Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

von seinem Raisonnement halten, weiß der Leser. In seinen Schlußseufzer
stimmen wir ein, nur fiel es uns in den letzten Wochen aus anderen Grün¬
den schwer, zu glauben, daß es noch Gerechtigkeit in Frankreich gibt, und
Rossel's Verurtheilung war eher geeignet, diesen schwachen Glauben zu stärken,
als ihn noch mehr zu erschüttern.




Ldition Meters.

Welchem Zeitungsleser wären nicht wiederholt in den Annoncentheilen
der verschiedensten Blätter obenstehende Worte aufgefallen und welcher Zei>
tungsabonnent wäre nicht wenigstens einmal mit einer grünen oder blauen
Beilage überrascht worden, die obige Ueberschrift trug und, enggedruckt, ein
reichhaltiges Musikalienverzeichniß erkennen ließ?

Es war im Jahre 1800 als in Leipzig zwei namhafte Musiker Fr, A.
Hoffmeister und A. Kühnel unter der Firma "Luroau as Rühl^us" ein
Musikgeschäft gründeten, das sich bald zu einem achtbaren Nebenbuhler des
altberühmten Hauses "Breitkopf und Härtel" aufschwang. Die gediegenen
Musikalischen Kenntnisse und eine seltene Urtheilsfähigkeit der Gründer und
der fest ausgesprochene und durchgeführte Wille derselben, nur Gutes und
Werthvolles zu bringen, hielten das rasch aufblühende Geschäft stets in einer
gewissen künstlerischen und noblen Atmosphäre. Die Tonwerke, die im "Ku-
l'esu <le Nusioue" erschienen, waren fast durchweg von gediegenem, ja be¬
deutendem musikalischen Gehalte, etwas breit und schwerfällig in ihrer auße
ren Erscheinung, aber sehr solid, fleißig und sorgfältig hergestellt und äußerst
rorrect. Diese vortrefflichen Ausgaben, der heiße Wunsch und der Stolz aller
Sammler, die Zierde aller musikalischen Bibliotheken, hatten aber außer den
^stehend rühmlich anerkannten Besonderheiten noch eine andere weniger an¬
genehme Eigenschaft. Entsprechend dem Werthe des in ihnen Gebotenen und
Solidität und Güte ihrer Ausstattung, waren sie ziemlich kostspielig und
zahlreiche Werke aus diesem Verlage besitzen wollte, mußte viel Geld auf¬
wenden können und bedeutende Summen für seine Musikalienliebhaverei dis¬
ponibel haben. Es war für einen Componisten höchst ehrenvoll, die Mehr-


von seinem Raisonnement halten, weiß der Leser. In seinen Schlußseufzer
stimmen wir ein, nur fiel es uns in den letzten Wochen aus anderen Grün¬
den schwer, zu glauben, daß es noch Gerechtigkeit in Frankreich gibt, und
Rossel's Verurtheilung war eher geeignet, diesen schwachen Glauben zu stärken,
als ihn noch mehr zu erschüttern.




Ldition Meters.

Welchem Zeitungsleser wären nicht wiederholt in den Annoncentheilen
der verschiedensten Blätter obenstehende Worte aufgefallen und welcher Zei>
tungsabonnent wäre nicht wenigstens einmal mit einer grünen oder blauen
Beilage überrascht worden, die obige Ueberschrift trug und, enggedruckt, ein
reichhaltiges Musikalienverzeichniß erkennen ließ?

Es war im Jahre 1800 als in Leipzig zwei namhafte Musiker Fr, A.
Hoffmeister und A. Kühnel unter der Firma „Luroau as Rühl^us" ein
Musikgeschäft gründeten, das sich bald zu einem achtbaren Nebenbuhler des
altberühmten Hauses „Breitkopf und Härtel" aufschwang. Die gediegenen
Musikalischen Kenntnisse und eine seltene Urtheilsfähigkeit der Gründer und
der fest ausgesprochene und durchgeführte Wille derselben, nur Gutes und
Werthvolles zu bringen, hielten das rasch aufblühende Geschäft stets in einer
gewissen künstlerischen und noblen Atmosphäre. Die Tonwerke, die im „Ku-
l'esu <le Nusioue" erschienen, waren fast durchweg von gediegenem, ja be¬
deutendem musikalischen Gehalte, etwas breit und schwerfällig in ihrer auße
ren Erscheinung, aber sehr solid, fleißig und sorgfältig hergestellt und äußerst
rorrect. Diese vortrefflichen Ausgaben, der heiße Wunsch und der Stolz aller
Sammler, die Zierde aller musikalischen Bibliotheken, hatten aber außer den
^stehend rühmlich anerkannten Besonderheiten noch eine andere weniger an¬
genehme Eigenschaft. Entsprechend dem Werthe des in ihnen Gebotenen und
Solidität und Güte ihrer Ausstattung, waren sie ziemlich kostspielig und
zahlreiche Werke aus diesem Verlage besitzen wollte, mußte viel Geld auf¬
wenden können und bedeutende Summen für seine Musikalienliebhaverei dis¬
ponibel haben. Es war für einen Componisten höchst ehrenvoll, die Mehr-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0423" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192724"/>
          <p xml:id="ID_1557" prev="#ID_1556"> von seinem Raisonnement halten, weiß der Leser. In seinen Schlußseufzer<lb/>
stimmen wir ein, nur fiel es uns in den letzten Wochen aus anderen Grün¬<lb/>
den schwer, zu glauben, daß es noch Gerechtigkeit in Frankreich gibt, und<lb/>
Rossel's Verurtheilung war eher geeignet, diesen schwachen Glauben zu stärken,<lb/>
als ihn noch mehr zu erschüttern.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ldition Meters.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1558"> Welchem Zeitungsleser wären nicht wiederholt in den Annoncentheilen<lb/>
der verschiedensten Blätter obenstehende Worte aufgefallen und welcher Zei&gt;<lb/>
tungsabonnent wäre nicht wenigstens einmal mit einer grünen oder blauen<lb/>
Beilage überrascht worden, die obige Ueberschrift trug und, enggedruckt, ein<lb/>
reichhaltiges Musikalienverzeichniß erkennen ließ?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1559" next="#ID_1560"> Es war im Jahre 1800 als in Leipzig zwei namhafte Musiker Fr, A.<lb/>
Hoffmeister und A. Kühnel unter der Firma &#x201E;Luroau as Rühl^us" ein<lb/>
Musikgeschäft gründeten, das sich bald zu einem achtbaren Nebenbuhler des<lb/>
altberühmten Hauses &#x201E;Breitkopf und Härtel" aufschwang. Die gediegenen<lb/>
Musikalischen Kenntnisse und eine seltene Urtheilsfähigkeit der Gründer und<lb/>
der fest ausgesprochene und durchgeführte Wille derselben, nur Gutes und<lb/>
Werthvolles zu bringen, hielten das rasch aufblühende Geschäft stets in einer<lb/>
gewissen künstlerischen und noblen Atmosphäre. Die Tonwerke, die im &#x201E;Ku-<lb/>
l'esu &lt;le Nusioue" erschienen, waren fast durchweg von gediegenem, ja be¬<lb/>
deutendem musikalischen Gehalte, etwas breit und schwerfällig in ihrer auße<lb/>
ren Erscheinung, aber sehr solid, fleißig und sorgfältig hergestellt und äußerst<lb/>
rorrect. Diese vortrefflichen Ausgaben, der heiße Wunsch und der Stolz aller<lb/>
Sammler, die Zierde aller musikalischen Bibliotheken, hatten aber außer den<lb/>
^stehend rühmlich anerkannten Besonderheiten noch eine andere weniger an¬<lb/>
genehme Eigenschaft.  Entsprechend dem Werthe des in ihnen Gebotenen und<lb/>
Solidität und Güte ihrer Ausstattung, waren sie ziemlich kostspielig und<lb/>
zahlreiche Werke aus diesem Verlage besitzen wollte, mußte viel Geld auf¬<lb/>
wenden können und bedeutende Summen für seine Musikalienliebhaverei dis¬<lb/>
ponibel haben. Es war für einen Componisten höchst ehrenvoll, die Mehr-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0423] von seinem Raisonnement halten, weiß der Leser. In seinen Schlußseufzer stimmen wir ein, nur fiel es uns in den letzten Wochen aus anderen Grün¬ den schwer, zu glauben, daß es noch Gerechtigkeit in Frankreich gibt, und Rossel's Verurtheilung war eher geeignet, diesen schwachen Glauben zu stärken, als ihn noch mehr zu erschüttern. Ldition Meters. Welchem Zeitungsleser wären nicht wiederholt in den Annoncentheilen der verschiedensten Blätter obenstehende Worte aufgefallen und welcher Zei> tungsabonnent wäre nicht wenigstens einmal mit einer grünen oder blauen Beilage überrascht worden, die obige Ueberschrift trug und, enggedruckt, ein reichhaltiges Musikalienverzeichniß erkennen ließ? Es war im Jahre 1800 als in Leipzig zwei namhafte Musiker Fr, A. Hoffmeister und A. Kühnel unter der Firma „Luroau as Rühl^us" ein Musikgeschäft gründeten, das sich bald zu einem achtbaren Nebenbuhler des altberühmten Hauses „Breitkopf und Härtel" aufschwang. Die gediegenen Musikalischen Kenntnisse und eine seltene Urtheilsfähigkeit der Gründer und der fest ausgesprochene und durchgeführte Wille derselben, nur Gutes und Werthvolles zu bringen, hielten das rasch aufblühende Geschäft stets in einer gewissen künstlerischen und noblen Atmosphäre. Die Tonwerke, die im „Ku- l'esu <le Nusioue" erschienen, waren fast durchweg von gediegenem, ja be¬ deutendem musikalischen Gehalte, etwas breit und schwerfällig in ihrer auße ren Erscheinung, aber sehr solid, fleißig und sorgfältig hergestellt und äußerst rorrect. Diese vortrefflichen Ausgaben, der heiße Wunsch und der Stolz aller Sammler, die Zierde aller musikalischen Bibliotheken, hatten aber außer den ^stehend rühmlich anerkannten Besonderheiten noch eine andere weniger an¬ genehme Eigenschaft. Entsprechend dem Werthe des in ihnen Gebotenen und Solidität und Güte ihrer Ausstattung, waren sie ziemlich kostspielig und zahlreiche Werke aus diesem Verlage besitzen wollte, mußte viel Geld auf¬ wenden können und bedeutende Summen für seine Musikalienliebhaverei dis¬ ponibel haben. Es war für einen Componisten höchst ehrenvoll, die Mehr-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/423
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/423>, abgerufen am 05.02.2025.