Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band."Ja, und warum nicht?" "Nun, weil er einen Theil des Abends bei mir zugebracht hat." "Das ist unmöglich." "Das ist so möglich, daß Bixio selbst mit Entrüstung von Deinen Durand fühlte, wie ihm der Kopf wirbelte, er fragte sich, ob er verrückt Das schlimmste von der Sache aber war, daß trotz aller Vorstellungen Der arme Villemot starb zu Anfang der Belagerung von Paris an Der grenzen- und rücksichtslose Leichtsinn der literarischen Welt von Paris, Solar und sein Mitarbeiter in der Redaction überredete die Besitzer dieser Am Sonnabend schien alles endgültig geordnet, und am nächsten Mor¬ GrenMen 1782. IV. 54
»Ja, und warum nicht?" „Nun, weil er einen Theil des Abends bei mir zugebracht hat." „Das ist unmöglich." „Das ist so möglich, daß Bixio selbst mit Entrüstung von Deinen Durand fühlte, wie ihm der Kopf wirbelte, er fragte sich, ob er verrückt Das schlimmste von der Sache aber war, daß trotz aller Vorstellungen Der arme Villemot starb zu Anfang der Belagerung von Paris an Der grenzen- und rücksichtslose Leichtsinn der literarischen Welt von Paris, Solar und sein Mitarbeiter in der Redaction überredete die Besitzer dieser Am Sonnabend schien alles endgültig geordnet, und am nächsten Mor¬ GrenMen 1782. IV. 54
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»Ja, und warum nicht?"
„Nun, weil er einen Theil des Abends bei mir zugebracht hat."
„Das ist unmöglich."
„Das ist so möglich, daß Bixio selbst mit Entrüstung von Deinen
Ausschweifungen sprach."
Durand fühlte, wie ihm der Kopf wirbelte, er fragte sich, ob er verrückt
geworden.
Das schlimmste von der Sache aber war, daß trotz aller Vorstellungen
Bixio's Madame Durand niemals ihre Meinung änderte, was zeigt, daß es
leichter ist, Unfug zu stiften, als ihn wieder gut zu machen. Selbst als sie
Wittwe geworden, glaubte sie wol, daß am Morgen nach jener verhängniß-
vollen Nacht zwischen Bixio und seinem Freunde eine Verabredung zur Besei¬
tigung ihres gerechten Verdachtes stattgefunden habe.
Der arme Villemot starb zu Anfang der Belagerung von Paris an
einem Gehirnschlag. Alle seine Freunde schrieben diesen Unfall seiner großen
Angst um das Schicksal Frankreichs und seiner Hauptstadt zu. Mit Ver¬
gnügen erfahren wir, daß seine Feder ihn pecuniär sehr günstig stellte. In
Paris wird man sich seiner wenigstens eine Generation lang als des Muster-
Tagsschriftstellers erinnern, welcher stets interessant zu sein wußte, ohne je die
Achtung zu vergessen, die er sich selbst und den Lesern schuldig war.
Der grenzen- und rücksichtslose Leichtsinn der literarischen Welt von Paris,
welche man mit dem Worte „LoKumiens" zu bezeichnen sich gewöhnt hat, ist
kaum besser beleuchtet worden, als durch die folgende Geschichte, die uns
Villemessant's Buch von Felix Solar, einem der Gründer des Blattes „Epoque"
erzählt.
Solar und sein Mitarbeiter in der Redaction überredete die Besitzer dieser
Zeitung, als Reclame für dieselbe einen riesenhaften Triumphwagen Herrichten
und denselben während des Carnevals von 1847 durch die Straßen von Paris
Paradiren zu lassen. Auf diesem Fuhrwerk wollte man eine Anzahl von Flei¬
scherburschen, Lehrjungen und ähnlichen Leuten gruppiren, welche so heraus¬
geputzt wären, daß sie die Charaktere in den „Söhnen des Teufels", einer
Novelle Paul Feval's, darstellt, welche in dem Blatte erscheinen und mit
dieser Gruppe dem Publikum annoncirt werden sollte. Einige andere
sollten neben ihnen die verschiedenen Berufsklassen repräsentiren, welche
vom Bücher- und Zeitungsdruck leben. Einige schüchterne Seelen wendeten
gegen den Gedanken die ungeheuren Auslagen ein, die seine Verwirklichung
kosten würde. Aber ihre Einwürfe wurden überstimmt und die Ausführung
des Plans beschlossen.
Am Sonnabend schien alles endgültig geordnet, und am nächsten Mor¬
gen sollte der Triumphwagen seine Rundfahrten über die Straßen und Plätze
GrenMen 1782. IV. 54
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