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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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auch in dem zwei Meilen von hier gelegenen Flecken und Casteel Ave, welches
der letzte Ort im Oldenburgischen nach Ost friesland ist.

. Von Ape ging es auf Dedem, so ein wenig besser als ein Dorf ist, denn
die Bauernhäuser find hier auf holländische Art fein aufgebauet. Bon Dedem
fähret man längs einem Deich an der Emse, welcher bei Hochwasser wohl
überzulaufen pfleget, und dem Reisenden groß Ungemach zuziehet, auf Stiek-
husen, eine ostfriesische Fortresse, welche, wenn sie wohl unterhalten würde,
und eine gute Garnison darinnen, einen Feind etwas aufhalten könnte, zumal
sie unter Wasser gesetzet werden kann. Von dannen auf Noortmoor, das
wohl eine halbe Stunde lang, aber viele arme Einwohner hat, welches daraus
leicht zu schließen, daß, wann man durch passiret, und die Kinder einen nur
ansichtig werden, so laufen sie alsbald vor den Wagen, und ehe man es sich
versiehet, so stellen sie sich auf die Köpfe und bleiben in der Positur eine
Zeit lang; hermachen laufen sie so lange neben den Wagen her, bis man sie
was giebet. Sonsten haben sie nichts gelernt.

Demnach kömmt man durch Edenburg oder Loo, welches dem alten Feld¬
marschall Graf Wedel gehöret, dessen ältester Sohn Commandant von Olden¬
burg und der jüngste Brigadier des daselbst liegenden Regiments ist. Es
lieget sehr lustig auf einem höheren Grund als das andere Land, so daß es
ziemlich weit gesehen werden kann. Von Loo kömmt man endlich nach Lier,
welches nur eine Meile von Dedem entfernt liegen soll, allein man bringet
gute drei Stunden darauf zu, wie auch vn Asneral die ostfriesischen Meilen
mit der Brabanter Elle gemessen sind. Lier ist mehr einer Stadt ähnlich
als Flecken, wegen der Größe und vieler Einwohner. Es ist ein sehr nahr¬
hafter Ort, weswegen man auch allhier von allerhand Religionen Menschen
siehet. Die Leute kommen in der Redlichkeit und Oertlichkeit mit den Holländern
viel überein. Es sind zwei gute Wirthshäuser hier, eines der Prinz, woselbst
ein lustiger Hospes, der aber wohl zu multipliciren weiß. Das Bier, das
allhier gedräuet wird, gehet wohl an, und mag man sich wohl davon zu
weiterer Reise verproviantiren.

Von Lier kann man zu Wagen und bei gutem Wind zu Schiff kommen.
Wir nahmen einen Wagen und kamen an die Noorder-Schanz, Diese lieget
an einem bequemen Ort, die Ems zu commandiren. Sie gehöret zwar dem
Fürst von Ostfriesland zu, allein die Holländer haben einen Commandanten
und Soldaten darauf und Wälle und Häuser noch so ziemlich erhalten; aber
das Schloß verfällt sehr. Nicht weit von der Schanz läßt man sich mit Pferd
und Wagen in einem großen Prahu über die Ems setzen. Alsdann gehet
man nach Weilern. einem artigen Flecken und von da bis Boude, welches der
letzte Ort im Ostfriesischen ist. Von da nach Neuschanz oder Langacker, ist
der erste holländische Ort in der Provinz Groningen. Allhier muß man seine


auch in dem zwei Meilen von hier gelegenen Flecken und Casteel Ave, welches
der letzte Ort im Oldenburgischen nach Ost friesland ist.

. Von Ape ging es auf Dedem, so ein wenig besser als ein Dorf ist, denn
die Bauernhäuser find hier auf holländische Art fein aufgebauet. Bon Dedem
fähret man längs einem Deich an der Emse, welcher bei Hochwasser wohl
überzulaufen pfleget, und dem Reisenden groß Ungemach zuziehet, auf Stiek-
husen, eine ostfriesische Fortresse, welche, wenn sie wohl unterhalten würde,
und eine gute Garnison darinnen, einen Feind etwas aufhalten könnte, zumal
sie unter Wasser gesetzet werden kann. Von dannen auf Noortmoor, das
wohl eine halbe Stunde lang, aber viele arme Einwohner hat, welches daraus
leicht zu schließen, daß, wann man durch passiret, und die Kinder einen nur
ansichtig werden, so laufen sie alsbald vor den Wagen, und ehe man es sich
versiehet, so stellen sie sich auf die Köpfe und bleiben in der Positur eine
Zeit lang; hermachen laufen sie so lange neben den Wagen her, bis man sie
was giebet. Sonsten haben sie nichts gelernt.

Demnach kömmt man durch Edenburg oder Loo, welches dem alten Feld¬
marschall Graf Wedel gehöret, dessen ältester Sohn Commandant von Olden¬
burg und der jüngste Brigadier des daselbst liegenden Regiments ist. Es
lieget sehr lustig auf einem höheren Grund als das andere Land, so daß es
ziemlich weit gesehen werden kann. Von Loo kömmt man endlich nach Lier,
welches nur eine Meile von Dedem entfernt liegen soll, allein man bringet
gute drei Stunden darauf zu, wie auch vn Asneral die ostfriesischen Meilen
mit der Brabanter Elle gemessen sind. Lier ist mehr einer Stadt ähnlich
als Flecken, wegen der Größe und vieler Einwohner. Es ist ein sehr nahr¬
hafter Ort, weswegen man auch allhier von allerhand Religionen Menschen
siehet. Die Leute kommen in der Redlichkeit und Oertlichkeit mit den Holländern
viel überein. Es sind zwei gute Wirthshäuser hier, eines der Prinz, woselbst
ein lustiger Hospes, der aber wohl zu multipliciren weiß. Das Bier, das
allhier gedräuet wird, gehet wohl an, und mag man sich wohl davon zu
weiterer Reise verproviantiren.

Von Lier kann man zu Wagen und bei gutem Wind zu Schiff kommen.
Wir nahmen einen Wagen und kamen an die Noorder-Schanz, Diese lieget
an einem bequemen Ort, die Ems zu commandiren. Sie gehöret zwar dem
Fürst von Ostfriesland zu, allein die Holländer haben einen Commandanten
und Soldaten darauf und Wälle und Häuser noch so ziemlich erhalten; aber
das Schloß verfällt sehr. Nicht weit von der Schanz läßt man sich mit Pferd
und Wagen in einem großen Prahu über die Ems setzen. Alsdann gehet
man nach Weilern. einem artigen Flecken und von da bis Boude, welches der
letzte Ort im Ostfriesischen ist. Von da nach Neuschanz oder Langacker, ist
der erste holländische Ort in der Provinz Groningen. Allhier muß man seine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/107>, abgerufen am 22.12.2024.