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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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Bund zerfällt, das sind, was jener für das Ganze ist, und das Mittel- und
Bindeglied zwischen diesen Sectionen und dem obersten Rathe darstellen.

Jede Section der Internationale umfaßt in der Regel ein Land. Dock)
gibt es auch solche, deren Wirksamkeit sich nur auf einen bestimmten Sprengel
erstreckt, dessen eigenthümliche Arbeitsverhältnisse eine solche Ausnahmsstellung
erfordern. So bestehen eigne Sectionen für den belgischen Eisenhüttenbezirk
Seraing, bekannt durch die dort wiederholt in Scene gesetzten Monstrestrikes.
für die Kohlenbergwerke bei Verviers. für einige englische Manufacturdistricte
und, wenn wir nicht irren, auch für die elsässische Fabrikstadt Mühlhausen.

In der Hauptsache aber theilt sich der Bund in folgende Sectionen: die
englische, welche alle drei Königreiche Großbritanniens umfaßt, die amerika¬
nische, die französische, die belgische, die italienische, die spanische, die nach
der Vertreibung der Bourbonen hinzutrat, die niederländische und schließlich
die deutsche, welche die Schweiz einschließt.

Die Internationale geht in der Aufnahme von Mitgliedern streng zu
Werke. Der Angeworbene muß von einem zuverlässigen Mitgliede empfohlen
sein. Er erhält zuerst eine Karte, aber erst nach sechs Monaten, wenn er sich
des Vertrauens der Führer würdig erwiesen und seinen Geldbeitrag ordnungs¬
mäßig entrichtet hat, das Diplom der Mitgliedschaft, welches zugleich einen
Abdruck der Statuten der Gesellschaft enthält -- der Statuten, welche für
die große Menge sind; denn nach verschiedenen Anzeichen zu schließen, giebt
es auch geheime, die nur den tiefer Eingeweihten bekannt gegeben werden.
Durch Annahme und Unterschrift der Statuten erklärt der Betreffende seine
Uebereinstimmung mit denselben und übernimmt die Verpflichtung, sich allen
Anordnungen der Leiter zu fügen.

Wie viel an den Angaben der wiener "Tagespresse" über die Zahl der
Affiliirten des Bundes in den verschiedenen Ländern ist. müssen wir dahin ge¬
stellt .sein lassen. 800,000 für Frankreich wird nicht sehr übertrieben sein,
desgleichen kann Belgien wohl 200,000, die Schweiz 60,000 haben. Stark
SU bezweifeln sind die 100,000 Mitglieder, welche die Internationale in Ita¬
lien haben soll, und eben so hat sie in Deutschland deren schwerlich auch nur
annähernd 300.000.

Wenn ferner von England behauptet wird, der Bund habe hier unge-
sähr so viele Theilnehmer wie in Frankreich, so ist das offenbar eine Ver¬
wechselung anderer Arbeiterorganisationen mit der Internationale. Die letztere
hat allerdings in London ihr Hauptquartier, und selbstverständlich richtete de-
lvndoner Generalrats seine Blicke verlangend auf die englische Arbeiterwelt
"England," so lesen wir in einem bei Testut zu findenden vertraulichen
Schreiben dieser Centralbehörde aus dem Juni 1870. welches an einen
Zweigverein in der Schweiz gerichtet ist -- "England allein kann als Hebel


Bund zerfällt, das sind, was jener für das Ganze ist, und das Mittel- und
Bindeglied zwischen diesen Sectionen und dem obersten Rathe darstellen.

Jede Section der Internationale umfaßt in der Regel ein Land. Dock)
gibt es auch solche, deren Wirksamkeit sich nur auf einen bestimmten Sprengel
erstreckt, dessen eigenthümliche Arbeitsverhältnisse eine solche Ausnahmsstellung
erfordern. So bestehen eigne Sectionen für den belgischen Eisenhüttenbezirk
Seraing, bekannt durch die dort wiederholt in Scene gesetzten Monstrestrikes.
für die Kohlenbergwerke bei Verviers. für einige englische Manufacturdistricte
und, wenn wir nicht irren, auch für die elsässische Fabrikstadt Mühlhausen.

In der Hauptsache aber theilt sich der Bund in folgende Sectionen: die
englische, welche alle drei Königreiche Großbritanniens umfaßt, die amerika¬
nische, die französische, die belgische, die italienische, die spanische, die nach
der Vertreibung der Bourbonen hinzutrat, die niederländische und schließlich
die deutsche, welche die Schweiz einschließt.

Die Internationale geht in der Aufnahme von Mitgliedern streng zu
Werke. Der Angeworbene muß von einem zuverlässigen Mitgliede empfohlen
sein. Er erhält zuerst eine Karte, aber erst nach sechs Monaten, wenn er sich
des Vertrauens der Führer würdig erwiesen und seinen Geldbeitrag ordnungs¬
mäßig entrichtet hat, das Diplom der Mitgliedschaft, welches zugleich einen
Abdruck der Statuten der Gesellschaft enthält — der Statuten, welche für
die große Menge sind; denn nach verschiedenen Anzeichen zu schließen, giebt
es auch geheime, die nur den tiefer Eingeweihten bekannt gegeben werden.
Durch Annahme und Unterschrift der Statuten erklärt der Betreffende seine
Uebereinstimmung mit denselben und übernimmt die Verpflichtung, sich allen
Anordnungen der Leiter zu fügen.

Wie viel an den Angaben der wiener „Tagespresse" über die Zahl der
Affiliirten des Bundes in den verschiedenen Ländern ist. müssen wir dahin ge¬
stellt .sein lassen. 800,000 für Frankreich wird nicht sehr übertrieben sein,
desgleichen kann Belgien wohl 200,000, die Schweiz 60,000 haben. Stark
SU bezweifeln sind die 100,000 Mitglieder, welche die Internationale in Ita¬
lien haben soll, und eben so hat sie in Deutschland deren schwerlich auch nur
annähernd 300.000.

Wenn ferner von England behauptet wird, der Bund habe hier unge-
sähr so viele Theilnehmer wie in Frankreich, so ist das offenbar eine Ver¬
wechselung anderer Arbeiterorganisationen mit der Internationale. Die letztere
hat allerdings in London ihr Hauptquartier, und selbstverständlich richtete de-
lvndoner Generalrats seine Blicke verlangend auf die englische Arbeiterwelt
"England," so lesen wir in einem bei Testut zu findenden vertraulichen
Schreiben dieser Centralbehörde aus dem Juni 1870. welches an einen
Zweigverein in der Schweiz gerichtet ist — „England allein kann als Hebel


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/117>, abgerufen am 24.07.2024.