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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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und darum sehr instruktives Gemälde und zwar ein Wandgemälde aus dem
Anfang des sechzehnten Jahrhunderts aufmerksam machen, welches sich im
Kreuzgang des Paulinums zu Leipzig befindet. Hier war die Condur mit
Kohle auf die gefirnißte Wandfläche aufgezeichnet, nur die wichtigeren Partien,
Köpfe, Hände, perspectivische Punkte und Winkel mit Pinsel und Kern schwarz
nachgezogen. Die Kohlenstriche sind selbstverständlich im Laufe der Zeit ver¬
loren gegangen.

Versuchen wir es jetzt uns auch mit den Farben bekannt zu machen,
welche die Künstler alter Zeiten anwandten. Auch über diesen Gegenstand
werden wir durch Cennini und ein anderes Sammelwerk von Recepten, wel¬
ches unter dem Namen Heraolii ac coloribus Komanvrum I. 1. be¬
kannt ist, aber weder mit einem Heraklius noch mit Römern zu thun hat,
genügend unterrichtet.

Ich lasse eine Skala der gebräuchlichsten Farben folgen. Zu Schwarz
wurde damals so gut wie heute Kohle in verschiedenen Formen angewendet.
Man hatte eine Art fetter schwarzer Kreide; die (aus Piemont bezogen) auf
dem Stein zerrieben oder auch in Stücken zum Zeichen angewendet wurde.
Außerdem fertigte man aus verkohlten Pfirsichkernen oder Mandelschalen ein
Kernschwarz und aus dem Ruß von verbranntem Leinöl ein Rußschwarz. -- Un¬
ter dem Titel rothe Farben werden folgende aufgeführt. Sinopia eine
eisenhaltige, rothe Erde von häufigem Vorkommen. Helles Cimabrese wird
aus der hellsten und schönsten Sinopia durch Verreibung mit Kreideweiß (im Ver¬
hältniß zwei zu drei) hergestellt. Man formt aus der Masse kleine Bröd-
chen und hebt sie so auf. Diese Farbe wird vornehmlich zum Colorit des
Fleisches angewendet und hat ungefähr den Ton von lichtem gebranntem Ocker
wie Weiß. -- Zinnober, das bekannte Quecksilberpräparat kam in Form
von Stücken oder von Pulver in den Handel. Erstere sind vorzuziehen, weil im Pul¬
ver häufige Verfälschungen mit Mennige oder Ziegelstaub vorkommen. Uebrigens
wachte man, wie Dürer bezeugt, auch aus Ziegelmehl einerotheFarbe. -- Mimi u in
(Mennige) wird nur zu Tafel- und Miniaturmalerei, welche von der Anwendung
dieses Farbstoffes ihren Namen hat, gebraucht.-- D ra es en b tut ist das bekannte
dunkelrothe Harz. Weiter gibt es einen rothen Lack aus Noth holz,
Brasil genannt, welcher Stoff aus Indien und den Canarischen Inseln im-
portirt wurde, einen anderen aus dem Safte der Epheupflanze. einen
dritten animalischen aus dem Weibchen von ooocus ilicis bereiteten Lack,
den schon im frühen Alterthum bekannten rothen Farbstoff, der im Mittelalter
in Deutschland unter dem Namen Johannisblut und Scharlach verstanden wird.---
Gelbe Farben sind gelber Ocker. Giallorino, ein Lichtgelb in ver¬
schiedenen Nüancen vorkommend, unserem Neapelgelb entsprechend. Gold¬
gelb (Auripigment, Opperment), eine Arsenikfarbe, die aus Pontus und


und darum sehr instruktives Gemälde und zwar ein Wandgemälde aus dem
Anfang des sechzehnten Jahrhunderts aufmerksam machen, welches sich im
Kreuzgang des Paulinums zu Leipzig befindet. Hier war die Condur mit
Kohle auf die gefirnißte Wandfläche aufgezeichnet, nur die wichtigeren Partien,
Köpfe, Hände, perspectivische Punkte und Winkel mit Pinsel und Kern schwarz
nachgezogen. Die Kohlenstriche sind selbstverständlich im Laufe der Zeit ver¬
loren gegangen.

Versuchen wir es jetzt uns auch mit den Farben bekannt zu machen,
welche die Künstler alter Zeiten anwandten. Auch über diesen Gegenstand
werden wir durch Cennini und ein anderes Sammelwerk von Recepten, wel¬
ches unter dem Namen Heraolii ac coloribus Komanvrum I. 1. be¬
kannt ist, aber weder mit einem Heraklius noch mit Römern zu thun hat,
genügend unterrichtet.

Ich lasse eine Skala der gebräuchlichsten Farben folgen. Zu Schwarz
wurde damals so gut wie heute Kohle in verschiedenen Formen angewendet.
Man hatte eine Art fetter schwarzer Kreide; die (aus Piemont bezogen) auf
dem Stein zerrieben oder auch in Stücken zum Zeichen angewendet wurde.
Außerdem fertigte man aus verkohlten Pfirsichkernen oder Mandelschalen ein
Kernschwarz und aus dem Ruß von verbranntem Leinöl ein Rußschwarz. — Un¬
ter dem Titel rothe Farben werden folgende aufgeführt. Sinopia eine
eisenhaltige, rothe Erde von häufigem Vorkommen. Helles Cimabrese wird
aus der hellsten und schönsten Sinopia durch Verreibung mit Kreideweiß (im Ver¬
hältniß zwei zu drei) hergestellt. Man formt aus der Masse kleine Bröd-
chen und hebt sie so auf. Diese Farbe wird vornehmlich zum Colorit des
Fleisches angewendet und hat ungefähr den Ton von lichtem gebranntem Ocker
wie Weiß. — Zinnober, das bekannte Quecksilberpräparat kam in Form
von Stücken oder von Pulver in den Handel. Erstere sind vorzuziehen, weil im Pul¬
ver häufige Verfälschungen mit Mennige oder Ziegelstaub vorkommen. Uebrigens
wachte man, wie Dürer bezeugt, auch aus Ziegelmehl einerotheFarbe. — Mimi u in
(Mennige) wird nur zu Tafel- und Miniaturmalerei, welche von der Anwendung
dieses Farbstoffes ihren Namen hat, gebraucht.— D ra es en b tut ist das bekannte
dunkelrothe Harz. Weiter gibt es einen rothen Lack aus Noth holz,
Brasil genannt, welcher Stoff aus Indien und den Canarischen Inseln im-
portirt wurde, einen anderen aus dem Safte der Epheupflanze. einen
dritten animalischen aus dem Weibchen von ooocus ilicis bereiteten Lack,
den schon im frühen Alterthum bekannten rothen Farbstoff, der im Mittelalter
in Deutschland unter dem Namen Johannisblut und Scharlach verstanden wird.—-
Gelbe Farben sind gelber Ocker. Giallorino, ein Lichtgelb in ver¬
schiedenen Nüancen vorkommend, unserem Neapelgelb entsprechend. Gold¬
gelb (Auripigment, Opperment), eine Arsenikfarbe, die aus Pontus und


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[0335] und darum sehr instruktives Gemälde und zwar ein Wandgemälde aus dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts aufmerksam machen, welches sich im Kreuzgang des Paulinums zu Leipzig befindet. Hier war die Condur mit Kohle auf die gefirnißte Wandfläche aufgezeichnet, nur die wichtigeren Partien, Köpfe, Hände, perspectivische Punkte und Winkel mit Pinsel und Kern schwarz nachgezogen. Die Kohlenstriche sind selbstverständlich im Laufe der Zeit ver¬ loren gegangen. Versuchen wir es jetzt uns auch mit den Farben bekannt zu machen, welche die Künstler alter Zeiten anwandten. Auch über diesen Gegenstand werden wir durch Cennini und ein anderes Sammelwerk von Recepten, wel¬ ches unter dem Namen Heraolii ac coloribus Komanvrum I. 1. be¬ kannt ist, aber weder mit einem Heraklius noch mit Römern zu thun hat, genügend unterrichtet. Ich lasse eine Skala der gebräuchlichsten Farben folgen. Zu Schwarz wurde damals so gut wie heute Kohle in verschiedenen Formen angewendet. Man hatte eine Art fetter schwarzer Kreide; die (aus Piemont bezogen) auf dem Stein zerrieben oder auch in Stücken zum Zeichen angewendet wurde. Außerdem fertigte man aus verkohlten Pfirsichkernen oder Mandelschalen ein Kernschwarz und aus dem Ruß von verbranntem Leinöl ein Rußschwarz. — Un¬ ter dem Titel rothe Farben werden folgende aufgeführt. Sinopia eine eisenhaltige, rothe Erde von häufigem Vorkommen. Helles Cimabrese wird aus der hellsten und schönsten Sinopia durch Verreibung mit Kreideweiß (im Ver¬ hältniß zwei zu drei) hergestellt. Man formt aus der Masse kleine Bröd- chen und hebt sie so auf. Diese Farbe wird vornehmlich zum Colorit des Fleisches angewendet und hat ungefähr den Ton von lichtem gebranntem Ocker wie Weiß. — Zinnober, das bekannte Quecksilberpräparat kam in Form von Stücken oder von Pulver in den Handel. Erstere sind vorzuziehen, weil im Pul¬ ver häufige Verfälschungen mit Mennige oder Ziegelstaub vorkommen. Uebrigens wachte man, wie Dürer bezeugt, auch aus Ziegelmehl einerotheFarbe. — Mimi u in (Mennige) wird nur zu Tafel- und Miniaturmalerei, welche von der Anwendung dieses Farbstoffes ihren Namen hat, gebraucht.— D ra es en b tut ist das bekannte dunkelrothe Harz. Weiter gibt es einen rothen Lack aus Noth holz, Brasil genannt, welcher Stoff aus Indien und den Canarischen Inseln im- portirt wurde, einen anderen aus dem Safte der Epheupflanze. einen dritten animalischen aus dem Weibchen von ooocus ilicis bereiteten Lack, den schon im frühen Alterthum bekannten rothen Farbstoff, der im Mittelalter in Deutschland unter dem Namen Johannisblut und Scharlach verstanden wird.—- Gelbe Farben sind gelber Ocker. Giallorino, ein Lichtgelb in ver¬ schiedenen Nüancen vorkommend, unserem Neapelgelb entsprechend. Gold¬ gelb (Auripigment, Opperment), eine Arsenikfarbe, die aus Pontus und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/335>, abgerufen am 06.02.2025.