Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.cnntilrll! mit Carl Mayer und Genossen im Frühjahr 1870 als Cultusmi¬ Inzwischen rüstet sich die ultramontane Partei in allen Theilen des cnntilrll! mit Carl Mayer und Genossen im Frühjahr 1870 als Cultusmi¬ Inzwischen rüstet sich die ultramontane Partei in allen Theilen des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0166" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192969"/> <p xml:id="ID_511" prev="#ID_510"> cnntilrll! mit Carl Mayer und Genossen im Frühjahr 1870 als Cultusmi¬<lb/> nister unmöglich machte. So erklärt es sich denn leicht, daß die protestan¬<lb/> tische Mehrheit des Landes, gefesselt durch ihre eigne Kirchenverwaltung,<lb/> zurückgesetzt durch eine katholisirende Staatsgewalt, auch auf kirchenstaatlichem<lb/> Gebiet mehr und mehr ihre Hoffnung auf das Reich setzt, von welchem in<lb/> der That auch allein die Erlösung kommen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_512"> Inzwischen rüstet sich die ultramontane Partei in allen Theilen des<lb/> Landes zum Kampfe gegen das Reich, zunächst auf die Neichstagswahlen,<lb/> bei welchen sie bereits der Unterstützung der übrigens — trotz Friedrich<lb/> Hecker und trotz der österreichischen Sechser und Guldenstücke und ähnlichen<lb/> Agitationsstoffs! — mehr und mehr der Auflösung entgegengehenden schwäbi¬<lb/> schen Volkspartei völlig sicher zu sein scheint. Wie bekannt, ist es mit Hilfe<lb/> der Regierung den Ultramontanen gelungen, die altkatholische Bewegung,<lb/> trotz des lebendigen Gangs derselben in Bayern und Baden und trotz der<lb/> Rachbarschaft der Schweiz, in Württemberg gänzlich zu unterdrücken. Des<lb/> Rückhalts in der Staatsgewalt beraubt, haben sich auch die freier denkenden<lb/> Katholiken, eingeschüchtert durch die dominnende Clique, allen Zumuthungen<lb/> aus der Metropole des ehemaligen Chnrerzkcmzlers aufs feigste unterworfen.<lb/> Während der jüngere Clerus, ausgebildet in den neuerdings nur noch dem Namen<lb/> nach als Staatsanstalten geltenden Seminarien, sich mehr und mehr durch<lb/> bäurische Rohheit auszeichnet und den früher üblichen Verkehr mit den gebil¬<lb/> deten Klassen der Bevölkerung meidet, um damit um so größeren Einfluß<lb/> auf die Massen zu gewinnen, wird die katholische Presse im ganzen Land<lb/> direct von Mainz aus geleitet, durch Vermittelung des bekannten Katho¬<lb/> likenvereines, welcher zugleich eine Art Assecuranzanstalt für alle Preßdelikte<lb/> seiner Pflegekinder begründet hat und dieselben täglich mit den gehässigsten<lb/> Hetzartikeln gegen Kaiser und Reich versieht. Unsere katholische Landbe¬<lb/> völkerung, welche bisher um der Annoncen willen dieMmts- und Jntelligenz-<lb/> blätter der Oberamtsstadt zu lesen pflegte, wird seit einiger Zeit, Angesichts<lb/> der bevorstehenden Neichstagswahlen unter Aufbietung des gesammten kirch¬<lb/> lichen Einflusses —- welcher sich eben so sehr auf das Seelenheil als auf die<lb/> Kundschaft des kleinen Gewerbestandes erstreckt—von Haus zu Haus bearbeitet<lb/> und bestimmt, die Amtsblätter ab und dafür die neugegründeten Winkelblätter<lb/> der Herren v. Ketteler, Loii und Racke anzuschaffen. Die Regierung aber<lb/> unterstützt diesen Kampf gegen ihr eigenes Fleisch und Blut, indem sie. was<lb/> Blättern andrer Farbe verweigert wird, die fiscalischen Annoncen jenen<lb/> klerikalen Sprößlingen zuwendet, wobei namentlich die in den ländlichen<lb/> Bezirken sehr ins Gewicht fallende Staatsforstverwaltung eine specielle Domäne<lb/> d<note type="byline"> «.</note> es ultramontanen Einflusses geworden zu sein scheint. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0166]
cnntilrll! mit Carl Mayer und Genossen im Frühjahr 1870 als Cultusmi¬
nister unmöglich machte. So erklärt es sich denn leicht, daß die protestan¬
tische Mehrheit des Landes, gefesselt durch ihre eigne Kirchenverwaltung,
zurückgesetzt durch eine katholisirende Staatsgewalt, auch auf kirchenstaatlichem
Gebiet mehr und mehr ihre Hoffnung auf das Reich setzt, von welchem in
der That auch allein die Erlösung kommen kann.
Inzwischen rüstet sich die ultramontane Partei in allen Theilen des
Landes zum Kampfe gegen das Reich, zunächst auf die Neichstagswahlen,
bei welchen sie bereits der Unterstützung der übrigens — trotz Friedrich
Hecker und trotz der österreichischen Sechser und Guldenstücke und ähnlichen
Agitationsstoffs! — mehr und mehr der Auflösung entgegengehenden schwäbi¬
schen Volkspartei völlig sicher zu sein scheint. Wie bekannt, ist es mit Hilfe
der Regierung den Ultramontanen gelungen, die altkatholische Bewegung,
trotz des lebendigen Gangs derselben in Bayern und Baden und trotz der
Rachbarschaft der Schweiz, in Württemberg gänzlich zu unterdrücken. Des
Rückhalts in der Staatsgewalt beraubt, haben sich auch die freier denkenden
Katholiken, eingeschüchtert durch die dominnende Clique, allen Zumuthungen
aus der Metropole des ehemaligen Chnrerzkcmzlers aufs feigste unterworfen.
Während der jüngere Clerus, ausgebildet in den neuerdings nur noch dem Namen
nach als Staatsanstalten geltenden Seminarien, sich mehr und mehr durch
bäurische Rohheit auszeichnet und den früher üblichen Verkehr mit den gebil¬
deten Klassen der Bevölkerung meidet, um damit um so größeren Einfluß
auf die Massen zu gewinnen, wird die katholische Presse im ganzen Land
direct von Mainz aus geleitet, durch Vermittelung des bekannten Katho¬
likenvereines, welcher zugleich eine Art Assecuranzanstalt für alle Preßdelikte
seiner Pflegekinder begründet hat und dieselben täglich mit den gehässigsten
Hetzartikeln gegen Kaiser und Reich versieht. Unsere katholische Landbe¬
völkerung, welche bisher um der Annoncen willen dieMmts- und Jntelligenz-
blätter der Oberamtsstadt zu lesen pflegte, wird seit einiger Zeit, Angesichts
der bevorstehenden Neichstagswahlen unter Aufbietung des gesammten kirch¬
lichen Einflusses —- welcher sich eben so sehr auf das Seelenheil als auf die
Kundschaft des kleinen Gewerbestandes erstreckt—von Haus zu Haus bearbeitet
und bestimmt, die Amtsblätter ab und dafür die neugegründeten Winkelblätter
der Herren v. Ketteler, Loii und Racke anzuschaffen. Die Regierung aber
unterstützt diesen Kampf gegen ihr eigenes Fleisch und Blut, indem sie. was
Blättern andrer Farbe verweigert wird, die fiscalischen Annoncen jenen
klerikalen Sprößlingen zuwendet, wobei namentlich die in den ländlichen
Bezirken sehr ins Gewicht fallende Staatsforstverwaltung eine specielle Domäne
d «. es ultramontanen Einflusses geworden zu sein scheint.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |