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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Es war unbestritten ein außergewöhnliches Ereigniß, das in allen Schichten
der Bevölkerung eine Erregung hervorbrachte, woran die Neugier auch
ihren guten Theil hatte. Das geht schon daraus hervor, daß der "Präsident"
auch das Seine zum würdigen Empfang der fürstlichen Gäste thut, indem er
den Wachen der Garnison die nöthigen Jnstructionen zukommen und deren
Hautboisten beim Tafeln aufspielen läßt. Das Tagebuch lautet:

Nachdem wir durch unseren Correspondenten in Jever Nachricht eingezo¬
gen, daß Ihre hochfürstliche Durchlaucht von Anhalt Zerbst nebst Dero Hof¬
staat gewiß den 31. August von dannen aufbrechen würden, machten wir in
unserem Garten allerhand Anstalten, um Seine hochfürstliche Durchlaucht,
unsere gnädigste Herrschaft, gebührend zu empfangen.*)

Acht Tage vor Ihrer Abreise sandten Sie Ihren Fourier voraus, wel¬
cher die Pferde, Essen und Nachtlager bestellen mußte. Als selber in Bremen
zu uns kam und nochmals vernahm, daß wir resolviret, Ihre hochfürstliche
Durchlaucht und Dero Hofstaat zu tractiren, so ging er weiter fort, nachdem
wir ihn im Weinkeller mit rheinischem Wein zur Genüge, und so viel er
fassen könnte, tractiret. Wir bestellten inzwischen das Vorspann und ließen
durch unseren Landsmann Duden so gut wir konnten gegen den 1. Septem¬
ber eine Mahlzeit anrichten und besorgeten auch, daß wir einen guten Trunk
aus der Rose bekamen.

Ich ritt nebst Herrn Oheim von Post und Anton Ihrer hochfürstlichen
Durchlaucht entgegen, empfinge Sie nicht weit hinterm Wartthurm und be¬
gleitete Sie darauf oder ritt vielmehr vor der Kutsche her. Zum Wartthurm
wurde auf Ordre des Präsidenten das Gewehr vor Ihrer hochfürstlichen Durch¬
laucht und die anderen beiden Kutschen, worin Ihre Durchlauchten der Erb¬
prinz und Fürst Johann Adolph saßen, präsentiret und eben so auch im
hohen Thor, wobei die Trommel gerühret wurde.

Wie nun Ihre hochfürstliche Durchlaucht vor dem Garten anlangten und
Mr. Papa eben noch in der Stadt war. so sprungen wir geschwind vom
Pferde und empfingen Sie nochmalen. Die anderen Bedienten kamen nach-
gehends allgemächlich nach und der Herr Präsident schickte 10 Grenadiers, die
vor dem Garten und dem Logement aufwarten mußten. Die Hautboisten
von der Garnison kamen auf unsere Ordre nachgehends auch und ließen sich
brav hören.

Als Papa noch in der Stadt war, hörete er, daß Ihre hochfürstliche
Durchlaucht schon da wären und eilte daher geschwinde heraus, Sie und Die-



') Das Jahr ist im Reisejournal nicht besonders aufgezeichnet, es ist aber jedenfalls das
von 170V.

Es war unbestritten ein außergewöhnliches Ereigniß, das in allen Schichten
der Bevölkerung eine Erregung hervorbrachte, woran die Neugier auch
ihren guten Theil hatte. Das geht schon daraus hervor, daß der „Präsident"
auch das Seine zum würdigen Empfang der fürstlichen Gäste thut, indem er
den Wachen der Garnison die nöthigen Jnstructionen zukommen und deren
Hautboisten beim Tafeln aufspielen läßt. Das Tagebuch lautet:

Nachdem wir durch unseren Correspondenten in Jever Nachricht eingezo¬
gen, daß Ihre hochfürstliche Durchlaucht von Anhalt Zerbst nebst Dero Hof¬
staat gewiß den 31. August von dannen aufbrechen würden, machten wir in
unserem Garten allerhand Anstalten, um Seine hochfürstliche Durchlaucht,
unsere gnädigste Herrschaft, gebührend zu empfangen.*)

Acht Tage vor Ihrer Abreise sandten Sie Ihren Fourier voraus, wel¬
cher die Pferde, Essen und Nachtlager bestellen mußte. Als selber in Bremen
zu uns kam und nochmals vernahm, daß wir resolviret, Ihre hochfürstliche
Durchlaucht und Dero Hofstaat zu tractiren, so ging er weiter fort, nachdem
wir ihn im Weinkeller mit rheinischem Wein zur Genüge, und so viel er
fassen könnte, tractiret. Wir bestellten inzwischen das Vorspann und ließen
durch unseren Landsmann Duden so gut wir konnten gegen den 1. Septem¬
ber eine Mahlzeit anrichten und besorgeten auch, daß wir einen guten Trunk
aus der Rose bekamen.

Ich ritt nebst Herrn Oheim von Post und Anton Ihrer hochfürstlichen
Durchlaucht entgegen, empfinge Sie nicht weit hinterm Wartthurm und be¬
gleitete Sie darauf oder ritt vielmehr vor der Kutsche her. Zum Wartthurm
wurde auf Ordre des Präsidenten das Gewehr vor Ihrer hochfürstlichen Durch¬
laucht und die anderen beiden Kutschen, worin Ihre Durchlauchten der Erb¬
prinz und Fürst Johann Adolph saßen, präsentiret und eben so auch im
hohen Thor, wobei die Trommel gerühret wurde.

Wie nun Ihre hochfürstliche Durchlaucht vor dem Garten anlangten und
Mr. Papa eben noch in der Stadt war. so sprungen wir geschwind vom
Pferde und empfingen Sie nochmalen. Die anderen Bedienten kamen nach-
gehends allgemächlich nach und der Herr Präsident schickte 10 Grenadiers, die
vor dem Garten und dem Logement aufwarten mußten. Die Hautboisten
von der Garnison kamen auf unsere Ordre nachgehends auch und ließen sich
brav hören.

Als Papa noch in der Stadt war, hörete er, daß Ihre hochfürstliche
Durchlaucht schon da wären und eilte daher geschwinde heraus, Sie und Die-



') Das Jahr ist im Reisejournal nicht besonders aufgezeichnet, es ist aber jedenfalls das
von 170V.
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[0352] Es war unbestritten ein außergewöhnliches Ereigniß, das in allen Schichten der Bevölkerung eine Erregung hervorbrachte, woran die Neugier auch ihren guten Theil hatte. Das geht schon daraus hervor, daß der „Präsident" auch das Seine zum würdigen Empfang der fürstlichen Gäste thut, indem er den Wachen der Garnison die nöthigen Jnstructionen zukommen und deren Hautboisten beim Tafeln aufspielen läßt. Das Tagebuch lautet: Nachdem wir durch unseren Correspondenten in Jever Nachricht eingezo¬ gen, daß Ihre hochfürstliche Durchlaucht von Anhalt Zerbst nebst Dero Hof¬ staat gewiß den 31. August von dannen aufbrechen würden, machten wir in unserem Garten allerhand Anstalten, um Seine hochfürstliche Durchlaucht, unsere gnädigste Herrschaft, gebührend zu empfangen.*) Acht Tage vor Ihrer Abreise sandten Sie Ihren Fourier voraus, wel¬ cher die Pferde, Essen und Nachtlager bestellen mußte. Als selber in Bremen zu uns kam und nochmals vernahm, daß wir resolviret, Ihre hochfürstliche Durchlaucht und Dero Hofstaat zu tractiren, so ging er weiter fort, nachdem wir ihn im Weinkeller mit rheinischem Wein zur Genüge, und so viel er fassen könnte, tractiret. Wir bestellten inzwischen das Vorspann und ließen durch unseren Landsmann Duden so gut wir konnten gegen den 1. Septem¬ ber eine Mahlzeit anrichten und besorgeten auch, daß wir einen guten Trunk aus der Rose bekamen. Ich ritt nebst Herrn Oheim von Post und Anton Ihrer hochfürstlichen Durchlaucht entgegen, empfinge Sie nicht weit hinterm Wartthurm und be¬ gleitete Sie darauf oder ritt vielmehr vor der Kutsche her. Zum Wartthurm wurde auf Ordre des Präsidenten das Gewehr vor Ihrer hochfürstlichen Durch¬ laucht und die anderen beiden Kutschen, worin Ihre Durchlauchten der Erb¬ prinz und Fürst Johann Adolph saßen, präsentiret und eben so auch im hohen Thor, wobei die Trommel gerühret wurde. Wie nun Ihre hochfürstliche Durchlaucht vor dem Garten anlangten und Mr. Papa eben noch in der Stadt war. so sprungen wir geschwind vom Pferde und empfingen Sie nochmalen. Die anderen Bedienten kamen nach- gehends allgemächlich nach und der Herr Präsident schickte 10 Grenadiers, die vor dem Garten und dem Logement aufwarten mußten. Die Hautboisten von der Garnison kamen auf unsere Ordre nachgehends auch und ließen sich brav hören. Als Papa noch in der Stadt war, hörete er, daß Ihre hochfürstliche Durchlaucht schon da wären und eilte daher geschwinde heraus, Sie und Die- ') Das Jahr ist im Reisejournal nicht besonders aufgezeichnet, es ist aber jedenfalls das von 170V.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/352>, abgerufen am 29.06.2024.