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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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an der Lotterie betheiligt, dazu mißbraucht werde, um mit diesen Gesinnun¬
gen die deutsche Jugend Sachsens zu vergiften."

Ein Leipziger Kaufmann, der ein Exemplar des "Blüthenstrauß" gewon¬
nen hatte, schickte dasselbe an das Directorium des Albertvereines in Dres¬
den mit folgendem Begleitschreiben zurück:

"Ich sende Ihnen den sogenannten "Blüthenstrauß für die Jugend"
retour, welchen ich fataler Weise in Ihrer Lotterie gewann. Vielleicht haben
Sie für dieses Machwerk, speciell für das darin enthaltene "Ein düsteres
Blatt", bei dortigen Dunkelmännern geeignetere Verwendung."

Das Directorium des Albertvereines erklärte in seiner Antwort, daß
es mit der betreffenden Lotterie und also auch mit dem "Blüthenstrauß" gar
nichts zu thun habe. Die Lotterie sei lediglich das Privatunternehmen
des Dresdner Schuldirectors Heger gewesen, welcher damit die Erbauung eines
Hospitals für den Albertverein habe unterstützen wollen.

Wir wollen zur Ehre des Directoriums annehmen, daß es in der That
von dem Inhalt des "Blüthenstraußes" keine Kenntniß hatte. Immerhin
bleibt es sehr bedauerlich, daß der Albertverein mit den Tactlofigkeiten die¬
ses Buches auch nur in die entfernteste Berührung gebracht werden durfte.
Wir hoffen zuversichtlich, daß sich das Directorium in Zukunft seine Leute
und deren Producte etwas genauer ansehen wird, ehe es denselben erlaubt,
sich der ehrenwerthen Firma des Albertvereins zu bedienen.

Das Gute hat der "Blüthenstrauß" unter allen Umständen gehabt,
daß er die Entrüstung und Verachtung, welche das Treiben einer gewissen
Sorte Dresdner Volksschullehrer schon längst in allen deutsch-gesinnten Krei¬
sen des Landes hervorgerufen hatte, endlich einmal zu energischem öffentlichem
Ausdrucke brachte. Der Stein war in's Rollen gekommen. Und alsbald
regte es sich von allen Seiten, um diesem edlen Consortium, das für seine
gemeinsam herausgegebenen Schulbücher eine Art von Monopol in den säch¬
sischen Volksschulen erlangt hat, das außerdem in der "Sächsischen Schul¬
zeitung" ein Organ seiner Bestrebungen und Gesinnungen besitzt, einmal
gründlich das Handwerk zu legen.

So kam es denn bald zur Sprache, daß in den von den Schuldirectoren
Vertheilt, Jäkel, Petermann und Thomas") herausgegebenen, weitverbreiteten
"Lebensbildern III", Lesebuch für Oberclasfen deutscher Volksschulen



") Herr Schuldircctor Thomas, einer der freisinnigsten und nationalste" Lehrer Leipzigs
und Sachsens wird mit größtem Unrecht für diese Sünden verantwortlich gemacht. Thomas
hat schon in der ersten Ausgabe dieses Buches, die nach 18V6 veranstaltet wurde, die Be¬
richtigungen, welche die neue Zeit für Deutschland gebot, völlig correct nachgetragen. Das
Werk ist aber nach stereotyp-Platten gedruckt. Angesichts des öfter drohenden Strikes sowie
in Erwägung, daß Veränderungen im Texte für eine Schule stets ihr Mißliches haben, wur¬
den nemlich Lebensbilder 11 u. 111 im Jahre 187" stereotypirt, und zwar letztere im Som-

an der Lotterie betheiligt, dazu mißbraucht werde, um mit diesen Gesinnun¬
gen die deutsche Jugend Sachsens zu vergiften."

Ein Leipziger Kaufmann, der ein Exemplar des „Blüthenstrauß" gewon¬
nen hatte, schickte dasselbe an das Directorium des Albertvereines in Dres¬
den mit folgendem Begleitschreiben zurück:

„Ich sende Ihnen den sogenannten „Blüthenstrauß für die Jugend"
retour, welchen ich fataler Weise in Ihrer Lotterie gewann. Vielleicht haben
Sie für dieses Machwerk, speciell für das darin enthaltene „Ein düsteres
Blatt", bei dortigen Dunkelmännern geeignetere Verwendung."

Das Directorium des Albertvereines erklärte in seiner Antwort, daß
es mit der betreffenden Lotterie und also auch mit dem „Blüthenstrauß" gar
nichts zu thun habe. Die Lotterie sei lediglich das Privatunternehmen
des Dresdner Schuldirectors Heger gewesen, welcher damit die Erbauung eines
Hospitals für den Albertverein habe unterstützen wollen.

Wir wollen zur Ehre des Directoriums annehmen, daß es in der That
von dem Inhalt des „Blüthenstraußes" keine Kenntniß hatte. Immerhin
bleibt es sehr bedauerlich, daß der Albertverein mit den Tactlofigkeiten die¬
ses Buches auch nur in die entfernteste Berührung gebracht werden durfte.
Wir hoffen zuversichtlich, daß sich das Directorium in Zukunft seine Leute
und deren Producte etwas genauer ansehen wird, ehe es denselben erlaubt,
sich der ehrenwerthen Firma des Albertvereins zu bedienen.

Das Gute hat der „Blüthenstrauß" unter allen Umständen gehabt,
daß er die Entrüstung und Verachtung, welche das Treiben einer gewissen
Sorte Dresdner Volksschullehrer schon längst in allen deutsch-gesinnten Krei¬
sen des Landes hervorgerufen hatte, endlich einmal zu energischem öffentlichem
Ausdrucke brachte. Der Stein war in's Rollen gekommen. Und alsbald
regte es sich von allen Seiten, um diesem edlen Consortium, das für seine
gemeinsam herausgegebenen Schulbücher eine Art von Monopol in den säch¬
sischen Volksschulen erlangt hat, das außerdem in der „Sächsischen Schul¬
zeitung" ein Organ seiner Bestrebungen und Gesinnungen besitzt, einmal
gründlich das Handwerk zu legen.

So kam es denn bald zur Sprache, daß in den von den Schuldirectoren
Vertheilt, Jäkel, Petermann und Thomas") herausgegebenen, weitverbreiteten
„Lebensbildern III", Lesebuch für Oberclasfen deutscher Volksschulen



") Herr Schuldircctor Thomas, einer der freisinnigsten und nationalste» Lehrer Leipzigs
und Sachsens wird mit größtem Unrecht für diese Sünden verantwortlich gemacht. Thomas
hat schon in der ersten Ausgabe dieses Buches, die nach 18V6 veranstaltet wurde, die Be¬
richtigungen, welche die neue Zeit für Deutschland gebot, völlig correct nachgetragen. Das
Werk ist aber nach stereotyp-Platten gedruckt. Angesichts des öfter drohenden Strikes sowie
in Erwägung, daß Veränderungen im Texte für eine Schule stets ihr Mißliches haben, wur¬
den nemlich Lebensbilder 11 u. 111 im Jahre 187» stereotypirt, und zwar letztere im Som-
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[0239] an der Lotterie betheiligt, dazu mißbraucht werde, um mit diesen Gesinnun¬ gen die deutsche Jugend Sachsens zu vergiften." Ein Leipziger Kaufmann, der ein Exemplar des „Blüthenstrauß" gewon¬ nen hatte, schickte dasselbe an das Directorium des Albertvereines in Dres¬ den mit folgendem Begleitschreiben zurück: „Ich sende Ihnen den sogenannten „Blüthenstrauß für die Jugend" retour, welchen ich fataler Weise in Ihrer Lotterie gewann. Vielleicht haben Sie für dieses Machwerk, speciell für das darin enthaltene „Ein düsteres Blatt", bei dortigen Dunkelmännern geeignetere Verwendung." Das Directorium des Albertvereines erklärte in seiner Antwort, daß es mit der betreffenden Lotterie und also auch mit dem „Blüthenstrauß" gar nichts zu thun habe. Die Lotterie sei lediglich das Privatunternehmen des Dresdner Schuldirectors Heger gewesen, welcher damit die Erbauung eines Hospitals für den Albertverein habe unterstützen wollen. Wir wollen zur Ehre des Directoriums annehmen, daß es in der That von dem Inhalt des „Blüthenstraußes" keine Kenntniß hatte. Immerhin bleibt es sehr bedauerlich, daß der Albertverein mit den Tactlofigkeiten die¬ ses Buches auch nur in die entfernteste Berührung gebracht werden durfte. Wir hoffen zuversichtlich, daß sich das Directorium in Zukunft seine Leute und deren Producte etwas genauer ansehen wird, ehe es denselben erlaubt, sich der ehrenwerthen Firma des Albertvereins zu bedienen. Das Gute hat der „Blüthenstrauß" unter allen Umständen gehabt, daß er die Entrüstung und Verachtung, welche das Treiben einer gewissen Sorte Dresdner Volksschullehrer schon längst in allen deutsch-gesinnten Krei¬ sen des Landes hervorgerufen hatte, endlich einmal zu energischem öffentlichem Ausdrucke brachte. Der Stein war in's Rollen gekommen. Und alsbald regte es sich von allen Seiten, um diesem edlen Consortium, das für seine gemeinsam herausgegebenen Schulbücher eine Art von Monopol in den säch¬ sischen Volksschulen erlangt hat, das außerdem in der „Sächsischen Schul¬ zeitung" ein Organ seiner Bestrebungen und Gesinnungen besitzt, einmal gründlich das Handwerk zu legen. So kam es denn bald zur Sprache, daß in den von den Schuldirectoren Vertheilt, Jäkel, Petermann und Thomas") herausgegebenen, weitverbreiteten „Lebensbildern III", Lesebuch für Oberclasfen deutscher Volksschulen ") Herr Schuldircctor Thomas, einer der freisinnigsten und nationalste» Lehrer Leipzigs und Sachsens wird mit größtem Unrecht für diese Sünden verantwortlich gemacht. Thomas hat schon in der ersten Ausgabe dieses Buches, die nach 18V6 veranstaltet wurde, die Be¬ richtigungen, welche die neue Zeit für Deutschland gebot, völlig correct nachgetragen. Das Werk ist aber nach stereotyp-Platten gedruckt. Angesichts des öfter drohenden Strikes sowie in Erwägung, daß Veränderungen im Texte für eine Schule stets ihr Mißliches haben, wur¬ den nemlich Lebensbilder 11 u. 111 im Jahre 187» stereotypirt, und zwar letztere im Som-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/239>, abgerufen am 06.02.2025.