Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.ihm dies. Die Frucht seiner Bemühungen war ein päpstliches Breve, zwei¬ Was war zu thun? Bunsen wurde 1837 zur Beilegung des Conflictes ihm dies. Die Frucht seiner Bemühungen war ein päpstliches Breve, zwei¬ Was war zu thun? Bunsen wurde 1837 zur Beilegung des Conflictes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128548"/> <p xml:id="ID_233" prev="#ID_232"> ihm dies. Die Frucht seiner Bemühungen war ein päpstliches Breve, zwei¬<lb/> deutig in seiner Fassung, aber nachgiebig in seinem Inhalte, wie wenigstens<lb/> Bunsen ihn auffaßte. Er glaubte eine Zeit lang damit einen großen Erfolg<lb/> in seinem Leben verzeichnen zu dürfen. Es war ein trügerischer Schein. Mochte<lb/> er die päpstlichen Concessionen in seinem Sinne interpretiren, ihre Fassung<lb/> bot immer noch genug Spielraum, daß durch eine andere Auslegung gerade<lb/> der entgegengesetzte Sinn hineingebracht werden konnte. Irgend welche ob¬<lb/> jective, deutliche und zweifellose Sicherheit sür die preußische Negierung hatte<lb/> Bunsen's diplomatische Kunst nicht eingebracht. Gewiß, bon-z, nao hatte er<lb/> eine solche erlangt zu haben behauptet und geglaubt. Sein lebhaftes Tem¬<lb/> perament hatte ihn zur Annahme verleitet, daß das, was er wünschte, schon<lb/> objective Thatsache geworden wäre. Der Optimismus des preußischen Unter¬<lb/> händlers war gerade in Rom am wenigsten gerechtfertigt. Eine Zeit lang<lb/> ging es leidlich, weil die deutschen Kirchenleiter milde Persönlichkeiten waren<lb/> und dem Jesuitismus ihrerseits nicht Vorschub leisteten. Aber wie wenig im<lb/> Grunde erreicht worden war, das zeigte sich sofort nach dem Tode des Cölner<lb/> Erzbischofs Spiegel, desjenigen Kirchenfürsten, dem es um Versöhnung der<lb/> Gegensätze wirklich Ernst gewesen war. Freilich, an der Erhebung Droste's<lb/> trägt Bunsen, soweit wir sehen, keine Mitschuld; im Gegentheil, auf das<lb/> peinlichste hatte dieser selbstmörderische Act der preußischen Krone auch ihn<lb/> berührt. Erst in den Wirren, welche dieser Fanatiker Hervorries, reisten die<lb/> wahren Früchte der sogenannten Bunsen'schen Errungenschaften. Die schwan¬<lb/> kenden zweideutigen Aeußerungen der Curie zerflossen jetzt in nichts und die<lb/> Schroffheit der alten clericalen Prätensionen trat aus dem Nebel der schein¬<lb/> baren Nachgiebigkeit allzu deutlich hervor.</p><lb/> <p xml:id="ID_234" next="#ID_235"> Was war zu thun? Bunsen wurde 1837 zur Beilegung des Conflictes<lb/> nach Deutschland berufen; er sollte in neuen Verhandlungen sein Heil ver¬<lb/> suchen. Galt er doch, und zwar mit Recht, als ein sachverständiger Beur¬<lb/> theiler der in Frage stehenden Rechtsverhältnisse, als ein gemäßigter, im<lb/> Ganzen richtig denkender Theoretiker. Seine Schwäche war nicht die theo¬<lb/> retische Einsicht, wohl aber der practische Optimismus, den irgend eine Freund¬<lb/> lichkeit oder beschwichtigende Phrase des Gegners irre leiten konnte. Und in<lb/> ein sehr fatales Dilemma hat er damals seinen Staat hineingesteuert, aus<lb/> dem ohne Schädigung kaum wieder herauszukommen war. Wir schildern hier<lb/> nicht die oft erzählten Vorgänge selbst. In der Krisis des Herbstes 1837<lb/> verlor Bunsen völlig das Gleichgewicht: von einem Extrem fiel er ins andere.<lb/> Die letzte Aussöhnung mit dem Erzbischof von Cöln, welche Bunsen versuchte,<lb/> führte zu offenem Bruche. Der gefühlsselige Schwärmer erscheint dem starren<lb/> Fanatiker gegenüber unfreiwillig in halb komischer Beleuchtung. Nach der<lb/> offenen Verhöhnung der preußischen Regierung war man in sehr peinlicher</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0094]
ihm dies. Die Frucht seiner Bemühungen war ein päpstliches Breve, zwei¬
deutig in seiner Fassung, aber nachgiebig in seinem Inhalte, wie wenigstens
Bunsen ihn auffaßte. Er glaubte eine Zeit lang damit einen großen Erfolg
in seinem Leben verzeichnen zu dürfen. Es war ein trügerischer Schein. Mochte
er die päpstlichen Concessionen in seinem Sinne interpretiren, ihre Fassung
bot immer noch genug Spielraum, daß durch eine andere Auslegung gerade
der entgegengesetzte Sinn hineingebracht werden konnte. Irgend welche ob¬
jective, deutliche und zweifellose Sicherheit sür die preußische Negierung hatte
Bunsen's diplomatische Kunst nicht eingebracht. Gewiß, bon-z, nao hatte er
eine solche erlangt zu haben behauptet und geglaubt. Sein lebhaftes Tem¬
perament hatte ihn zur Annahme verleitet, daß das, was er wünschte, schon
objective Thatsache geworden wäre. Der Optimismus des preußischen Unter¬
händlers war gerade in Rom am wenigsten gerechtfertigt. Eine Zeit lang
ging es leidlich, weil die deutschen Kirchenleiter milde Persönlichkeiten waren
und dem Jesuitismus ihrerseits nicht Vorschub leisteten. Aber wie wenig im
Grunde erreicht worden war, das zeigte sich sofort nach dem Tode des Cölner
Erzbischofs Spiegel, desjenigen Kirchenfürsten, dem es um Versöhnung der
Gegensätze wirklich Ernst gewesen war. Freilich, an der Erhebung Droste's
trägt Bunsen, soweit wir sehen, keine Mitschuld; im Gegentheil, auf das
peinlichste hatte dieser selbstmörderische Act der preußischen Krone auch ihn
berührt. Erst in den Wirren, welche dieser Fanatiker Hervorries, reisten die
wahren Früchte der sogenannten Bunsen'schen Errungenschaften. Die schwan¬
kenden zweideutigen Aeußerungen der Curie zerflossen jetzt in nichts und die
Schroffheit der alten clericalen Prätensionen trat aus dem Nebel der schein¬
baren Nachgiebigkeit allzu deutlich hervor.
Was war zu thun? Bunsen wurde 1837 zur Beilegung des Conflictes
nach Deutschland berufen; er sollte in neuen Verhandlungen sein Heil ver¬
suchen. Galt er doch, und zwar mit Recht, als ein sachverständiger Beur¬
theiler der in Frage stehenden Rechtsverhältnisse, als ein gemäßigter, im
Ganzen richtig denkender Theoretiker. Seine Schwäche war nicht die theo¬
retische Einsicht, wohl aber der practische Optimismus, den irgend eine Freund¬
lichkeit oder beschwichtigende Phrase des Gegners irre leiten konnte. Und in
ein sehr fatales Dilemma hat er damals seinen Staat hineingesteuert, aus
dem ohne Schädigung kaum wieder herauszukommen war. Wir schildern hier
nicht die oft erzählten Vorgänge selbst. In der Krisis des Herbstes 1837
verlor Bunsen völlig das Gleichgewicht: von einem Extrem fiel er ins andere.
Die letzte Aussöhnung mit dem Erzbischof von Cöln, welche Bunsen versuchte,
führte zu offenem Bruche. Der gefühlsselige Schwärmer erscheint dem starren
Fanatiker gegenüber unfreiwillig in halb komischer Beleuchtung. Nach der
offenen Verhöhnung der preußischen Regierung war man in sehr peinlicher
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