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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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eisernen Gitter, welches der Schlosser Jörg Heuß gefertigt. Dieses Gitter
wiegt 4 Ctr. 68 Pfd. und kostete 23 Gulden 12 Schilling 8 Heller.

Die Errichtung dieses Pracht-Grabmals war die letzte Ehre, welche
dem heiligen Sebald zu Theil wurde, denn die Reformation gewann in Nürn¬
berg bald die Oberhand. Schon im Jahre 1523 wurde das Sebaldsfest mit
dem Herumtragen des Sarges zum letzten Male gefeiert. -- Nachdem der
katholische Cultus in der Sebald-Kirche aufgehört hatte, wurde der Altar
endlich im Jahre 1542 "weil er die Durchsicht nach dem Prediger verhin¬
derte," gänzlich beseitigt, so daß von da an S. Sebald's Prachtgrab ganz frei
mitten im Chor steht. Es wird fortan weniger als Grab des Stadt-
Patrons, denn als selbständiges, viel bewundertes Kunstwerk des berühmten
Peter Bischer geachtet. -- Noch ehe Peter Bischer seine Arbeit vollendet,
spricht Johann Cochleus in seiner im Jahre 1512 erschienen Ausgabe der
Cosmographie des Pomporius Mela schon mit größtem Lobe von der "in
Erz gegossenen Capelle." Später hat Eoban Heß das Grabmal in seiner
1582 erschienen "Uorimdörgir ilwstmta," besungen und bald darauf fertigte
Georg Fenitzer eine, freilich sehr mangelhafte, Abbildung desselben in
Kupferstich. Seitdem ist es in allen Beschreibungen von Nürnberg, meist mit
großer Begeisterung mehr oder weniger richtig beschrieben, in allen Handbüchern
der Kunstgeschichte erwähnt und unendlich oft abgebildet worden.

Für uns ist das Grabmal des heiligen Sebald. abgesehen von seinem
Kunstwerthe, von besonderem Interesse als hervorragendstes Werk des Peter
Bischer als erstes") in on umentales Werk der deutschen Renaissance
in Nürnberg und als eins der ältesten Denkmäler der Art in Deutschland
überhaupt. Es ist ein wichtiger Markstein in der Geschichte der
R. Bergan. deutschen Kunst.




Zur Erinnerung an StocKmar.**)

Der treffliche Artikel in Ur. 48 der Grenzboten von 1872 schließt mit
dem Satze: "Wahrlich, tief zu beklagen ist die bedauerliche Fügung des Ge-




") Wenige Jahre nachher, 152l, wurde der Hauptaltar der Rochus-Capelle bet Nürnberg
ausgeführt, welcher in seinen Detail-Formen viel Achnlichkeit mit manchen Formen des Sc-
baldusgrabes hat, und wohl nach einem Entwurf des Hermann Bischer gearbeitet sein dürfte.
Erst wurde das erste Gebäude in dem neuen Stil, das jetzige Rupprecht'sche Haus in
der Hirschelgasse zu Nürnberg, ausgeführt.
--) Die nachstehenden Notizen stammen aus der Feder eines politisch bekannten Mannes,
der, wenn auch jünger als Stockmar, doch mit diesem eng befreundet war Wir geben sie mit
.
D. Red. der Grenzboten. einem Zusatz unseres Mitarbeiters N.

eisernen Gitter, welches der Schlosser Jörg Heuß gefertigt. Dieses Gitter
wiegt 4 Ctr. 68 Pfd. und kostete 23 Gulden 12 Schilling 8 Heller.

Die Errichtung dieses Pracht-Grabmals war die letzte Ehre, welche
dem heiligen Sebald zu Theil wurde, denn die Reformation gewann in Nürn¬
berg bald die Oberhand. Schon im Jahre 1523 wurde das Sebaldsfest mit
dem Herumtragen des Sarges zum letzten Male gefeiert. — Nachdem der
katholische Cultus in der Sebald-Kirche aufgehört hatte, wurde der Altar
endlich im Jahre 1542 „weil er die Durchsicht nach dem Prediger verhin¬
derte," gänzlich beseitigt, so daß von da an S. Sebald's Prachtgrab ganz frei
mitten im Chor steht. Es wird fortan weniger als Grab des Stadt-
Patrons, denn als selbständiges, viel bewundertes Kunstwerk des berühmten
Peter Bischer geachtet. — Noch ehe Peter Bischer seine Arbeit vollendet,
spricht Johann Cochleus in seiner im Jahre 1512 erschienen Ausgabe der
Cosmographie des Pomporius Mela schon mit größtem Lobe von der „in
Erz gegossenen Capelle." Später hat Eoban Heß das Grabmal in seiner
1582 erschienen „Uorimdörgir ilwstmta," besungen und bald darauf fertigte
Georg Fenitzer eine, freilich sehr mangelhafte, Abbildung desselben in
Kupferstich. Seitdem ist es in allen Beschreibungen von Nürnberg, meist mit
großer Begeisterung mehr oder weniger richtig beschrieben, in allen Handbüchern
der Kunstgeschichte erwähnt und unendlich oft abgebildet worden.

Für uns ist das Grabmal des heiligen Sebald. abgesehen von seinem
Kunstwerthe, von besonderem Interesse als hervorragendstes Werk des Peter
Bischer als erstes") in on umentales Werk der deutschen Renaissance
in Nürnberg und als eins der ältesten Denkmäler der Art in Deutschland
überhaupt. Es ist ein wichtiger Markstein in der Geschichte der
R. Bergan. deutschen Kunst.




Zur Erinnerung an StocKmar.**)

Der treffliche Artikel in Ur. 48 der Grenzboten von 1872 schließt mit
dem Satze: „Wahrlich, tief zu beklagen ist die bedauerliche Fügung des Ge-




") Wenige Jahre nachher, 152l, wurde der Hauptaltar der Rochus-Capelle bet Nürnberg
ausgeführt, welcher in seinen Detail-Formen viel Achnlichkeit mit manchen Formen des Sc-
baldusgrabes hat, und wohl nach einem Entwurf des Hermann Bischer gearbeitet sein dürfte.
Erst wurde das erste Gebäude in dem neuen Stil, das jetzige Rupprecht'sche Haus in
der Hirschelgasse zu Nürnberg, ausgeführt.
—) Die nachstehenden Notizen stammen aus der Feder eines politisch bekannten Mannes,
der, wenn auch jünger als Stockmar, doch mit diesem eng befreundet war Wir geben sie mit
.
D. Red. der Grenzboten. einem Zusatz unseres Mitarbeiters N.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/70>, abgerufen am 02.10.2024.