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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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unserer Papiergeld-Circulation in Verbindung mit der ebenfalls sehr reich¬
lichen Silber-Circulation uns das Gold, das wir durch den beispiellosesten
Glücksfall in dem Zeitpunkt bekommen haben, wo die Einführung der Gold-
Cireulation eine Nothwendigkeit für die Fortdauer unserer nationalen Wohl¬
fahrt geworden war, uns unaufhaltsam rasch wieder vertreibt, nachdem wir
kaum Zeit gehabt, es zu sehen. Beide Leiter unserer Münzreform, der Präsi¬
dent Delbrück wie der Minister Camphausen, erkannten die Richtigkeit der in
den betreffenden Resolutionen gestellten Forderungen an, sowohl in Bezug auf
das Bank- als das Staatspapiergeld. Nur hielten beide die Schwierigkeiten
der geforderten Maaßregeln für nahezu unüberwindlich. Damit erkannte also
Herr Camphausen an, daß die größte Schwierigkeit der deutschen Münzreform
nicht in der Tarifirung des Verhältnisses zwischen Gold und Silber liegt.
Denn diese Schwierigkeit hat er überwunden. Die entschlossene Beseitigung
des Papiergeldes auf gesetzlichem Wege erklärt er für einen Wunsch, den er
theilt, aber für unerfüllbar hält. Und doch hängt an dieser Beseitigung das
Gelingen unserer Münzreform, hängt daran der dauernde Segen eines Glücks¬
falles, den die Nachwelt unbegreiflich oder auch ein sichtbares Wunder der
Providenziellen Führung des deutschen Volkes nennen wird.

Wir sind indeß nicht im Stande, zu glauben, daß die beiden Männer,
denen wir die Münzvorlage schulden, ein Werk, das trotz seiner Mängel, die
es namentlich im Anfang trug, einen so großen Fortschritt bezeichnet -- wir
können nicht glauben, daß die Urheber dieses Werkes, der Präsident Delbrück
und der Finanzminister Camphausen, Männer, deren sicheres und feines Ver¬
ständniß der verschlungenen Verkehrsbedingungen sich so oft bewährt hat, die
Gefahren, welche diesem Werke durch die lückenhafte Grundlegung drohen,
nicht sehen sollten. Wir sind also überzeugt, daß auf die Ergänzung dieser
Lücke durch andere Maßregeln schon Bedacht genommen ist. Um es kurz zu
sagen, wir glauben, daß die preußische Finanzverwaltung mit
der Beschränkung des preußischen Papiergeldumlaufes energisch
vorgehen wird. Beschränkt sich die Maßregel für's Erste auf Preußen, so
ist sie ja nicht Sache eines Neichsgesetzes. Die Einziehung eines großen Thei¬
ls des preußischen Papiergeldes, sowohl ver Staats- als der Banknoten,
^ird nur dieFolge haben, daß das Papiergeld der übrigen deut¬
schen Staaten kaum noch cireulationsfähig bleibt. Das Verbot
der fünfziger Jahre, welches das Papiergeld der Kleinstaaten von Preußen
ausschloß, war seit längerer Zeit nicht mehr streng gehandhabt worden.
Manche solche Stücke schlichen sich wieder in Preußen ein, und was die Haupt¬
sache ist, so lange unser Publicum einmal die Papiergeld-Circulation hin¬
nehmen mußte, konnte es in der Wahl der Sorten nicht allzu streng sein.
Die preußische Papiergeld-Circulation deckte bis zu einem gewissen Grade die-


unserer Papiergeld-Circulation in Verbindung mit der ebenfalls sehr reich¬
lichen Silber-Circulation uns das Gold, das wir durch den beispiellosesten
Glücksfall in dem Zeitpunkt bekommen haben, wo die Einführung der Gold-
Cireulation eine Nothwendigkeit für die Fortdauer unserer nationalen Wohl¬
fahrt geworden war, uns unaufhaltsam rasch wieder vertreibt, nachdem wir
kaum Zeit gehabt, es zu sehen. Beide Leiter unserer Münzreform, der Präsi¬
dent Delbrück wie der Minister Camphausen, erkannten die Richtigkeit der in
den betreffenden Resolutionen gestellten Forderungen an, sowohl in Bezug auf
das Bank- als das Staatspapiergeld. Nur hielten beide die Schwierigkeiten
der geforderten Maaßregeln für nahezu unüberwindlich. Damit erkannte also
Herr Camphausen an, daß die größte Schwierigkeit der deutschen Münzreform
nicht in der Tarifirung des Verhältnisses zwischen Gold und Silber liegt.
Denn diese Schwierigkeit hat er überwunden. Die entschlossene Beseitigung
des Papiergeldes auf gesetzlichem Wege erklärt er für einen Wunsch, den er
theilt, aber für unerfüllbar hält. Und doch hängt an dieser Beseitigung das
Gelingen unserer Münzreform, hängt daran der dauernde Segen eines Glücks¬
falles, den die Nachwelt unbegreiflich oder auch ein sichtbares Wunder der
Providenziellen Führung des deutschen Volkes nennen wird.

Wir sind indeß nicht im Stande, zu glauben, daß die beiden Männer,
denen wir die Münzvorlage schulden, ein Werk, das trotz seiner Mängel, die
es namentlich im Anfang trug, einen so großen Fortschritt bezeichnet — wir
können nicht glauben, daß die Urheber dieses Werkes, der Präsident Delbrück
und der Finanzminister Camphausen, Männer, deren sicheres und feines Ver¬
ständniß der verschlungenen Verkehrsbedingungen sich so oft bewährt hat, die
Gefahren, welche diesem Werke durch die lückenhafte Grundlegung drohen,
nicht sehen sollten. Wir sind also überzeugt, daß auf die Ergänzung dieser
Lücke durch andere Maßregeln schon Bedacht genommen ist. Um es kurz zu
sagen, wir glauben, daß die preußische Finanzverwaltung mit
der Beschränkung des preußischen Papiergeldumlaufes energisch
vorgehen wird. Beschränkt sich die Maßregel für's Erste auf Preußen, so
ist sie ja nicht Sache eines Neichsgesetzes. Die Einziehung eines großen Thei¬
ls des preußischen Papiergeldes, sowohl ver Staats- als der Banknoten,
^ird nur dieFolge haben, daß das Papiergeld der übrigen deut¬
schen Staaten kaum noch cireulationsfähig bleibt. Das Verbot
der fünfziger Jahre, welches das Papiergeld der Kleinstaaten von Preußen
ausschloß, war seit längerer Zeit nicht mehr streng gehandhabt worden.
Manche solche Stücke schlichen sich wieder in Preußen ein, und was die Haupt¬
sache ist, so lange unser Publicum einmal die Papiergeld-Circulation hin¬
nehmen mußte, konnte es in der Wahl der Sorten nicht allzu streng sein.
Die preußische Papiergeld-Circulation deckte bis zu einem gewissen Grade die-


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[0363] unserer Papiergeld-Circulation in Verbindung mit der ebenfalls sehr reich¬ lichen Silber-Circulation uns das Gold, das wir durch den beispiellosesten Glücksfall in dem Zeitpunkt bekommen haben, wo die Einführung der Gold- Cireulation eine Nothwendigkeit für die Fortdauer unserer nationalen Wohl¬ fahrt geworden war, uns unaufhaltsam rasch wieder vertreibt, nachdem wir kaum Zeit gehabt, es zu sehen. Beide Leiter unserer Münzreform, der Präsi¬ dent Delbrück wie der Minister Camphausen, erkannten die Richtigkeit der in den betreffenden Resolutionen gestellten Forderungen an, sowohl in Bezug auf das Bank- als das Staatspapiergeld. Nur hielten beide die Schwierigkeiten der geforderten Maaßregeln für nahezu unüberwindlich. Damit erkannte also Herr Camphausen an, daß die größte Schwierigkeit der deutschen Münzreform nicht in der Tarifirung des Verhältnisses zwischen Gold und Silber liegt. Denn diese Schwierigkeit hat er überwunden. Die entschlossene Beseitigung des Papiergeldes auf gesetzlichem Wege erklärt er für einen Wunsch, den er theilt, aber für unerfüllbar hält. Und doch hängt an dieser Beseitigung das Gelingen unserer Münzreform, hängt daran der dauernde Segen eines Glücks¬ falles, den die Nachwelt unbegreiflich oder auch ein sichtbares Wunder der Providenziellen Führung des deutschen Volkes nennen wird. Wir sind indeß nicht im Stande, zu glauben, daß die beiden Männer, denen wir die Münzvorlage schulden, ein Werk, das trotz seiner Mängel, die es namentlich im Anfang trug, einen so großen Fortschritt bezeichnet — wir können nicht glauben, daß die Urheber dieses Werkes, der Präsident Delbrück und der Finanzminister Camphausen, Männer, deren sicheres und feines Ver¬ ständniß der verschlungenen Verkehrsbedingungen sich so oft bewährt hat, die Gefahren, welche diesem Werke durch die lückenhafte Grundlegung drohen, nicht sehen sollten. Wir sind also überzeugt, daß auf die Ergänzung dieser Lücke durch andere Maßregeln schon Bedacht genommen ist. Um es kurz zu sagen, wir glauben, daß die preußische Finanzverwaltung mit der Beschränkung des preußischen Papiergeldumlaufes energisch vorgehen wird. Beschränkt sich die Maßregel für's Erste auf Preußen, so ist sie ja nicht Sache eines Neichsgesetzes. Die Einziehung eines großen Thei¬ ls des preußischen Papiergeldes, sowohl ver Staats- als der Banknoten, ^ird nur dieFolge haben, daß das Papiergeld der übrigen deut¬ schen Staaten kaum noch cireulationsfähig bleibt. Das Verbot der fünfziger Jahre, welches das Papiergeld der Kleinstaaten von Preußen ausschloß, war seit längerer Zeit nicht mehr streng gehandhabt worden. Manche solche Stücke schlichen sich wieder in Preußen ein, und was die Haupt¬ sache ist, so lange unser Publicum einmal die Papiergeld-Circulation hin¬ nehmen mußte, konnte es in der Wahl der Sorten nicht allzu streng sein. Die preußische Papiergeld-Circulation deckte bis zu einem gewissen Grade die-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/363>, abgerufen am 05.02.2025.