Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

mußte der Partherkönig Bologeses von Lucius Verus, Mark Aurel's Mitregen¬
ten, besiegt, über den Euphrat fliehen und das parthische Reich einen demüthi¬
genden Frieden mit Rom schließen. Jamblichos verhehlt auch in seinem Romane
dem Leser keineswegs seine Bedeutung auf dem Felde der Magie und giebt
ihm in einer Episode desselben insbesondere die interessante Notiz, daß die
Magie der Babylonier sich in eine Magie der Heuschrecken, eine der Löwen,
eine der Mäuse, eine des Hagels und eine der Schlangen theilt, und daß die
Magie der Mäuse die älteste ist, weßhalb auch das Wort: "Mysterien" in
dankbarer Anerkennung des Ursprungs nach den Wort: "Maus" 05?.-
benannt sei. --

Der Titel des Romans des Jamblichos ist, wie bereits oben vorüber¬
gehend erwähnt ward: /o^o^"" vtx">,, Babyloniaca, Babylonische
Geschichten, gleich denen der meisten anderen griechischen Romane, der Ae-
thiopica des Heliodor, der Babyloniaca, Chpriaca und Ephesiaca der drei
Xenophon u. a. entlehnt von dem Geburtsort des Helden und der Heldin,
welche beide aus Babylon gebürtig waren. Das Werk bestand nach Photius
aus 16, nach Suidas aus 39 Büchern, -- Ein vollständiges Manuscript
desselben war noch bis zum Jahr 1670, wo ein Brand es vernichtete, in der
Bibliothek des Escurial vorhanden. Eine zweite vollständige Handschrift be¬
fand sich im Besitze Jungermanns, welcher zu Anfang des siebzehnten Jahr¬
hunderts starb, und ist seitdem verschwunden. --

Wir lassen nun den bei Photius erhaltenen, nachstehend zum ersten
Mal in deutscher Uebersetzung erscheinenden Auszug des Romans
selbst (mit Weglassung einiger unwesentlichen Episoden) folgen, und bemerken
dabei, daß Fragmente desselben auch bei Suidas und Leo Allatius erhalten
sind, deren wesentlichste wir gleichfalls im Folgenden wiedergeben.




Rhodanes und Simonis waren beide schön von Gesicht und Gestalt: ihre
gegenseitige Liebe war durch die Ehe befestigt worden. Garmos, König von
Babylonien, entbrannte nach dem Tode seiner Gemahlin von Liebe zur Simo¬
nis und stürmte in sie, ihn zu heirathen. Simonis gab ihm eine abschlägige
Antwort. Sie wurde deßwegen mit goldenen Ketten gefesselt, und Rhodanes
durch die königlichen Eunuchen Sakas und Damas an das Kreuz gehängt.
Auf Betrieb der Simonis ward Rhodanes vom Kreuze herabgenommen und
beide flohen: er das Kreuz, sie die verhaßte Heirath.

Garmos ließ deßhalb dem Sakas und Damas Nasen und Ohren
abschneiden, und sandte sie sodann zur Aufsuchung der Flüchtlinge aus. Sie
traten in zwei Abtheilungen die Nachsuchung an.

Rhodanes und Simonis rasteten zuerst auf einer Wiese. Rhodanes fand
hier verborgenes Gold, welches die Aufschrift der Löwensäule ihm anzeigte.


mußte der Partherkönig Bologeses von Lucius Verus, Mark Aurel's Mitregen¬
ten, besiegt, über den Euphrat fliehen und das parthische Reich einen demüthi¬
genden Frieden mit Rom schließen. Jamblichos verhehlt auch in seinem Romane
dem Leser keineswegs seine Bedeutung auf dem Felde der Magie und giebt
ihm in einer Episode desselben insbesondere die interessante Notiz, daß die
Magie der Babylonier sich in eine Magie der Heuschrecken, eine der Löwen,
eine der Mäuse, eine des Hagels und eine der Schlangen theilt, und daß die
Magie der Mäuse die älteste ist, weßhalb auch das Wort: „Mysterien" in
dankbarer Anerkennung des Ursprungs nach den Wort: „Maus" 05?.-
benannt sei. —

Der Titel des Romans des Jamblichos ist, wie bereits oben vorüber¬
gehend erwähnt ward: /o^o^«» vtx«>,, Babyloniaca, Babylonische
Geschichten, gleich denen der meisten anderen griechischen Romane, der Ae-
thiopica des Heliodor, der Babyloniaca, Chpriaca und Ephesiaca der drei
Xenophon u. a. entlehnt von dem Geburtsort des Helden und der Heldin,
welche beide aus Babylon gebürtig waren. Das Werk bestand nach Photius
aus 16, nach Suidas aus 39 Büchern, — Ein vollständiges Manuscript
desselben war noch bis zum Jahr 1670, wo ein Brand es vernichtete, in der
Bibliothek des Escurial vorhanden. Eine zweite vollständige Handschrift be¬
fand sich im Besitze Jungermanns, welcher zu Anfang des siebzehnten Jahr¬
hunderts starb, und ist seitdem verschwunden. —

Wir lassen nun den bei Photius erhaltenen, nachstehend zum ersten
Mal in deutscher Uebersetzung erscheinenden Auszug des Romans
selbst (mit Weglassung einiger unwesentlichen Episoden) folgen, und bemerken
dabei, daß Fragmente desselben auch bei Suidas und Leo Allatius erhalten
sind, deren wesentlichste wir gleichfalls im Folgenden wiedergeben.




Rhodanes und Simonis waren beide schön von Gesicht und Gestalt: ihre
gegenseitige Liebe war durch die Ehe befestigt worden. Garmos, König von
Babylonien, entbrannte nach dem Tode seiner Gemahlin von Liebe zur Simo¬
nis und stürmte in sie, ihn zu heirathen. Simonis gab ihm eine abschlägige
Antwort. Sie wurde deßwegen mit goldenen Ketten gefesselt, und Rhodanes
durch die königlichen Eunuchen Sakas und Damas an das Kreuz gehängt.
Auf Betrieb der Simonis ward Rhodanes vom Kreuze herabgenommen und
beide flohen: er das Kreuz, sie die verhaßte Heirath.

Garmos ließ deßhalb dem Sakas und Damas Nasen und Ohren
abschneiden, und sandte sie sodann zur Aufsuchung der Flüchtlinge aus. Sie
traten in zwei Abtheilungen die Nachsuchung an.

Rhodanes und Simonis rasteten zuerst auf einer Wiese. Rhodanes fand
hier verborgenes Gold, welches die Aufschrift der Löwensäule ihm anzeigte.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192512"/>
          <p xml:id="ID_782" prev="#ID_781"> mußte der Partherkönig Bologeses von Lucius Verus, Mark Aurel's Mitregen¬<lb/>
ten, besiegt, über den Euphrat fliehen und das parthische Reich einen demüthi¬<lb/>
genden Frieden mit Rom schließen. Jamblichos verhehlt auch in seinem Romane<lb/>
dem Leser keineswegs seine Bedeutung auf dem Felde der Magie und giebt<lb/>
ihm in einer Episode desselben insbesondere die interessante Notiz, daß die<lb/>
Magie der Babylonier sich in eine Magie der Heuschrecken, eine der Löwen,<lb/>
eine der Mäuse, eine des Hagels und eine der Schlangen theilt, und daß die<lb/>
Magie der Mäuse die älteste ist, weßhalb auch das Wort: &#x201E;Mysterien" in<lb/>
dankbarer Anerkennung des Ursprungs nach den Wort: &#x201E;Maus" 05?.-<lb/>
benannt sei. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_783"> Der Titel des Romans des Jamblichos ist, wie bereits oben vorüber¬<lb/>
gehend erwähnt ward: /o^o^«» vtx«&gt;,, Babyloniaca, Babylonische<lb/>
Geschichten, gleich denen der meisten anderen griechischen Romane, der Ae-<lb/>
thiopica des Heliodor, der Babyloniaca, Chpriaca und Ephesiaca der drei<lb/>
Xenophon u. a. entlehnt von dem Geburtsort des Helden und der Heldin,<lb/>
welche beide aus Babylon gebürtig waren. Das Werk bestand nach Photius<lb/>
aus 16, nach Suidas aus 39 Büchern, &#x2014; Ein vollständiges Manuscript<lb/>
desselben war noch bis zum Jahr 1670, wo ein Brand es vernichtete, in der<lb/>
Bibliothek des Escurial vorhanden. Eine zweite vollständige Handschrift be¬<lb/>
fand sich im Besitze Jungermanns, welcher zu Anfang des siebzehnten Jahr¬<lb/>
hunderts starb, und ist seitdem verschwunden. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_784"> Wir lassen nun den bei Photius erhaltenen, nachstehend zum ersten<lb/>
Mal in deutscher Uebersetzung erscheinenden Auszug des Romans<lb/>
selbst (mit Weglassung einiger unwesentlichen Episoden) folgen, und bemerken<lb/>
dabei, daß Fragmente desselben auch bei Suidas und Leo Allatius erhalten<lb/>
sind, deren wesentlichste wir gleichfalls im Folgenden wiedergeben.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_785"> Rhodanes und Simonis waren beide schön von Gesicht und Gestalt: ihre<lb/>
gegenseitige Liebe war durch die Ehe befestigt worden. Garmos, König von<lb/>
Babylonien, entbrannte nach dem Tode seiner Gemahlin von Liebe zur Simo¬<lb/>
nis und stürmte in sie, ihn zu heirathen. Simonis gab ihm eine abschlägige<lb/>
Antwort. Sie wurde deßwegen mit goldenen Ketten gefesselt, und Rhodanes<lb/>
durch die königlichen Eunuchen Sakas und Damas an das Kreuz gehängt.<lb/>
Auf Betrieb der Simonis ward Rhodanes vom Kreuze herabgenommen und<lb/>
beide flohen: er das Kreuz, sie die verhaßte Heirath.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_786"> Garmos ließ deßhalb dem Sakas und Damas Nasen und Ohren<lb/>
abschneiden, und sandte sie sodann zur Aufsuchung der Flüchtlinge aus. Sie<lb/>
traten in zwei Abtheilungen die Nachsuchung an.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_787" next="#ID_788"> Rhodanes und Simonis rasteten zuerst auf einer Wiese. Rhodanes fand<lb/>
hier verborgenes Gold, welches die Aufschrift der Löwensäule ihm anzeigte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0211] mußte der Partherkönig Bologeses von Lucius Verus, Mark Aurel's Mitregen¬ ten, besiegt, über den Euphrat fliehen und das parthische Reich einen demüthi¬ genden Frieden mit Rom schließen. Jamblichos verhehlt auch in seinem Romane dem Leser keineswegs seine Bedeutung auf dem Felde der Magie und giebt ihm in einer Episode desselben insbesondere die interessante Notiz, daß die Magie der Babylonier sich in eine Magie der Heuschrecken, eine der Löwen, eine der Mäuse, eine des Hagels und eine der Schlangen theilt, und daß die Magie der Mäuse die älteste ist, weßhalb auch das Wort: „Mysterien" in dankbarer Anerkennung des Ursprungs nach den Wort: „Maus" 05?.- benannt sei. — Der Titel des Romans des Jamblichos ist, wie bereits oben vorüber¬ gehend erwähnt ward: /o^o^«» vtx«>,, Babyloniaca, Babylonische Geschichten, gleich denen der meisten anderen griechischen Romane, der Ae- thiopica des Heliodor, der Babyloniaca, Chpriaca und Ephesiaca der drei Xenophon u. a. entlehnt von dem Geburtsort des Helden und der Heldin, welche beide aus Babylon gebürtig waren. Das Werk bestand nach Photius aus 16, nach Suidas aus 39 Büchern, — Ein vollständiges Manuscript desselben war noch bis zum Jahr 1670, wo ein Brand es vernichtete, in der Bibliothek des Escurial vorhanden. Eine zweite vollständige Handschrift be¬ fand sich im Besitze Jungermanns, welcher zu Anfang des siebzehnten Jahr¬ hunderts starb, und ist seitdem verschwunden. — Wir lassen nun den bei Photius erhaltenen, nachstehend zum ersten Mal in deutscher Uebersetzung erscheinenden Auszug des Romans selbst (mit Weglassung einiger unwesentlichen Episoden) folgen, und bemerken dabei, daß Fragmente desselben auch bei Suidas und Leo Allatius erhalten sind, deren wesentlichste wir gleichfalls im Folgenden wiedergeben. Rhodanes und Simonis waren beide schön von Gesicht und Gestalt: ihre gegenseitige Liebe war durch die Ehe befestigt worden. Garmos, König von Babylonien, entbrannte nach dem Tode seiner Gemahlin von Liebe zur Simo¬ nis und stürmte in sie, ihn zu heirathen. Simonis gab ihm eine abschlägige Antwort. Sie wurde deßwegen mit goldenen Ketten gefesselt, und Rhodanes durch die königlichen Eunuchen Sakas und Damas an das Kreuz gehängt. Auf Betrieb der Simonis ward Rhodanes vom Kreuze herabgenommen und beide flohen: er das Kreuz, sie die verhaßte Heirath. Garmos ließ deßhalb dem Sakas und Damas Nasen und Ohren abschneiden, und sandte sie sodann zur Aufsuchung der Flüchtlinge aus. Sie traten in zwei Abtheilungen die Nachsuchung an. Rhodanes und Simonis rasteten zuerst auf einer Wiese. Rhodanes fand hier verborgenes Gold, welches die Aufschrift der Löwensäule ihm anzeigte.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/211
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/211>, abgerufen am 05.02.2025.