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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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besoldete Stelle eines Verwaltungs- oder Aufsichtsrathes bei finanziellen
Unternehmungen zu bekleiden -- das Alles im Vollzuge der obenerwähnten
Verordnung vom 10. März 1868. Im Landtagsabschied genehmigt der
König diese Bitte und weist sein Ministerium an, dieselbe zum Maßstab des
künftigen Verfahrens zu machen.

Auch der Antrag Volk's auf Revision des obersten Rechnungshofs drohte
an Differenzen der beiden Häuser zu scheitern; allein hier war der Antrag¬
steller der nachgebende Theil, um das Princip nicht zu opfern. Durch Ge-
sammtbeschluß ward an den König die Bitte gestellt, er möge dem nächsten
Landtage einen Gesetzentwurf unterbreiten lassen, welcher den obersten Rech¬
nungshof als eine vom Ministerium unabhängige Behörde umbildet; der¬
selben solle obliegen, die Controle über den Staatshaushalt zu üben und
den Kammern Bericht über die Einhaltung der Etats zu erstatten. Zugleich
sollte damit die Frage bezüglich der Übertragungen (sog. virewents) geregelt
werden. Der König sicherte im Landtagsabschied diese Vorlage zu.

Die Zahl der Wünsche und Anträge, die dem Budget angeschlossen
wurden, betrug nahezu vierzig. Die Erfüllung, die ihnen zu Theil ward, ist
entweder eine unbedingte oder sie läßt wenigstens eine theilweise Gewährung
erkennen; nur in wenigen Fällen verhüllt ein diplomatischer Ausdruck die
eigentliche Abweisung.

Ehe wir indessen dies Capitel der Wünsche schließen, verdient noch ein
Curiosum hervorgehoben zu werden, das in der ersten Kammer Herr von
Schrenk (der letzte Bundestagsgesandte) zum Besten gab. Dessen hoher
"Wunsch" nämlich ging dahin, daß der abgethane Initiativantrag von Barth
und Schüttinger nun abermals in dieser milderen Form dem Budget ange¬
fügt werde. Doch ward dieser Versuch bereits vom Ausschusse abgelehnt und
Herr von Schrenk blieb mit seiner Vorliebe für die Todten allein.

Faßt man das Gescnnmtresultat der Session zusammen, die nun vom
December bis Mai gewährt hat, so kann man wenigstens sagen "Gut Ding
braucht Weil'." Denn gut hat sich die Situation in der That und nach
jeder Richtung hin gestaltet, besser, als auch die besten Augen zu Anfang es
voraussehen konnten.

Der" nationalen Sache sind reiche Mittel zur Verfügung gestellt und der
inneren geistigen Entwickelung des Landes, die ja mittelbar an dasselbe Ziel
führt, nicht minder. Der Terrorismus der klerikalen Majorität ist gebrochen
und wenn damit einzelne höchst werthvolle Stimmen offen auf die liberale
Seite traten, fo sahen jene, die drüben stehen blieben, zum wenigsten ein, daß
bei solcher Sachlage der Abschluß von Compromissen und nicht die Dictatur
der Rechten am Platze sei. Nach dieser Norm wurde denn auch im letzten
Theile c-er Session gehandelt, denn wenige Tactlosigkeiten ausgenommen, war


besoldete Stelle eines Verwaltungs- oder Aufsichtsrathes bei finanziellen
Unternehmungen zu bekleiden — das Alles im Vollzuge der obenerwähnten
Verordnung vom 10. März 1868. Im Landtagsabschied genehmigt der
König diese Bitte und weist sein Ministerium an, dieselbe zum Maßstab des
künftigen Verfahrens zu machen.

Auch der Antrag Volk's auf Revision des obersten Rechnungshofs drohte
an Differenzen der beiden Häuser zu scheitern; allein hier war der Antrag¬
steller der nachgebende Theil, um das Princip nicht zu opfern. Durch Ge-
sammtbeschluß ward an den König die Bitte gestellt, er möge dem nächsten
Landtage einen Gesetzentwurf unterbreiten lassen, welcher den obersten Rech¬
nungshof als eine vom Ministerium unabhängige Behörde umbildet; der¬
selben solle obliegen, die Controle über den Staatshaushalt zu üben und
den Kammern Bericht über die Einhaltung der Etats zu erstatten. Zugleich
sollte damit die Frage bezüglich der Übertragungen (sog. virewents) geregelt
werden. Der König sicherte im Landtagsabschied diese Vorlage zu.

Die Zahl der Wünsche und Anträge, die dem Budget angeschlossen
wurden, betrug nahezu vierzig. Die Erfüllung, die ihnen zu Theil ward, ist
entweder eine unbedingte oder sie läßt wenigstens eine theilweise Gewährung
erkennen; nur in wenigen Fällen verhüllt ein diplomatischer Ausdruck die
eigentliche Abweisung.

Ehe wir indessen dies Capitel der Wünsche schließen, verdient noch ein
Curiosum hervorgehoben zu werden, das in der ersten Kammer Herr von
Schrenk (der letzte Bundestagsgesandte) zum Besten gab. Dessen hoher
„Wunsch" nämlich ging dahin, daß der abgethane Initiativantrag von Barth
und Schüttinger nun abermals in dieser milderen Form dem Budget ange¬
fügt werde. Doch ward dieser Versuch bereits vom Ausschusse abgelehnt und
Herr von Schrenk blieb mit seiner Vorliebe für die Todten allein.

Faßt man das Gescnnmtresultat der Session zusammen, die nun vom
December bis Mai gewährt hat, so kann man wenigstens sagen „Gut Ding
braucht Weil'." Denn gut hat sich die Situation in der That und nach
jeder Richtung hin gestaltet, besser, als auch die besten Augen zu Anfang es
voraussehen konnten.

Der" nationalen Sache sind reiche Mittel zur Verfügung gestellt und der
inneren geistigen Entwickelung des Landes, die ja mittelbar an dasselbe Ziel
führt, nicht minder. Der Terrorismus der klerikalen Majorität ist gebrochen
und wenn damit einzelne höchst werthvolle Stimmen offen auf die liberale
Seite traten, fo sahen jene, die drüben stehen blieben, zum wenigsten ein, daß
bei solcher Sachlage der Abschluß von Compromissen und nicht die Dictatur
der Rechten am Platze sei. Nach dieser Norm wurde denn auch im letzten
Theile c-er Session gehandelt, denn wenige Tactlosigkeiten ausgenommen, war


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/277>, abgerufen am 22.12.2024.