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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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und den König von Pisidien, Amyntas, zu sich rief. Nachdem ein Versuch
des Pompejus, sich zu seiner persönlichen Sicherung des Ahenobarbus zu be¬
mächtigen, fehlgeschlagen war, warf er die Maske ab, bekam Lampsarus durch
Verrath in die Hände und griff, wiewohl vergeblich, mit den Schiffen und
drei Legionen das reiche Cyzicus an. Dann überfiel er den Furnius in sei¬
nem Lager an der trojanischen Küste, bemächtigte sich der Städte Nicäa und
. Nikomedia und erhielt von allen Seiten Zulauf. Antonius hatte aber unter¬
dessen die Sache auch ernster genommen und iM Frühling 33 v. Chr. den
fünf Jahre früher von Pompejus begnadigten Titius mit einem Heere und
120 Kriegsschiffen nach der Propontis geschickt, wozu noch 70 aus Sieilien
zurückkehrende Schiffe stießen. Dieser Macht war Sextus nicht gewachsen und
da Titius Kapitulation auf Gnade und Ungnade verlangte, so verbrannte
er seine Schiffe und versuchte auf dem Landwege Armenien zu erreichen. Die
vornehmsten Freunde und Anhänger, unter ihnen selbst sein Schwiegervater,
verließen ihn jetzt, da sie sahen, daß keine Aussicht auf Aussöhnung mit
Antonius vorhanden war, und gingen zu diesem über. In Bithynien kehrte
sich der Verfolgte noch einmal, wie ein Löwe, gegen seine Feinde und über¬
fiel während der Nacht mit Erfolg ihr Lager, ohne aber seinen Sieg weiter
zu verfolgen. Endlich aber wurde er nach weiteren vergeblichen Unterhand¬
lungen durch die Verrätherei seines eigenen Stiefbruders, Maurus, von der
Reiterei des Amyntas in der phrygischen Stadt Midaium eingeholt und
mußte sich ergeben. Titius ließ ihn nach Milet transportiren und dort ohne
weiteres hinrichten. Dio Cassius berichtet, Antonius habe in der ersten Hitze
einen Boten mit dem Hinrichtungsbefehl geschickt, dann aber einen zweiten
mit der Begnadigung. Die zweite Stafette sei aber der ersten zuvorgekom¬
men und Titius habe sich nun an die Ordnung gehalten, in welcher die Be¬
fehle eingetroffen wären. Dieser abgeschmackten Erklärung gegenüber ist die
Andeutung Appian's glaubhafter, daß der Oheim des Titius, der zweideutige
Munatius Planeus, der Gründer von Lyon, damals Statthalter von Syrien
mit ausgedehnter Vollmacht, nicht ohne Vorwissen des Triumvir den Befehl
zur Ermordung gegeben habe.

Sextus Pompejus Magnus starb 35 v. Chr. in seinem vierzigsten Le¬
bensjahre. Titius ging noch vor der Schlacht bei Antium mit Planeus zu
Octavian über. Der Haß aber, den er sich durch seine Undankbarkeit beim
römischen Volke zugezogen hatte, war so nachhaltig, daß er vier Jahre später,
als er in dem von Pompejus, dem Bater, erbauten Theater als Consul
Spiele aufführen ließ, von den Verwünschungen der Zuschauer aus seinem
eigenen Schauspiel vertrieben wurde! Die ungeheucheltste Freude über den
Tod des Pompejus legte Octavian an den Tag. Er veranstaltete auf die
Nachricht Circusspiele, ließ dem Antonius einen Siegeswagen vor der Red--


und den König von Pisidien, Amyntas, zu sich rief. Nachdem ein Versuch
des Pompejus, sich zu seiner persönlichen Sicherung des Ahenobarbus zu be¬
mächtigen, fehlgeschlagen war, warf er die Maske ab, bekam Lampsarus durch
Verrath in die Hände und griff, wiewohl vergeblich, mit den Schiffen und
drei Legionen das reiche Cyzicus an. Dann überfiel er den Furnius in sei¬
nem Lager an der trojanischen Küste, bemächtigte sich der Städte Nicäa und
. Nikomedia und erhielt von allen Seiten Zulauf. Antonius hatte aber unter¬
dessen die Sache auch ernster genommen und iM Frühling 33 v. Chr. den
fünf Jahre früher von Pompejus begnadigten Titius mit einem Heere und
120 Kriegsschiffen nach der Propontis geschickt, wozu noch 70 aus Sieilien
zurückkehrende Schiffe stießen. Dieser Macht war Sextus nicht gewachsen und
da Titius Kapitulation auf Gnade und Ungnade verlangte, so verbrannte
er seine Schiffe und versuchte auf dem Landwege Armenien zu erreichen. Die
vornehmsten Freunde und Anhänger, unter ihnen selbst sein Schwiegervater,
verließen ihn jetzt, da sie sahen, daß keine Aussicht auf Aussöhnung mit
Antonius vorhanden war, und gingen zu diesem über. In Bithynien kehrte
sich der Verfolgte noch einmal, wie ein Löwe, gegen seine Feinde und über¬
fiel während der Nacht mit Erfolg ihr Lager, ohne aber seinen Sieg weiter
zu verfolgen. Endlich aber wurde er nach weiteren vergeblichen Unterhand¬
lungen durch die Verrätherei seines eigenen Stiefbruders, Maurus, von der
Reiterei des Amyntas in der phrygischen Stadt Midaium eingeholt und
mußte sich ergeben. Titius ließ ihn nach Milet transportiren und dort ohne
weiteres hinrichten. Dio Cassius berichtet, Antonius habe in der ersten Hitze
einen Boten mit dem Hinrichtungsbefehl geschickt, dann aber einen zweiten
mit der Begnadigung. Die zweite Stafette sei aber der ersten zuvorgekom¬
men und Titius habe sich nun an die Ordnung gehalten, in welcher die Be¬
fehle eingetroffen wären. Dieser abgeschmackten Erklärung gegenüber ist die
Andeutung Appian's glaubhafter, daß der Oheim des Titius, der zweideutige
Munatius Planeus, der Gründer von Lyon, damals Statthalter von Syrien
mit ausgedehnter Vollmacht, nicht ohne Vorwissen des Triumvir den Befehl
zur Ermordung gegeben habe.

Sextus Pompejus Magnus starb 35 v. Chr. in seinem vierzigsten Le¬
bensjahre. Titius ging noch vor der Schlacht bei Antium mit Planeus zu
Octavian über. Der Haß aber, den er sich durch seine Undankbarkeit beim
römischen Volke zugezogen hatte, war so nachhaltig, daß er vier Jahre später,
als er in dem von Pompejus, dem Bater, erbauten Theater als Consul
Spiele aufführen ließ, von den Verwünschungen der Zuschauer aus seinem
eigenen Schauspiel vertrieben wurde! Die ungeheucheltste Freude über den
Tod des Pompejus legte Octavian an den Tag. Er veranstaltete auf die
Nachricht Circusspiele, ließ dem Antonius einen Siegeswagen vor der Red--


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/27>, abgerufen am 24.07.2024.