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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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kaeetias, Lucians wahre Geschichten u. s. w. -- die früher bereits durch
mündliche Mittheilung weit bekannten Jagdgeschichten und sonstigen Schnurren
des Freiherrn Hieronymus von Münchhausen gegeben haben. Ebenso un¬
zweifelhaft ist von Ellissen dargethan, und übrigens von Bürger in seinem
Borwort zur deutschen Ausgabe selbst bestätigt, daß Raspe seine Arbeit zuerst
in England englisch drucken ließ, und daß sie dort bereits vier Auflagen erlebt
hatte, ehe Bürger sie mit wesentlichen Erweiterungen ins Deutsche zurück¬
übersetzte und anonym unter dem fingirten Druckort London mit nicht minder
günstigem Erfolge in die deutsche Leserwelt einführte. Daß Raspe's Buch
zuerst englisch und vor der deutschen Bearbeitung erschien, geht unwiderleglich
hervor aus der im Lritieal Reviev von 1785 vol. 60 vag. 479 enthaltenen
Anzeige einer schon damals, also notorisch ein Jahr vor der ersten Aus¬
gabe der Bürger'schen Uebersetzung erschienenen Ausgabe von: "Lg,r<in NüricK-
dsuseu's narrative ok bis marvellous travels an6 oamvsigns in Russig." --
also vermuthlich noch ohne die Seeabenteuer. (Ellissen, X. Ausgabe, Vorbe¬
merkung S. XIV.)

Dafür aber, daß Raspe und nicht Bürger der Verfasser der ersten Aus¬
gabe dieser Reisen und Abenteuer ist, und Bürger sie nur übersetzte, hiefür
steht Ellissen (S. XIII. ebda) das klassische Zeugniß des als Dichter und erster
Herausgeber von Bürger's Werken bekannten Karl von Reinhard zur Seite,
in einer von diesem im Novemberheft des "Gesellschafters" von 1824 S. 9?-7
veröffentlichten Berichtigung gegen eine Angabe im "Münden'schen Sonntags¬
blatte". Hier erklärt Reinhard auf das Bündigste, daß Raspe "nach seiner
Flucht aus Cassel" die Sammlung von Münchhausen's Reisen "in England
herausgab, wo sie großen Beifall fand und wiederholt aufgelegt wurde".
Bürger sie aber nur übersetzte. Mit Recht bemerkt Ellissen, daß bei Reinhard,
der als vertrauter Freund Bürger's von dem mit so positiver Gewißheit und
mit dem Anspruch einer Berichtigung von ihm bezeichneten Sachverhalt
auf das Bestimmteste unterrichtet sein konnte und daß bei ihm (30 Jahre nach
Bürger's Tode) kein Motiv anzunehmen sei, aus welchem er ihn unrichtig hätte
angeben sollen.

D <?- amit betrachten auch wir die Acten in der Sache geschlossen.




Die Kassier-LMdition.
Eine nordamerikanische Erforschung der Meerestiefen.

Man sagt in Europa nicht ganz mit Unrecht von uns Nordamerikanern,
daß wir bei allem politischen Treiben, bei dem Streben nach materiellem
Gewinne und bei unsrer ungeheuren Colonisationsarbeit in den Künsten
und Wissenschaften gegenüber der alten Welt zurückgeblieben seien. Wir haben
keine großen Maler oder Tonkünstler, keine bahnbrechenden Geister auf dem
Gebiete der Medizin, Linguistik. Jurisprudenz und Philosophie, aber auf
einem Felde stehen unsere Gelehrten vollkommen ebenbürtig neben ihren
Collegen in Europa, wie unsre Ingenieure neben der europäischen; wir meinen
das Gebiet der Naturwissenschaften. Wer einen Blick in unsre naturwissen¬
schaftlichen Fachblätter thut, unsere Museen und Sammlungen betrachtet,
der erkennt allein schon hieraus, in welcher hohen Blüthe bei uns dieses


kaeetias, Lucians wahre Geschichten u. s. w. — die früher bereits durch
mündliche Mittheilung weit bekannten Jagdgeschichten und sonstigen Schnurren
des Freiherrn Hieronymus von Münchhausen gegeben haben. Ebenso un¬
zweifelhaft ist von Ellissen dargethan, und übrigens von Bürger in seinem
Borwort zur deutschen Ausgabe selbst bestätigt, daß Raspe seine Arbeit zuerst
in England englisch drucken ließ, und daß sie dort bereits vier Auflagen erlebt
hatte, ehe Bürger sie mit wesentlichen Erweiterungen ins Deutsche zurück¬
übersetzte und anonym unter dem fingirten Druckort London mit nicht minder
günstigem Erfolge in die deutsche Leserwelt einführte. Daß Raspe's Buch
zuerst englisch und vor der deutschen Bearbeitung erschien, geht unwiderleglich
hervor aus der im Lritieal Reviev von 1785 vol. 60 vag. 479 enthaltenen
Anzeige einer schon damals, also notorisch ein Jahr vor der ersten Aus¬
gabe der Bürger'schen Uebersetzung erschienenen Ausgabe von: „Lg,r<in NüricK-
dsuseu's narrative ok bis marvellous travels an6 oamvsigns in Russig." —
also vermuthlich noch ohne die Seeabenteuer. (Ellissen, X. Ausgabe, Vorbe¬
merkung S. XIV.)

Dafür aber, daß Raspe und nicht Bürger der Verfasser der ersten Aus¬
gabe dieser Reisen und Abenteuer ist, und Bürger sie nur übersetzte, hiefür
steht Ellissen (S. XIII. ebda) das klassische Zeugniß des als Dichter und erster
Herausgeber von Bürger's Werken bekannten Karl von Reinhard zur Seite,
in einer von diesem im Novemberheft des „Gesellschafters" von 1824 S. 9?-7
veröffentlichten Berichtigung gegen eine Angabe im „Münden'schen Sonntags¬
blatte". Hier erklärt Reinhard auf das Bündigste, daß Raspe „nach seiner
Flucht aus Cassel" die Sammlung von Münchhausen's Reisen „in England
herausgab, wo sie großen Beifall fand und wiederholt aufgelegt wurde".
Bürger sie aber nur übersetzte. Mit Recht bemerkt Ellissen, daß bei Reinhard,
der als vertrauter Freund Bürger's von dem mit so positiver Gewißheit und
mit dem Anspruch einer Berichtigung von ihm bezeichneten Sachverhalt
auf das Bestimmteste unterrichtet sein konnte und daß bei ihm (30 Jahre nach
Bürger's Tode) kein Motiv anzunehmen sei, aus welchem er ihn unrichtig hätte
angeben sollen.

D <?- amit betrachten auch wir die Acten in der Sache geschlossen.




Die Kassier-LMdition.
Eine nordamerikanische Erforschung der Meerestiefen.

Man sagt in Europa nicht ganz mit Unrecht von uns Nordamerikanern,
daß wir bei allem politischen Treiben, bei dem Streben nach materiellem
Gewinne und bei unsrer ungeheuren Colonisationsarbeit in den Künsten
und Wissenschaften gegenüber der alten Welt zurückgeblieben seien. Wir haben
keine großen Maler oder Tonkünstler, keine bahnbrechenden Geister auf dem
Gebiete der Medizin, Linguistik. Jurisprudenz und Philosophie, aber auf
einem Felde stehen unsere Gelehrten vollkommen ebenbürtig neben ihren
Collegen in Europa, wie unsre Ingenieure neben der europäischen; wir meinen
das Gebiet der Naturwissenschaften. Wer einen Blick in unsre naturwissen¬
schaftlichen Fachblätter thut, unsere Museen und Sammlungen betrachtet,
der erkennt allein schon hieraus, in welcher hohen Blüthe bei uns dieses


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/125>, abgerufen am 22.12.2024.