, wenn Dürer schreibt: „Item hab ich 4 Stüber geben für Kesselbraun
und ein Lichtscherblein." Auch Holbein benutzt diese schwarze oder braune
Kreide, wenn er seine Oel-Portraits zuvor auf Papier entwirft. Er pflegt
in diesem Falle auch den Röthel für Lippen und Wangen sehr wirkungsvoll
anzuwenden.

Ein drittes Zeichenmaterial ist der Stift, weder Graphit noch Silberstift,
sondern ein Bleistift im eigentlichen Sinn des Wortes, da er aus einer


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193147"/>
          <p xml:id="ID_1178" prev="#ID_1177"> Wasserkraft in Bewegung gesetzt wird, zwei große Kübel, aus denen die Pa¬<lb/>
piermasse mittelst des bekannten Siebes ausgeschöpft wird und eine große Presse<lb/>
bilden den ganzen Apparat, ein Mann, welcher schöpft, und ein Junge,<lb/>
welcher die Bogen fortträgt, das ganze Personal. Nichts destoweniger ist das<lb/>
Material vortrefflich, und Bücher, welche vor nahezu vierhundert Jahren ge¬<lb/>
druckt sind, gelten auch nach dieser Seite heute noch für Muster. Solch' alte<lb/>
Papiere sind leicht an den Wasserzeichen kenntlich, unter denen die besonders<lb/>
aus Dürer's Werken bekannteren einen Ochsenkopf in verschiedenen Varianten,<lb/>
eine Krone, ein gothisches P,, ein Burgthor, einen Reichsapfel, einen Krug,<lb/>
eine Frauentasche u, f. w. darstellen. Die Größe des Papiers entspricht<lb/>
der M liehen Foliogröße des Pergamentes. Bei seinen Kupferstichdrucken unter¬<lb/>
scheidet Dürer Ganze, Halbe und Viertelsbogen. Ein Papier größesten<lb/>
Formats kommt unter dem Namen Real - Pögen loglio reale (Regal-Bo¬<lb/>
gen) vor.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1179"> Man liebt es, Skizzen und Studien auf gefärbtes Papier zu setzen. Da<lb/>
man nun damals farbiges Naturpapier nickt fabricirte &#x2014; wenigstens sind<lb/>
die Handzeichnungen alter Meister, die es auf solchem Papier gibt, sämmtlich<lb/>
unecht oder wenigstens sehr verdächtig &#x2014; so war man gezwungen, den Ton<lb/>
mit Wasserfarbe aufzulegen. Beliebt waren Töne, welche zwischen Grau,<lb/>
Grün,- Noth und Indigo schwanken. Folgendes ist das Recept um einen<lb/>
häufig vorkommenden grünen Ton zu schaffen: Eine halbe Nuß Verdeterra,<lb/>
ein viertel Ocker und festes Bleiweiß eine Bohne Knochenpulver und eine halbe<lb/>
Zinnober werden fleißig mit Wasser angerieben und mit Leim angemischt.<lb/>
Auf diesem Ton wird mit der Feder gearbeit und weiß aufgehöht. In dieser<lb/>
Weise sind z. B. die eben erwähnten Heller'schen Studien gearbeitet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1180"> Seine Portaits führte Dürer, wie er in seinem niederländischen Tage¬<lb/>
buche schreibt, meistens in Kohle aus. Auch schwarze Kreide, ebenso<lb/>
Steinkreide wird erwähnt; es ist dieselbe, welche wir bei Cennini genannt<lb/>
finden: &#x201E;Ich habe auch einen gewissen schwarzen Stein zum Zeichnen ge¬<lb/>
funden, welcher aus Piemont kommt und ein weicher Stein ist . . . Er ist<lb/>
sehr schwarz. Du kannst ihn so trefflich machen wie die Kohle." In deut¬<lb/>
schen Handzeichnungen, z. B. denen Dürer's erscheint diese Kreide mehr von<lb/>
braunem als schwarzem Ton. Es ist möglich, daß dieses Material gemeint<lb/>
ist, wenn Dürer schreibt: &#x201E;Item hab ich 4 Stüber geben für Kesselbraun<lb/>
und ein Lichtscherblein." Auch Holbein benutzt diese schwarze oder braune<lb/>
Kreide, wenn er seine Oel-Portraits zuvor auf Papier entwirft. Er pflegt<lb/>
in diesem Falle auch den Röthel für Lippen und Wangen sehr wirkungsvoll<lb/>
anzuwenden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1181" next="#ID_1182"> Ein drittes Zeichenmaterial ist der Stift, weder Graphit noch Silberstift,<lb/>
sondern ein Bleistift im eigentlichen Sinn des Wortes, da er aus einer</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0344] Wasserkraft in Bewegung gesetzt wird, zwei große Kübel, aus denen die Pa¬ piermasse mittelst des bekannten Siebes ausgeschöpft wird und eine große Presse bilden den ganzen Apparat, ein Mann, welcher schöpft, und ein Junge, welcher die Bogen fortträgt, das ganze Personal. Nichts destoweniger ist das Material vortrefflich, und Bücher, welche vor nahezu vierhundert Jahren ge¬ druckt sind, gelten auch nach dieser Seite heute noch für Muster. Solch' alte Papiere sind leicht an den Wasserzeichen kenntlich, unter denen die besonders aus Dürer's Werken bekannteren einen Ochsenkopf in verschiedenen Varianten, eine Krone, ein gothisches P,, ein Burgthor, einen Reichsapfel, einen Krug, eine Frauentasche u, f. w. darstellen. Die Größe des Papiers entspricht der M liehen Foliogröße des Pergamentes. Bei seinen Kupferstichdrucken unter¬ scheidet Dürer Ganze, Halbe und Viertelsbogen. Ein Papier größesten Formats kommt unter dem Namen Real - Pögen loglio reale (Regal-Bo¬ gen) vor. Man liebt es, Skizzen und Studien auf gefärbtes Papier zu setzen. Da man nun damals farbiges Naturpapier nickt fabricirte — wenigstens sind die Handzeichnungen alter Meister, die es auf solchem Papier gibt, sämmtlich unecht oder wenigstens sehr verdächtig — so war man gezwungen, den Ton mit Wasserfarbe aufzulegen. Beliebt waren Töne, welche zwischen Grau, Grün,- Noth und Indigo schwanken. Folgendes ist das Recept um einen häufig vorkommenden grünen Ton zu schaffen: Eine halbe Nuß Verdeterra, ein viertel Ocker und festes Bleiweiß eine Bohne Knochenpulver und eine halbe Zinnober werden fleißig mit Wasser angerieben und mit Leim angemischt. Auf diesem Ton wird mit der Feder gearbeit und weiß aufgehöht. In dieser Weise sind z. B. die eben erwähnten Heller'schen Studien gearbeitet. Seine Portaits führte Dürer, wie er in seinem niederländischen Tage¬ buche schreibt, meistens in Kohle aus. Auch schwarze Kreide, ebenso Steinkreide wird erwähnt; es ist dieselbe, welche wir bei Cennini genannt finden: „Ich habe auch einen gewissen schwarzen Stein zum Zeichnen ge¬ funden, welcher aus Piemont kommt und ein weicher Stein ist . . . Er ist sehr schwarz. Du kannst ihn so trefflich machen wie die Kohle." In deut¬ schen Handzeichnungen, z. B. denen Dürer's erscheint diese Kreide mehr von braunem als schwarzem Ton. Es ist möglich, daß dieses Material gemeint ist, wenn Dürer schreibt: „Item hab ich 4 Stüber geben für Kesselbraun und ein Lichtscherblein." Auch Holbein benutzt diese schwarze oder braune Kreide, wenn er seine Oel-Portraits zuvor auf Papier entwirft. Er pflegt in diesem Falle auch den Röthel für Lippen und Wangen sehr wirkungsvoll anzuwenden. Ein drittes Zeichenmaterial ist der Stift, weder Graphit noch Silberstift, sondern ein Bleistift im eigentlichen Sinn des Wortes, da er aus einer

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/344
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/344>, abgerufen am 06.02.2025.