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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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liebe, die den theueren Boden der Heimath frei halten will von jedem Fu߬
tritte des Feindes und die sich danach drängt, zu sterben für König und
Vaterland, die finden an jenen beiden Tagen einen gewaltigen, urwüchsigen
Ausdruck, der sich namentlich bei Erstürmung der Spicherer Höhen in fast
dämonischer Größe offenbart. Wenn dieser unbändige Vorwärtsdrang erst in
der Seele des Feldherrn, dann in der seiner Untergenerale vielleicht über das
Ziel hinausschoß, so mag dies von zuständiger Seite gemißbilligt werden
-- das deutsche Volk hat nicht Ursache, sich darüber zu beklagen. Denn a n -
genommen 'selbst, daß die Opfer dieser Kämpfe zu groß waren im Ver¬
hältniß zu dem unmittelbar Errungenen und daß die großen strategischen
Zwecke des Hauptquartiers, namentlich das Festhalten der feindlichen Gesammt-
macht bei Metz, auch auf anderem Wege erreicht worden wären, so darf man
doch nie vergessen, welchen ungeheueren moralischen Eindruck diese Siegestage
im Verein mit denen von Weißenburg und Wörth auf Europa machten; und
gerade in den letzten Tagen haben uns wieder die Aussagen des Herzogs von
Gramont darauf hingewiesen, in wie hohem Maße wir es eben jenem Ein¬
drucke zu verdanken haben, daß Frankreich thatsächlich unser einziger Feind
blieb und daß die alten Gegner, deren Wunden noch brannten, den Versuch
aufgaben, dieselben in unserem Blute zu kühlen.

Das sechste Kapitel des Schelk'schen Buches schildert den Linksabmarsch
der I. Armee an die Mosel, das siebente die Theilnahme der I. Armee
an der Schlacht bei Vionville-Mars la Tour. Diese gewaltige Schlacht,
die zu den blutigsten aller Zeiten gehört, ist einer der allerglorreichsten Tage
der deutschen Geschichte. "Gefesselt an der Stelle, wo man sie gefunden, sah
die französische Armee ihre Absicht, nach Westen abzumarschieren, vereitelt:
ein Resultat, dessen ganze Schwere erst die nachfolgenden Tage erkennen ließen.
-- Den vereinten Anstrengungen der Armee Bazaine's hatten zwei preußische
Armee-Corps nebst zwei Cavallerie-Divisionen und außerdem am späten Nach¬
mittage noch 11 Bataillone, 5 Batterien des 8. und 9. Armee-Corps erfolg¬
reich widerstanden."

Nunmehr überschreitet der größere Theil der I. Armee die
Mosel (achtes Kapitel), um mit einzugreifen in die Entscheidungsschlacht von
Gravelotte-Se. Privat. Der Darstellung dieses Riesenkampfes ist das
neunte Kapitel gewidmet. In achtstündigem blutigem Ringen haben bei Gra¬
velotte die Truppen der I. Armee die Gehölze von Genivaux und Se. Hubert
genommen und diese, sowie das Bois de Vaux gegen alle feindlichen Vorstöße
standhaft festgehalten, auch wiederholt versucht, die stark besetzte und fortifica-
torisch verstärkte Höhe zu nehmen. Am Schlüsse seines Berichtes über den
Kampf des 18. sagt General v. Steinmetz: "Besonders muß ich die
Leistungen der Artillerie hervorheben; sie hat wiederholt das feindliche


liebe, die den theueren Boden der Heimath frei halten will von jedem Fu߬
tritte des Feindes und die sich danach drängt, zu sterben für König und
Vaterland, die finden an jenen beiden Tagen einen gewaltigen, urwüchsigen
Ausdruck, der sich namentlich bei Erstürmung der Spicherer Höhen in fast
dämonischer Größe offenbart. Wenn dieser unbändige Vorwärtsdrang erst in
der Seele des Feldherrn, dann in der seiner Untergenerale vielleicht über das
Ziel hinausschoß, so mag dies von zuständiger Seite gemißbilligt werden
— das deutsche Volk hat nicht Ursache, sich darüber zu beklagen. Denn a n -
genommen 'selbst, daß die Opfer dieser Kämpfe zu groß waren im Ver¬
hältniß zu dem unmittelbar Errungenen und daß die großen strategischen
Zwecke des Hauptquartiers, namentlich das Festhalten der feindlichen Gesammt-
macht bei Metz, auch auf anderem Wege erreicht worden wären, so darf man
doch nie vergessen, welchen ungeheueren moralischen Eindruck diese Siegestage
im Verein mit denen von Weißenburg und Wörth auf Europa machten; und
gerade in den letzten Tagen haben uns wieder die Aussagen des Herzogs von
Gramont darauf hingewiesen, in wie hohem Maße wir es eben jenem Ein¬
drucke zu verdanken haben, daß Frankreich thatsächlich unser einziger Feind
blieb und daß die alten Gegner, deren Wunden noch brannten, den Versuch
aufgaben, dieselben in unserem Blute zu kühlen.

Das sechste Kapitel des Schelk'schen Buches schildert den Linksabmarsch
der I. Armee an die Mosel, das siebente die Theilnahme der I. Armee
an der Schlacht bei Vionville-Mars la Tour. Diese gewaltige Schlacht,
die zu den blutigsten aller Zeiten gehört, ist einer der allerglorreichsten Tage
der deutschen Geschichte. „Gefesselt an der Stelle, wo man sie gefunden, sah
die französische Armee ihre Absicht, nach Westen abzumarschieren, vereitelt:
ein Resultat, dessen ganze Schwere erst die nachfolgenden Tage erkennen ließen.
— Den vereinten Anstrengungen der Armee Bazaine's hatten zwei preußische
Armee-Corps nebst zwei Cavallerie-Divisionen und außerdem am späten Nach¬
mittage noch 11 Bataillone, 5 Batterien des 8. und 9. Armee-Corps erfolg¬
reich widerstanden."

Nunmehr überschreitet der größere Theil der I. Armee die
Mosel (achtes Kapitel), um mit einzugreifen in die Entscheidungsschlacht von
Gravelotte-Se. Privat. Der Darstellung dieses Riesenkampfes ist das
neunte Kapitel gewidmet. In achtstündigem blutigem Ringen haben bei Gra¬
velotte die Truppen der I. Armee die Gehölze von Genivaux und Se. Hubert
genommen und diese, sowie das Bois de Vaux gegen alle feindlichen Vorstöße
standhaft festgehalten, auch wiederholt versucht, die stark besetzte und fortifica-
torisch verstärkte Höhe zu nehmen. Am Schlüsse seines Berichtes über den
Kampf des 18. sagt General v. Steinmetz: „Besonders muß ich die
Leistungen der Artillerie hervorheben; sie hat wiederholt das feindliche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/99>, abgerufen am 22.07.2024.