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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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ihren einzigen Rückhalt gegen alle feindseligen Mächte der Zeit besäßen. End¬
lich aber sah sich doch die Staatsgewalt in Preußen den immer frecheren Pro-
vocationen und Insulten des Ultramontanismus gegenüber genöthigt, das be¬
stehende gesetzliche Recht zu schützen. Dieß führte zu den bekannten Conflicten
mit den beiden Häuptern der katholischen Kirche des Staates, den Erzbischöfen
Droste-Vischering von Köln und Dum von Posen, während der dritte oberste
Kirchenfürst, der nur den Titel eines Bischofs aber das Amt eines Erzbischofs
besitzt, der von Breslau, eben Sedlnitzky, auf Seite der Regierung d. h. des
Rechtes und Gesetzes der Kirche und des Staates, verharrte. Die Regierung
war aber wie bekannt nicht im Stande, ihrem einmal genommenen Anlauf
treu zu bleiben, und so erlag denn dieser Mann endlich den wüthenden An¬
griffen der Feinde. Damit war überhaupt die nächste Zukunft der preußischen
und deutschen Kirche den Händen der Jesuiten überliefert und man sieht erst
jetzt an entscheidender Stelle ein, welche entsetzliche Versäumnisse durch ein ganzes
Menschenalter und länger begangen worden sind.

Sedlnitzky ist der letzte Bischof in Deutschland gewesen, dem man das
Ehrenprädicateines d eutsch en Patrioten geben kann. Alleseine Amtsbruder
bis zu dieser Stunde mußten wir leider in die vorderste Reihe der Feinde
alles deutschen Wesens und der heiligsten Interessen und Rechte der eigenen
Nation zählen. Ein solcher Zustand ist auf die Dauer unhaltbar und es
kann uns wenigstens einigen Trost einflößen, daß sich die Augen allmählich
überall dafür zu öffnen beginnen, nachdem man sie mit sträflicher Fahrlässig¬
keit und oft geflissentlich so lange dagegen verschloß. Man erkennt jetzt all¬
gemein, daß überall, wo es ein national-deutsches Interesse zu schädigen gilt,
der jesuitisch gedrillte und gefärbte katholische Clerus dieser Zeit nicht bloß
mit thätig und mit schuldig ist, sondern an der Spitze der antideutschen Pro¬
paganda steht. Er conspirirt mit den Polen und Tschechen, Slovenen und
Hamaker und wie die andern liebenswürdigen "Zukunftsnationalitäten" des
barbarischen Ostens heißen mögen, nicht bloß um das Weiterfortschreiten der
deutschen Cultur zu Paralysiren, sondern auch um die schon alt gegründeten Co-
lonien derselben zu vernichten. Er erfindet sogar neue derartige Nationali¬
täten und hetzt sie gegen das Volk, dem er dem Blute nach angehört. Er
ist es, der in Tirol das Wälschthum durch rohe Gewalt einschleppe, bloß weil
ihm das Deutschthum tödtlich verhaßt ist. der jetzt in den neuen Neichslanden
für Frankreich wühlt, der überhaupt sich täglich drohender als Handhabe der
künftigen großen "Revanche" organisirt, aber ebenso gut auch mit den Inter¬
nationalen und anderen Blutrothen, wie mit den Welsen und andern Pech¬
schwarzer in cynischer Offenheit sich alliirt, weil er es gar nicht mehr für
nöthig hält, den Schleier der geheimen Konspiration vorzunehmen.

Dem gegenüber vollzieht sich in seinen Hauptumrissen schon erkennbar ein


Grenzvoten III. 1872. 37

ihren einzigen Rückhalt gegen alle feindseligen Mächte der Zeit besäßen. End¬
lich aber sah sich doch die Staatsgewalt in Preußen den immer frecheren Pro-
vocationen und Insulten des Ultramontanismus gegenüber genöthigt, das be¬
stehende gesetzliche Recht zu schützen. Dieß führte zu den bekannten Conflicten
mit den beiden Häuptern der katholischen Kirche des Staates, den Erzbischöfen
Droste-Vischering von Köln und Dum von Posen, während der dritte oberste
Kirchenfürst, der nur den Titel eines Bischofs aber das Amt eines Erzbischofs
besitzt, der von Breslau, eben Sedlnitzky, auf Seite der Regierung d. h. des
Rechtes und Gesetzes der Kirche und des Staates, verharrte. Die Regierung
war aber wie bekannt nicht im Stande, ihrem einmal genommenen Anlauf
treu zu bleiben, und so erlag denn dieser Mann endlich den wüthenden An¬
griffen der Feinde. Damit war überhaupt die nächste Zukunft der preußischen
und deutschen Kirche den Händen der Jesuiten überliefert und man sieht erst
jetzt an entscheidender Stelle ein, welche entsetzliche Versäumnisse durch ein ganzes
Menschenalter und länger begangen worden sind.

Sedlnitzky ist der letzte Bischof in Deutschland gewesen, dem man das
Ehrenprädicateines d eutsch en Patrioten geben kann. Alleseine Amtsbruder
bis zu dieser Stunde mußten wir leider in die vorderste Reihe der Feinde
alles deutschen Wesens und der heiligsten Interessen und Rechte der eigenen
Nation zählen. Ein solcher Zustand ist auf die Dauer unhaltbar und es
kann uns wenigstens einigen Trost einflößen, daß sich die Augen allmählich
überall dafür zu öffnen beginnen, nachdem man sie mit sträflicher Fahrlässig¬
keit und oft geflissentlich so lange dagegen verschloß. Man erkennt jetzt all¬
gemein, daß überall, wo es ein national-deutsches Interesse zu schädigen gilt,
der jesuitisch gedrillte und gefärbte katholische Clerus dieser Zeit nicht bloß
mit thätig und mit schuldig ist, sondern an der Spitze der antideutschen Pro¬
paganda steht. Er conspirirt mit den Polen und Tschechen, Slovenen und
Hamaker und wie die andern liebenswürdigen „Zukunftsnationalitäten" des
barbarischen Ostens heißen mögen, nicht bloß um das Weiterfortschreiten der
deutschen Cultur zu Paralysiren, sondern auch um die schon alt gegründeten Co-
lonien derselben zu vernichten. Er erfindet sogar neue derartige Nationali¬
täten und hetzt sie gegen das Volk, dem er dem Blute nach angehört. Er
ist es, der in Tirol das Wälschthum durch rohe Gewalt einschleppe, bloß weil
ihm das Deutschthum tödtlich verhaßt ist. der jetzt in den neuen Neichslanden
für Frankreich wühlt, der überhaupt sich täglich drohender als Handhabe der
künftigen großen „Revanche" organisirt, aber ebenso gut auch mit den Inter¬
nationalen und anderen Blutrothen, wie mit den Welsen und andern Pech¬
schwarzer in cynischer Offenheit sich alliirt, weil er es gar nicht mehr für
nöthig hält, den Schleier der geheimen Konspiration vorzunehmen.

Dem gegenüber vollzieht sich in seinen Hauptumrissen schon erkennbar ein


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[0289] ihren einzigen Rückhalt gegen alle feindseligen Mächte der Zeit besäßen. End¬ lich aber sah sich doch die Staatsgewalt in Preußen den immer frecheren Pro- vocationen und Insulten des Ultramontanismus gegenüber genöthigt, das be¬ stehende gesetzliche Recht zu schützen. Dieß führte zu den bekannten Conflicten mit den beiden Häuptern der katholischen Kirche des Staates, den Erzbischöfen Droste-Vischering von Köln und Dum von Posen, während der dritte oberste Kirchenfürst, der nur den Titel eines Bischofs aber das Amt eines Erzbischofs besitzt, der von Breslau, eben Sedlnitzky, auf Seite der Regierung d. h. des Rechtes und Gesetzes der Kirche und des Staates, verharrte. Die Regierung war aber wie bekannt nicht im Stande, ihrem einmal genommenen Anlauf treu zu bleiben, und so erlag denn dieser Mann endlich den wüthenden An¬ griffen der Feinde. Damit war überhaupt die nächste Zukunft der preußischen und deutschen Kirche den Händen der Jesuiten überliefert und man sieht erst jetzt an entscheidender Stelle ein, welche entsetzliche Versäumnisse durch ein ganzes Menschenalter und länger begangen worden sind. Sedlnitzky ist der letzte Bischof in Deutschland gewesen, dem man das Ehrenprädicateines d eutsch en Patrioten geben kann. Alleseine Amtsbruder bis zu dieser Stunde mußten wir leider in die vorderste Reihe der Feinde alles deutschen Wesens und der heiligsten Interessen und Rechte der eigenen Nation zählen. Ein solcher Zustand ist auf die Dauer unhaltbar und es kann uns wenigstens einigen Trost einflößen, daß sich die Augen allmählich überall dafür zu öffnen beginnen, nachdem man sie mit sträflicher Fahrlässig¬ keit und oft geflissentlich so lange dagegen verschloß. Man erkennt jetzt all¬ gemein, daß überall, wo es ein national-deutsches Interesse zu schädigen gilt, der jesuitisch gedrillte und gefärbte katholische Clerus dieser Zeit nicht bloß mit thätig und mit schuldig ist, sondern an der Spitze der antideutschen Pro¬ paganda steht. Er conspirirt mit den Polen und Tschechen, Slovenen und Hamaker und wie die andern liebenswürdigen „Zukunftsnationalitäten" des barbarischen Ostens heißen mögen, nicht bloß um das Weiterfortschreiten der deutschen Cultur zu Paralysiren, sondern auch um die schon alt gegründeten Co- lonien derselben zu vernichten. Er erfindet sogar neue derartige Nationali¬ täten und hetzt sie gegen das Volk, dem er dem Blute nach angehört. Er ist es, der in Tirol das Wälschthum durch rohe Gewalt einschleppe, bloß weil ihm das Deutschthum tödtlich verhaßt ist. der jetzt in den neuen Neichslanden für Frankreich wühlt, der überhaupt sich täglich drohender als Handhabe der künftigen großen „Revanche" organisirt, aber ebenso gut auch mit den Inter¬ nationalen und anderen Blutrothen, wie mit den Welsen und andern Pech¬ schwarzer in cynischer Offenheit sich alliirt, weil er es gar nicht mehr für nöthig hält, den Schleier der geheimen Konspiration vorzunehmen. Dem gegenüber vollzieht sich in seinen Hauptumrissen schon erkennbar ein Grenzvoten III. 1872. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/289>, abgerufen am 22.07.2024.