Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.lecture nun und nimmermehr begegnen werden. Dieser werthlose Ballast muß Zur ästhetischen Seite des Sprachunterrichts sich wendend zeigt Bruno lecture nun und nimmermehr begegnen werden. Dieser werthlose Ballast muß Zur ästhetischen Seite des Sprachunterrichts sich wendend zeigt Bruno <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0253" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193056"/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> lecture nun und nimmermehr begegnen werden. Dieser werthlose Ballast muß<lb/> über Bord geworfen werden und wird es auch. Auf der andern Seite muß<lb/> dafür, wie dies Bruno Meyer richtig hervorgehoben hat, auf die Bedeutung<lb/> und Entstehung, aus die Bildungsgesetze der Formen eingegangen werden.<lb/> Und nach dieser Seite hin ist glücklicherweise bereits schon so viel geschehen,<lb/> so viel, daß man beinahe schon wieder Halt rufen möchte. Georg Curtius<lb/> hat den Ruhm, die gesicherten Ergebnisse der vergleichenden Sprachforschung<lb/> in seiner unübertrefflich einfachen und lichtvollen Darstellung der griechischen<lb/> Formenlehre der Schule vermittelt zu haben. Tausend Dinge, die früher<lb/> in unseren Grammatiker als Erzeugnisse der launischsten Willkür der Sprache<lb/> figurirten, sind in seiner „Griechischen Schulgrammatik" auf einfache, sinnvolle<lb/> Btldungsgesetze zurückgeführt. Die fatale „Ausnahme" ist auf ein verschwin¬<lb/> dendes Minimum beschränkt. Nicht eine Rührung, sondern eine wahre Lust<lb/> erfaßt einen, wenn man die Kleinen an der Hand dieses Buches griechische<lb/> Grammatik lernen sieht. Andere haben bereits versucht, Curtius' Methode<lb/> auch für die lateinische Grammatik zu verwerthen, und selbst für die Gram¬<lb/> matik der modernen Sprachen sind neuerdings Versuche in dieser Richtung<lb/> aufgetaucht. Hier kann, wie gesagt, des Guten leicht zu viel geschehen. Das<lb/> Lateinische wird auf einer früheren Stufe begonnen als das Griechische, und<lb/> dieses Verhältniß umzukehren und mit dem Griechischen anzufangen ist keines¬<lb/> wegs so ohne weiteres empfehlenswert!), wie sich Bruno Meyer das denkt;<lb/> dazu sind die lateinischen Formen zum Theil viel abgeschliffener und in ihrem<lb/> Baue viel weniger durchsichtig als die griechischen, und während man im<lb/> Griechischen in der Regel eine unfehlbare Stütze des Gedächtnisses schafft, in¬<lb/> dem man zugleich mit der Kenntniß auch die Erkenntniß der Formen über¬<lb/> mittelt, ist dieselbe Methode im Lateinischen eben so oft eine sehr umständliche<lb/> und führt zu bedenklicher Verwirrung.</p><lb/> <p xml:id="ID_819" next="#ID_820"> Zur ästhetischen Seite des Sprachunterrichts sich wendend zeigt Bruno<lb/> Meyer, wie schon die Grammatik selbst gelegentlich auf Erwägungen führe,<lb/> die über das Gebiet des Logischen hinausgreifen in das des Aesthetischen, wie<lb/> dies dann in höherem Grade bei der Stillehre und im höchsten bei der Be¬<lb/> trachtung der Kunstschätze der Literatur, insbesondere der poetischen Literatur<lb/> der Fall sei. Was Bruno Meyer von der Classikerlecture fordert: daß der<lb/> Text des Schriftstellers nicht bloß als Beispielsammlung zur Grammatik<lb/> angesehen, daß vielmehr das Verständniß für den Gedanken geweckt werden,<lb/> der Blick immer auf den Zusammenhang des Ganzen gerichtet bleiben und<lb/> die Gedankenentwicklung des Schriftstellers, die Harmonie zwischen Inhalt<lb/> und Form aufgezeigt werden müsse, das alles sind triviale Forderungen,<lb/> von deren vollster Berechtigung jeder Schulmann schon längst von ganzem<lb/> Herzen überzeugt ist, die es aber freilich viel leichter ist .aufzustellen als</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0253]
lecture nun und nimmermehr begegnen werden. Dieser werthlose Ballast muß
über Bord geworfen werden und wird es auch. Auf der andern Seite muß
dafür, wie dies Bruno Meyer richtig hervorgehoben hat, auf die Bedeutung
und Entstehung, aus die Bildungsgesetze der Formen eingegangen werden.
Und nach dieser Seite hin ist glücklicherweise bereits schon so viel geschehen,
so viel, daß man beinahe schon wieder Halt rufen möchte. Georg Curtius
hat den Ruhm, die gesicherten Ergebnisse der vergleichenden Sprachforschung
in seiner unübertrefflich einfachen und lichtvollen Darstellung der griechischen
Formenlehre der Schule vermittelt zu haben. Tausend Dinge, die früher
in unseren Grammatiker als Erzeugnisse der launischsten Willkür der Sprache
figurirten, sind in seiner „Griechischen Schulgrammatik" auf einfache, sinnvolle
Btldungsgesetze zurückgeführt. Die fatale „Ausnahme" ist auf ein verschwin¬
dendes Minimum beschränkt. Nicht eine Rührung, sondern eine wahre Lust
erfaßt einen, wenn man die Kleinen an der Hand dieses Buches griechische
Grammatik lernen sieht. Andere haben bereits versucht, Curtius' Methode
auch für die lateinische Grammatik zu verwerthen, und selbst für die Gram¬
matik der modernen Sprachen sind neuerdings Versuche in dieser Richtung
aufgetaucht. Hier kann, wie gesagt, des Guten leicht zu viel geschehen. Das
Lateinische wird auf einer früheren Stufe begonnen als das Griechische, und
dieses Verhältniß umzukehren und mit dem Griechischen anzufangen ist keines¬
wegs so ohne weiteres empfehlenswert!), wie sich Bruno Meyer das denkt;
dazu sind die lateinischen Formen zum Theil viel abgeschliffener und in ihrem
Baue viel weniger durchsichtig als die griechischen, und während man im
Griechischen in der Regel eine unfehlbare Stütze des Gedächtnisses schafft, in¬
dem man zugleich mit der Kenntniß auch die Erkenntniß der Formen über¬
mittelt, ist dieselbe Methode im Lateinischen eben so oft eine sehr umständliche
und führt zu bedenklicher Verwirrung.
Zur ästhetischen Seite des Sprachunterrichts sich wendend zeigt Bruno
Meyer, wie schon die Grammatik selbst gelegentlich auf Erwägungen führe,
die über das Gebiet des Logischen hinausgreifen in das des Aesthetischen, wie
dies dann in höherem Grade bei der Stillehre und im höchsten bei der Be¬
trachtung der Kunstschätze der Literatur, insbesondere der poetischen Literatur
der Fall sei. Was Bruno Meyer von der Classikerlecture fordert: daß der
Text des Schriftstellers nicht bloß als Beispielsammlung zur Grammatik
angesehen, daß vielmehr das Verständniß für den Gedanken geweckt werden,
der Blick immer auf den Zusammenhang des Ganzen gerichtet bleiben und
die Gedankenentwicklung des Schriftstellers, die Harmonie zwischen Inhalt
und Form aufgezeigt werden müsse, das alles sind triviale Forderungen,
von deren vollster Berechtigung jeder Schulmann schon längst von ganzem
Herzen überzeugt ist, die es aber freilich viel leichter ist .aufzustellen als
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