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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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Zeit auch mit Nußland und Amerika, nicht concurriren konnte. Durch diesen
Mangel an Geld, oft freilich auch des wahren Interesses für die Ehre des
gemeinsamen Vaterlandes ist auch das Ansehen der deutschen Arbeit im Aus¬
lande vielfach wesentlich verringert. Manches deutsche Werk gilt dort jetzt
als italienische oder französische Arbeit.' In Folge der geringen Achtung des
Deutschen vor seinen Eigenthümlichkeiten und seiner Arbeit und der ärmlichen
Verhältnisse haben die Deutschen im Ganzen und Einzelnen viel leiden
müssen.

Seit den neuesten Erfolgen der deutschen Waffen und der deutschen
Staatskunst ist nun Vieles besser geworden. Die bis dahin unter sich un¬
einigen Deutschen sind eine einige und große Nation geworden, welche nun
im Auslande des besten Ansehens sich erfreut. Auch die Geldverhältnisse sind
bei Weitem günstiger geworden. Die Staaten sowohl wie die Einzelnen kön¬
nen über die nöthigen Mittel verfügen, um auch die größesten Aufgaben der
Wissenschaft zu lösen.

Doch sind diese Verhältnisse noch zu neu, als daß man sich derselben in
allen Kreisen bewußt wäre, und sich die Ueberzeugung verschafft hätte, daß
man gewisse Dinge dem Auslande unter keiner Bedingung überlassen darf.
Einige kunstsinnige Bürger Amerikas, das South-Kensington Museum und
das British Museum zu London sind uns noch immer gefährliche Concurren-
ten. Bei den fast unumschränkten Mitteln, über welche sie zu gebieten haben,
gelingt es den Agenten derselben leider noch oft genug, die hervorragendsten
Werke deutscher Kunst und deutschen Kunsthandwerks, welche für die Geschichte
der deutschen Cultur meist von höchstem Werthe sind, zu erwerben, weil die
meisten deutschen Museen und Bibliotheken der Art, besonders auch das ger¬
manische Nationalmuseum zu Nürnberg, ohne das nur ausnahmsweise Da¬
zwischentreten fürstlicher Personen oder begüterter Privatleute, auf solche für
sie sehr begehrenswerthe und für ihre Zwecke oft dringend nothwendige
Denkmäler verzichten müssen.

Seitdem wir ein neu erstandenes einiges deutsches Reich besitzen, tritt
jetzt, so viel bekannt, zum ersten Male der Fall ein, daß eine in ihrer
Art einzig dastehende Sammlung zum Verkauf ausgeboten wird, welche an¬
ständiger Weise nicht ins Ausland gehen darf.

Es ist dies die allen Archäologen wohlbekannte Sammlung frühester Er¬
zeugnisse der Druckerkunst, welche der Verlagsbuchhändler T. O. Weigel in
Leipzig im Verlaufe von mehr als dreißig Jahren zusammengebracht, und im
Verein mit Dr. Zestermann in seinem großen, vor wenigen Jahren erschiene¬
nen zweibändigen Prachtwerke: "Die Anfänge der Druckerkunst in Bild und
Schrift" (Preis 84 Thaler), einem Meisterwerke deutscher Typographie, be¬
schrieben hat. Sie ist die umfangreichste und wichtigste Sammlung von


Zeit auch mit Nußland und Amerika, nicht concurriren konnte. Durch diesen
Mangel an Geld, oft freilich auch des wahren Interesses für die Ehre des
gemeinsamen Vaterlandes ist auch das Ansehen der deutschen Arbeit im Aus¬
lande vielfach wesentlich verringert. Manches deutsche Werk gilt dort jetzt
als italienische oder französische Arbeit.' In Folge der geringen Achtung des
Deutschen vor seinen Eigenthümlichkeiten und seiner Arbeit und der ärmlichen
Verhältnisse haben die Deutschen im Ganzen und Einzelnen viel leiden
müssen.

Seit den neuesten Erfolgen der deutschen Waffen und der deutschen
Staatskunst ist nun Vieles besser geworden. Die bis dahin unter sich un¬
einigen Deutschen sind eine einige und große Nation geworden, welche nun
im Auslande des besten Ansehens sich erfreut. Auch die Geldverhältnisse sind
bei Weitem günstiger geworden. Die Staaten sowohl wie die Einzelnen kön¬
nen über die nöthigen Mittel verfügen, um auch die größesten Aufgaben der
Wissenschaft zu lösen.

Doch sind diese Verhältnisse noch zu neu, als daß man sich derselben in
allen Kreisen bewußt wäre, und sich die Ueberzeugung verschafft hätte, daß
man gewisse Dinge dem Auslande unter keiner Bedingung überlassen darf.
Einige kunstsinnige Bürger Amerikas, das South-Kensington Museum und
das British Museum zu London sind uns noch immer gefährliche Concurren-
ten. Bei den fast unumschränkten Mitteln, über welche sie zu gebieten haben,
gelingt es den Agenten derselben leider noch oft genug, die hervorragendsten
Werke deutscher Kunst und deutschen Kunsthandwerks, welche für die Geschichte
der deutschen Cultur meist von höchstem Werthe sind, zu erwerben, weil die
meisten deutschen Museen und Bibliotheken der Art, besonders auch das ger¬
manische Nationalmuseum zu Nürnberg, ohne das nur ausnahmsweise Da¬
zwischentreten fürstlicher Personen oder begüterter Privatleute, auf solche für
sie sehr begehrenswerthe und für ihre Zwecke oft dringend nothwendige
Denkmäler verzichten müssen.

Seitdem wir ein neu erstandenes einiges deutsches Reich besitzen, tritt
jetzt, so viel bekannt, zum ersten Male der Fall ein, daß eine in ihrer
Art einzig dastehende Sammlung zum Verkauf ausgeboten wird, welche an¬
ständiger Weise nicht ins Ausland gehen darf.

Es ist dies die allen Archäologen wohlbekannte Sammlung frühester Er¬
zeugnisse der Druckerkunst, welche der Verlagsbuchhändler T. O. Weigel in
Leipzig im Verlaufe von mehr als dreißig Jahren zusammengebracht, und im
Verein mit Dr. Zestermann in seinem großen, vor wenigen Jahren erschiene¬
nen zweibändigen Prachtwerke: „Die Anfänge der Druckerkunst in Bild und
Schrift" (Preis 84 Thaler), einem Meisterwerke deutscher Typographie, be¬
schrieben hat. Sie ist die umfangreichste und wichtigste Sammlung von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/199>, abgerufen am 22.12.2024.