Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.ren zum offenen Bruch kam, sah sich der von Eitelkeit geblendet gewesene "Wer zu Tyrannen geht und Königen sich naht, und nun war Cornelia und Sextus beschieden, den feigen Mord vor ihren ren zum offenen Bruch kam, sah sich der von Eitelkeit geblendet gewesene „Wer zu Tyrannen geht und Königen sich naht, und nun war Cornelia und Sextus beschieden, den feigen Mord vor ihren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0011" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126327"/> <p xml:id="ID_10" prev="#ID_9"> ren zum offenen Bruch kam, sah sich der von Eitelkeit geblendet gewesene<lb/> Mann genöthigt, Italien zu räumen. Seinen älteren Sohn Cnejus sandte<lb/> er nach Syrien, um Schiffe zusammenzubringen, während ihm der Mann<lb/> seiner Tochter Pompeja, Faustus Sulla, nach Griechenland folgte. Cornelia<lb/> und Sextus begaben sich auf seine Anordnung nach Mitylene auf der Insel<lb/> Lesbos. Schon hatte sich dort nach den für die Pompejaner glücklichen Ge¬<lb/> fechten bei Dyrrhachium die völligste Siegesgewißheit der Gemüther bemäch¬<lb/> tigt, als an einem der letzten Augusttage des Jahres 48 der besiegte Pom¬<lb/> pejus auf einem Kauffahrer vor Mitylene eintraf und Cornelia eilig zu sich<lb/> entbieten ließ. Die edle Frau beklagte weniger das gemeinschaftliche Unglück,<lb/> als den unheilvollen Einfluß, den das mit ihrem Haupte verflochtene Ver-<lb/> hängniß auf das Schicksal des Gemahls gehabt habe und bereute bitter,<lb/> nach dem Tode ihres ersten Mannes nicht durch gewaltsamen Tod den Fluch<lb/> vom großen Pompejus abgewendet zu haben. schleunigst ging die Einschif¬<lb/> fung vor sich und die Fliehenden fuhren an der Küste Kleinasiens hinab bis<lb/> nach Cypern, wo nach dem Abfalle Antiochias Pompejus den Plan aufgab,<lb/> sich unter den Schutz des Partherkönigs zu stellen und den unglücklichen Ent¬<lb/> schluß faßte, nach Aegypten zu gehen. Er legte sich bei dem unwirthlichen<lb/> kasischen Vorgebirge unweit der Stadt Pelusium vor Anker, wo der junge<lb/> König Ptolemäus Dionysius seiner Schwester Kleopatra gegenüber im Felde<lb/> stand, deren Reizen kurz zuvor sein Sohn Cnejus gehuldigt haben soll, und<lb/> ließ die ägyptische Regierung ersuchen, ihm die Landung zu gestatten. Diese<lb/> war anfangs willens, ihn zurückzuweisen; auf den Rath des Chinos Theodo-<lb/> tus, des königlichen Hofmeisters, zog man aber endlich in Rücksicht auf<lb/> den Sieger und die eigene Sicherheit vor, den unbequemen Gast durch den<lb/> Tod unschädlich zu machen. Zwei römische Soldaten in ägyptischem Sold,<lb/> unter ihnen ein Legionsoberst, der im Seeräuberkrieg unter Pompejus gedient<lb/> hatte, gaben sich zum Meuchelmord her und mit ihnen fuhr der königliche<lb/> General Achilles zum Schiffe des Pompejus und lud ihn unter dem Vor¬<lb/> wand, das Uferwasser sei für größre Fahrzeuge zu seicht, ein, seine Barke zu<lb/> besteigen. Der Unglückliche verabschiedete sich von den Seinigen, zuletzt ihnen<lb/> noch des Sophokles Verse zurufend:</p><lb/> <quote> „Wer zu Tyrannen geht und Königen sich naht,<lb/> Der wird ein Herrenknecht, wie frei er immer war!"</quote><lb/> <p xml:id="ID_11" next="#ID_12"> und nun war Cornelia und Sextus beschieden, den feigen Mord vor ihren<lb/> Augen verübt werden zu sehen: zu sehen, wie beim Aussteigen der ehemalige<lb/> Waffengefährte den ersten Streich auf seinen Feldherrn führte! Ihr Jammer¬<lb/> geschrei erschallte bis zum Gestade; aber weder Rettung noch Rache stand in<lb/> ihrer Hand. Im Gegentheil mußten sie so schnell als möglich die Anker</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
ren zum offenen Bruch kam, sah sich der von Eitelkeit geblendet gewesene
Mann genöthigt, Italien zu räumen. Seinen älteren Sohn Cnejus sandte
er nach Syrien, um Schiffe zusammenzubringen, während ihm der Mann
seiner Tochter Pompeja, Faustus Sulla, nach Griechenland folgte. Cornelia
und Sextus begaben sich auf seine Anordnung nach Mitylene auf der Insel
Lesbos. Schon hatte sich dort nach den für die Pompejaner glücklichen Ge¬
fechten bei Dyrrhachium die völligste Siegesgewißheit der Gemüther bemäch¬
tigt, als an einem der letzten Augusttage des Jahres 48 der besiegte Pom¬
pejus auf einem Kauffahrer vor Mitylene eintraf und Cornelia eilig zu sich
entbieten ließ. Die edle Frau beklagte weniger das gemeinschaftliche Unglück,
als den unheilvollen Einfluß, den das mit ihrem Haupte verflochtene Ver-
hängniß auf das Schicksal des Gemahls gehabt habe und bereute bitter,
nach dem Tode ihres ersten Mannes nicht durch gewaltsamen Tod den Fluch
vom großen Pompejus abgewendet zu haben. schleunigst ging die Einschif¬
fung vor sich und die Fliehenden fuhren an der Küste Kleinasiens hinab bis
nach Cypern, wo nach dem Abfalle Antiochias Pompejus den Plan aufgab,
sich unter den Schutz des Partherkönigs zu stellen und den unglücklichen Ent¬
schluß faßte, nach Aegypten zu gehen. Er legte sich bei dem unwirthlichen
kasischen Vorgebirge unweit der Stadt Pelusium vor Anker, wo der junge
König Ptolemäus Dionysius seiner Schwester Kleopatra gegenüber im Felde
stand, deren Reizen kurz zuvor sein Sohn Cnejus gehuldigt haben soll, und
ließ die ägyptische Regierung ersuchen, ihm die Landung zu gestatten. Diese
war anfangs willens, ihn zurückzuweisen; auf den Rath des Chinos Theodo-
tus, des königlichen Hofmeisters, zog man aber endlich in Rücksicht auf
den Sieger und die eigene Sicherheit vor, den unbequemen Gast durch den
Tod unschädlich zu machen. Zwei römische Soldaten in ägyptischem Sold,
unter ihnen ein Legionsoberst, der im Seeräuberkrieg unter Pompejus gedient
hatte, gaben sich zum Meuchelmord her und mit ihnen fuhr der königliche
General Achilles zum Schiffe des Pompejus und lud ihn unter dem Vor¬
wand, das Uferwasser sei für größre Fahrzeuge zu seicht, ein, seine Barke zu
besteigen. Der Unglückliche verabschiedete sich von den Seinigen, zuletzt ihnen
noch des Sophokles Verse zurufend:
„Wer zu Tyrannen geht und Königen sich naht,
Der wird ein Herrenknecht, wie frei er immer war!"
und nun war Cornelia und Sextus beschieden, den feigen Mord vor ihren
Augen verübt werden zu sehen: zu sehen, wie beim Aussteigen der ehemalige
Waffengefährte den ersten Streich auf seinen Feldherrn führte! Ihr Jammer¬
geschrei erschallte bis zum Gestade; aber weder Rettung noch Rache stand in
ihrer Hand. Im Gegentheil mußten sie so schnell als möglich die Anker
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