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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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3) als Vergoldung, beziehentlich als Versilberung, wenn der be¬
reits fertig geformte Gegenstand von unedlem Metall mit einer dünnen Schicht
edlen Metalles (jetzt fast allgemein durch galvanischen Niederschlag) überzogen
wird. Endlich ist zu nennen

4) die Ausfüllung, wenn ein, aus einem dünnen Blech reinen oder
legirter Edelmetalles gefertigter Gegenstand der Haltbarkeit wegen mit Treib¬
kitt oder einem ähnlichen Material ausgefüllt wird.

Der Begriff der "Echtheit" bezieht sich auf Unverfälschtheit und Rein¬
heit. "Echt Glöckner'sches Zugpflaster" kann nur ein Fabrikant liefern,
der den' Namen Glöckner führt; echt "Cölnisches Wasser" nur ein in Cöln
arbeitender Destillateur. Andere Verfertiger, welche ihre Waare unter dieser
Bezeichnung verkaufen, machen sich einer Fälschung schuldig. Die andere
Seite der Echtheit ist die Reinheit eines, gewisse Vorzüge besitzenden Stoffes
von Beimengungen ähnlich aussehender, beziehentlich ähnlich benutzbarer, aber
weniger edler Stoffe. Die zweite Beziehung des Begriffes der Echtheit ist
nun bei den Edelmetallen in der Praxis weit weniger scharf zu formuliren, als bei
den meisten anderen Waaren. Wir nennen ein Möbel echt, wenn es z. B.
von massivem Mahagonyholze gefertigt ist, und nicht aus schlechterem Holze
besteht, dem man eine Mahagony-Fournier, oder gar blos einen mahagony-
artigen Anstrich gegeben; wir nennen einen Wein echt, wenn seine Vorzüge
in der natürlichen Beschaffenheit der Traube und nicht in künstlichen Er¬
gänzungen mangelnder Traubeneigenschaften ihren Ursprung haben; wir nen¬
nen einen Kleiderstoff echt, wenn die Seide, die Wolle, das Leinen, aus
welchen derselbe gefertigt ist, ohne Beimischung minder werthvoller Ersatzmittel
verwendet worden sind (Seidenzeuge sind in diesem strengen Sinne bekanntlich
nur sehr selten echt!); wir nennen einen Edelstein, eine Perle echt, wenn
die Naturprozesse, aus denen sie entstanden, vom Schöpfer und nicht von
Erschaffenen geleitet wurden. Anders bei den Edelmetallen, welche in ihrer
Verarbeitung zu Schmuck- und Gebrauchsgegenständen fast nie frei von un¬
edlen Beimischungen sind.

Eine Grenze der Echtheit ist hier nach der gewöhnlichen Anschauungsweise
nicht zu finden. Will man nemlich als "echt" nur solche Waaren bezeichnen, die
aus rein em, unvermisch tem Edelmetall bestehen, so sind die besten markt¬
gängigen Gold- und Silberwaaren unecht. Nennt man anderseitig, wie dies oft
geschieht, echt solche Waaren, die aus einer Edelmetalllegirung bestehen,
so ist der Kreis wiederum zu weit. Denn ein Atom Gold oder Silber würde
dann hinreichen, um aus einer Kupfermasse das Material zu echten Waaren
Zu machen. Wer endlich echt nur solche Edelmetallwaaren nennt, die unter
100 Gewichtstheilen mindestens 50 Gewichtstheile Edelmetall enthalten, der
setzt eine rein willkürliche, aus der Natur der Sache durchaus nicht zu fol-


3) als Vergoldung, beziehentlich als Versilberung, wenn der be¬
reits fertig geformte Gegenstand von unedlem Metall mit einer dünnen Schicht
edlen Metalles (jetzt fast allgemein durch galvanischen Niederschlag) überzogen
wird. Endlich ist zu nennen

4) die Ausfüllung, wenn ein, aus einem dünnen Blech reinen oder
legirter Edelmetalles gefertigter Gegenstand der Haltbarkeit wegen mit Treib¬
kitt oder einem ähnlichen Material ausgefüllt wird.

Der Begriff der „Echtheit" bezieht sich auf Unverfälschtheit und Rein¬
heit. „Echt Glöckner'sches Zugpflaster" kann nur ein Fabrikant liefern,
der den' Namen Glöckner führt; echt „Cölnisches Wasser" nur ein in Cöln
arbeitender Destillateur. Andere Verfertiger, welche ihre Waare unter dieser
Bezeichnung verkaufen, machen sich einer Fälschung schuldig. Die andere
Seite der Echtheit ist die Reinheit eines, gewisse Vorzüge besitzenden Stoffes
von Beimengungen ähnlich aussehender, beziehentlich ähnlich benutzbarer, aber
weniger edler Stoffe. Die zweite Beziehung des Begriffes der Echtheit ist
nun bei den Edelmetallen in der Praxis weit weniger scharf zu formuliren, als bei
den meisten anderen Waaren. Wir nennen ein Möbel echt, wenn es z. B.
von massivem Mahagonyholze gefertigt ist, und nicht aus schlechterem Holze
besteht, dem man eine Mahagony-Fournier, oder gar blos einen mahagony-
artigen Anstrich gegeben; wir nennen einen Wein echt, wenn seine Vorzüge
in der natürlichen Beschaffenheit der Traube und nicht in künstlichen Er¬
gänzungen mangelnder Traubeneigenschaften ihren Ursprung haben; wir nen¬
nen einen Kleiderstoff echt, wenn die Seide, die Wolle, das Leinen, aus
welchen derselbe gefertigt ist, ohne Beimischung minder werthvoller Ersatzmittel
verwendet worden sind (Seidenzeuge sind in diesem strengen Sinne bekanntlich
nur sehr selten echt!); wir nennen einen Edelstein, eine Perle echt, wenn
die Naturprozesse, aus denen sie entstanden, vom Schöpfer und nicht von
Erschaffenen geleitet wurden. Anders bei den Edelmetallen, welche in ihrer
Verarbeitung zu Schmuck- und Gebrauchsgegenständen fast nie frei von un¬
edlen Beimischungen sind.

Eine Grenze der Echtheit ist hier nach der gewöhnlichen Anschauungsweise
nicht zu finden. Will man nemlich als „echt" nur solche Waaren bezeichnen, die
aus rein em, unvermisch tem Edelmetall bestehen, so sind die besten markt¬
gängigen Gold- und Silberwaaren unecht. Nennt man anderseitig, wie dies oft
geschieht, echt solche Waaren, die aus einer Edelmetalllegirung bestehen,
so ist der Kreis wiederum zu weit. Denn ein Atom Gold oder Silber würde
dann hinreichen, um aus einer Kupfermasse das Material zu echten Waaren
Zu machen. Wer endlich echt nur solche Edelmetallwaaren nennt, die unter
100 Gewichtstheilen mindestens 50 Gewichtstheile Edelmetall enthalten, der
setzt eine rein willkürliche, aus der Natur der Sache durchaus nicht zu fol-


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[0309] 3) als Vergoldung, beziehentlich als Versilberung, wenn der be¬ reits fertig geformte Gegenstand von unedlem Metall mit einer dünnen Schicht edlen Metalles (jetzt fast allgemein durch galvanischen Niederschlag) überzogen wird. Endlich ist zu nennen 4) die Ausfüllung, wenn ein, aus einem dünnen Blech reinen oder legirter Edelmetalles gefertigter Gegenstand der Haltbarkeit wegen mit Treib¬ kitt oder einem ähnlichen Material ausgefüllt wird. Der Begriff der „Echtheit" bezieht sich auf Unverfälschtheit und Rein¬ heit. „Echt Glöckner'sches Zugpflaster" kann nur ein Fabrikant liefern, der den' Namen Glöckner führt; echt „Cölnisches Wasser" nur ein in Cöln arbeitender Destillateur. Andere Verfertiger, welche ihre Waare unter dieser Bezeichnung verkaufen, machen sich einer Fälschung schuldig. Die andere Seite der Echtheit ist die Reinheit eines, gewisse Vorzüge besitzenden Stoffes von Beimengungen ähnlich aussehender, beziehentlich ähnlich benutzbarer, aber weniger edler Stoffe. Die zweite Beziehung des Begriffes der Echtheit ist nun bei den Edelmetallen in der Praxis weit weniger scharf zu formuliren, als bei den meisten anderen Waaren. Wir nennen ein Möbel echt, wenn es z. B. von massivem Mahagonyholze gefertigt ist, und nicht aus schlechterem Holze besteht, dem man eine Mahagony-Fournier, oder gar blos einen mahagony- artigen Anstrich gegeben; wir nennen einen Wein echt, wenn seine Vorzüge in der natürlichen Beschaffenheit der Traube und nicht in künstlichen Er¬ gänzungen mangelnder Traubeneigenschaften ihren Ursprung haben; wir nen¬ nen einen Kleiderstoff echt, wenn die Seide, die Wolle, das Leinen, aus welchen derselbe gefertigt ist, ohne Beimischung minder werthvoller Ersatzmittel verwendet worden sind (Seidenzeuge sind in diesem strengen Sinne bekanntlich nur sehr selten echt!); wir nennen einen Edelstein, eine Perle echt, wenn die Naturprozesse, aus denen sie entstanden, vom Schöpfer und nicht von Erschaffenen geleitet wurden. Anders bei den Edelmetallen, welche in ihrer Verarbeitung zu Schmuck- und Gebrauchsgegenständen fast nie frei von un¬ edlen Beimischungen sind. Eine Grenze der Echtheit ist hier nach der gewöhnlichen Anschauungsweise nicht zu finden. Will man nemlich als „echt" nur solche Waaren bezeichnen, die aus rein em, unvermisch tem Edelmetall bestehen, so sind die besten markt¬ gängigen Gold- und Silberwaaren unecht. Nennt man anderseitig, wie dies oft geschieht, echt solche Waaren, die aus einer Edelmetalllegirung bestehen, so ist der Kreis wiederum zu weit. Denn ein Atom Gold oder Silber würde dann hinreichen, um aus einer Kupfermasse das Material zu echten Waaren Zu machen. Wer endlich echt nur solche Edelmetallwaaren nennt, die unter 100 Gewichtstheilen mindestens 50 Gewichtstheile Edelmetall enthalten, der setzt eine rein willkürliche, aus der Natur der Sache durchaus nicht zu fol-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/309>, abgerufen am 06.02.2025.