Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.oder Vervollkommnung jener schwer betroffenen Bibliothek beizutragen. Ueber¬ Schlimmer als je eine Stadt durch die Kriegsfurie, selbst während lang¬ Da nun solche Privat-Bibliotheken nur langsam und schwer wiederherzu¬ oder Vervollkommnung jener schwer betroffenen Bibliothek beizutragen. Ueber¬ Schlimmer als je eine Stadt durch die Kriegsfurie, selbst während lang¬ Da nun solche Privat-Bibliotheken nur langsam und schwer wiederherzu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0275" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128203"/> <p xml:id="ID_929" prev="#ID_928"> oder Vervollkommnung jener schwer betroffenen Bibliothek beizutragen. Ueber¬<lb/> all wurde es als Grundsatz anerkannt, daß öffentliche Bibliotheken nicht nur<lb/> von großer nationaler, sondern universeller Bedeutung für Wissenschaft, Kunst<lb/> und Fortbildung der menschlichen Gesellschaft seien.</p><lb/> <p xml:id="ID_930"> Schlimmer als je eine Stadt durch die Kriegsfurie, selbst während lang¬<lb/> jähriger Kriege, wurde Chicago am 8. und 9. October 1871 durch das Zu¬<lb/> sammenwirken einfacher Naturkräfte heimgesucht. Mit herzlichem Danke con-<lb/> statiren wir hier die Thatsache, daß aus allen Theilen der Welt reichliche<lb/> Gaben zur Linderung der dem Brande nothwendig unmittelbar folgenden<lb/> Noth hierher flössen, und Dank jener Beihülfe und der den Bewohnern Chi¬<lb/> cagos innewohnenden Energie dürfen wir sagen, daß in materieller Beziehung<lb/> die der schrecklichen Katastrophe entsprungenen Gefahren beseitigt sind. Aber<lb/> umsomehr fühlen wir, daß an geistigen Hülfsmitteln wir einen Verlust erlitten<lb/> haben, zu dessen Ersatz beizutragen wir an Jeden appelliren möchten, der an<lb/> der Verallgemeinerung der geistigen Bildung, an der Fortbildung des mensch¬<lb/> lichen Geistes nur irgendwie Interesse nimmt. Zwar konnte Chicago nicht<lb/> eine öffentliche Bibliothek wie die von Straßburg verlieren, da wir eine solche<lb/> nie besessen; aber wir haben den Verlust von einer Anzahl kleinerer — ver¬<lb/> schiedenen Bereinen angehörenden Büchersammlungen zu beklagen. Wie viele<lb/> Privat-Sammlungen von Büchern sind außerdem ein Raub der Flammen ge¬<lb/> worden, — Sammlungen, die der Eigenthümer im Verlauf eines Menschen¬<lb/> alters mit Liebe und Fleiß, je nach Umfang seiner Mittel zusammenge¬<lb/> spart hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_931" next="#ID_932"> Da nun solche Privat-Bibliotheken nur langsam und schwer wiederherzu¬<lb/> stellen sind, und da das Bedürfniß einer allgemeinen öffentlichen Bibliothek<lb/> schon lange gefühlt wurde, so hat eine Anzahl von Bürgern sich entschlossen,<lb/> die Sache mit Ernst in Angriff zu nehmen, und unsere jetzt tagende Staats¬<lb/> gesetzgebung hat schon ein Gesetz erlassen, Kraft dessen die Stadt Chicago eine<lb/> jährliche Steuer zur Errichtung und Instandhaltung einer öffentlichen Biblio¬<lb/> thek erheben kann. Da es nun aus Gründen, die ohne Aufführung derselben<lb/> Wohl allseitig anerkannt werden, wünschenswert!) erscheint, daß in deutscher<lb/> Sprache geschriebene Werke über Kunst. Wissenschaft und Literatur einen ihrem<lb/> Werthe entsprechenden hervorragenden Platz in dieser Bibliothek einnehmen,<lb/> so hat sich ein Verein von Bürgern deutscher Zunge gebildet, dessen Zweck es<lb/> ist, sobald als möglich einen Grund zur Ausführung des oben angedeuteten<lb/> Gedankens zu legen. Als Mittel zum Ziele werden wir uns zwar auch der<lb/> Selbstbesteuerung bedienen. Größeres zu erreichen, erwarten wir jedoch durch<lb/> die thätige Beihülfe unserer Sprachgenossen im In- und Auslande und wen¬<lb/> det sich der unterzeichnete Verwaltungsrath an alle deutsche Stammgenossen<lb/> im Allgemeinen, sowie an alle öffentlichen oder Privat-Bibliotheken, Vereine,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0275]
oder Vervollkommnung jener schwer betroffenen Bibliothek beizutragen. Ueber¬
all wurde es als Grundsatz anerkannt, daß öffentliche Bibliotheken nicht nur
von großer nationaler, sondern universeller Bedeutung für Wissenschaft, Kunst
und Fortbildung der menschlichen Gesellschaft seien.
Schlimmer als je eine Stadt durch die Kriegsfurie, selbst während lang¬
jähriger Kriege, wurde Chicago am 8. und 9. October 1871 durch das Zu¬
sammenwirken einfacher Naturkräfte heimgesucht. Mit herzlichem Danke con-
statiren wir hier die Thatsache, daß aus allen Theilen der Welt reichliche
Gaben zur Linderung der dem Brande nothwendig unmittelbar folgenden
Noth hierher flössen, und Dank jener Beihülfe und der den Bewohnern Chi¬
cagos innewohnenden Energie dürfen wir sagen, daß in materieller Beziehung
die der schrecklichen Katastrophe entsprungenen Gefahren beseitigt sind. Aber
umsomehr fühlen wir, daß an geistigen Hülfsmitteln wir einen Verlust erlitten
haben, zu dessen Ersatz beizutragen wir an Jeden appelliren möchten, der an
der Verallgemeinerung der geistigen Bildung, an der Fortbildung des mensch¬
lichen Geistes nur irgendwie Interesse nimmt. Zwar konnte Chicago nicht
eine öffentliche Bibliothek wie die von Straßburg verlieren, da wir eine solche
nie besessen; aber wir haben den Verlust von einer Anzahl kleinerer — ver¬
schiedenen Bereinen angehörenden Büchersammlungen zu beklagen. Wie viele
Privat-Sammlungen von Büchern sind außerdem ein Raub der Flammen ge¬
worden, — Sammlungen, die der Eigenthümer im Verlauf eines Menschen¬
alters mit Liebe und Fleiß, je nach Umfang seiner Mittel zusammenge¬
spart hatte.
Da nun solche Privat-Bibliotheken nur langsam und schwer wiederherzu¬
stellen sind, und da das Bedürfniß einer allgemeinen öffentlichen Bibliothek
schon lange gefühlt wurde, so hat eine Anzahl von Bürgern sich entschlossen,
die Sache mit Ernst in Angriff zu nehmen, und unsere jetzt tagende Staats¬
gesetzgebung hat schon ein Gesetz erlassen, Kraft dessen die Stadt Chicago eine
jährliche Steuer zur Errichtung und Instandhaltung einer öffentlichen Biblio¬
thek erheben kann. Da es nun aus Gründen, die ohne Aufführung derselben
Wohl allseitig anerkannt werden, wünschenswert!) erscheint, daß in deutscher
Sprache geschriebene Werke über Kunst. Wissenschaft und Literatur einen ihrem
Werthe entsprechenden hervorragenden Platz in dieser Bibliothek einnehmen,
so hat sich ein Verein von Bürgern deutscher Zunge gebildet, dessen Zweck es
ist, sobald als möglich einen Grund zur Ausführung des oben angedeuteten
Gedankens zu legen. Als Mittel zum Ziele werden wir uns zwar auch der
Selbstbesteuerung bedienen. Größeres zu erreichen, erwarten wir jedoch durch
die thätige Beihülfe unserer Sprachgenossen im In- und Auslande und wen¬
det sich der unterzeichnete Verwaltungsrath an alle deutsche Stammgenossen
im Allgemeinen, sowie an alle öffentlichen oder Privat-Bibliotheken, Vereine,
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