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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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völkerung steht das ganze Elsaß auch in den technischen Gewerben von jün¬
gerem Datum, welche auf dem Ackerbau beruhen, hinter Französisch-Flandern
zurück, namentlich in Betreff der Rübenzuckerfabriken und Rübenbrennereien;
dagegen hat es die alten Gewerbe vervollkommnet, welche auf der Bearbei¬
tung des Krapps, des Modus, des Rapses, des Flachses, des Hanfs und
des Hopfens beruhen. Das stätige und ausdauernde Bemühen seiner Land¬
wirthe, die Erträge zu erhöhen, trägt seine Früchte: der Mohn, der Raps,
der Dotter geben im Mittel einen Ertrag von 500 -- 600 Fr. von der Hek¬
tare (33--40 Thlr. vom pr. Morgen); der Hanf und Lein geben 38 Ctr.
(9'/z Ctr. vom Morgen) Faser, der Tabak gibt 1800 -- 2000 Kilogr. (9-10
Centner vom Morgen) trockene Blätter, der Krapp doppelt so viel; die Hopfen¬
gärten liefern noch höhere Erträge.

Die Wiesen nehmen einen verhältnißmäßig kleinen Theil der Oberfläche
ein; aber der elsasser Landwirth versteht es, diesen Mangel um ein mehrfaches
zu ersetzen; von ihm soll der Futterrübenbau zuerst in größerem Umfange be¬
trieben und erst von hier über die Niederlande nach England gekommen sein,
wo er der wichtigste Hebel der dortigen ausgezeichneten Mastvieherzeugung
geworden ist. Im Elsaß wird die Stoppel unmittelbar nach der Ernte um¬
gebrochen, das Land erhält sofort eine halbe Düngung oder eine Berieselung
mit flüssigem Dünger und wird breitwürfig mit Stoppelrüben besäet. Unter
dem Einfluß der Sommerregeu und der hohen Temperatur der Monate August,
September und October entwickeln sich die Pflanzen schnell und liefern für
einen großen Theil des Winters das alleinige Futter für das Vieh. Im
Nieder-Rhein zählt man alljährlich etwa 20,000 Hektaren solcher Futterfelder.

Eine niedrigere Stufe nimmt das Elsaß in der Viehzucht ein. Die Pferde
sind klein und im Handel nicht gesucht. Besser ist es mit dem Rindvieh be¬
stellt, welches dem Schweizer Schlage angehört; es befinden sich davon im
Ober-Rhein 83 und im Nieder-Rhein 64 Stück auf 100 Hektaren; eine sehr
bedeutende Anzahl, welche auf die Wohlhabenheit auch der ärmeren Leute
schließen läßt, da der größere Theil des Rindviehes aus Milchkühen besteht.
Von Schafen werden dagegen im Nieder-Rhein nur 17, im Ober-Rhein
20 Stück gezählt, und diese Viehsorte zeichnet sich weder durch Größe und
Fleischmasse, noch durch Feinheit und Reichthum der Wolle aus. Allerdings
hat das Elsaß bei der großen Zerstückelung seines Bodens, bei der Dichtig¬
keit seiner Bevölkerung und der Jntensivität seiner Bodenverwerthung nicht
mehr die Bedingungen zu einer starken Wollschafzucht, so wenig wie Eng¬
land; aber es könnte, wie dieses, sich auf Züchtung von Fleischschafen ver¬
legen, von denen jenes Jnselland 163 Stück auf 100 Hektaren Landes hält.
Ueberhaupt vernachlässigen die Elsasser die Erzeugung von Mastvieh; doch


völkerung steht das ganze Elsaß auch in den technischen Gewerben von jün¬
gerem Datum, welche auf dem Ackerbau beruhen, hinter Französisch-Flandern
zurück, namentlich in Betreff der Rübenzuckerfabriken und Rübenbrennereien;
dagegen hat es die alten Gewerbe vervollkommnet, welche auf der Bearbei¬
tung des Krapps, des Modus, des Rapses, des Flachses, des Hanfs und
des Hopfens beruhen. Das stätige und ausdauernde Bemühen seiner Land¬
wirthe, die Erträge zu erhöhen, trägt seine Früchte: der Mohn, der Raps,
der Dotter geben im Mittel einen Ertrag von 500 — 600 Fr. von der Hek¬
tare (33—40 Thlr. vom pr. Morgen); der Hanf und Lein geben 38 Ctr.
(9'/z Ctr. vom Morgen) Faser, der Tabak gibt 1800 — 2000 Kilogr. (9-10
Centner vom Morgen) trockene Blätter, der Krapp doppelt so viel; die Hopfen¬
gärten liefern noch höhere Erträge.

Die Wiesen nehmen einen verhältnißmäßig kleinen Theil der Oberfläche
ein; aber der elsasser Landwirth versteht es, diesen Mangel um ein mehrfaches
zu ersetzen; von ihm soll der Futterrübenbau zuerst in größerem Umfange be¬
trieben und erst von hier über die Niederlande nach England gekommen sein,
wo er der wichtigste Hebel der dortigen ausgezeichneten Mastvieherzeugung
geworden ist. Im Elsaß wird die Stoppel unmittelbar nach der Ernte um¬
gebrochen, das Land erhält sofort eine halbe Düngung oder eine Berieselung
mit flüssigem Dünger und wird breitwürfig mit Stoppelrüben besäet. Unter
dem Einfluß der Sommerregeu und der hohen Temperatur der Monate August,
September und October entwickeln sich die Pflanzen schnell und liefern für
einen großen Theil des Winters das alleinige Futter für das Vieh. Im
Nieder-Rhein zählt man alljährlich etwa 20,000 Hektaren solcher Futterfelder.

Eine niedrigere Stufe nimmt das Elsaß in der Viehzucht ein. Die Pferde
sind klein und im Handel nicht gesucht. Besser ist es mit dem Rindvieh be¬
stellt, welches dem Schweizer Schlage angehört; es befinden sich davon im
Ober-Rhein 83 und im Nieder-Rhein 64 Stück auf 100 Hektaren; eine sehr
bedeutende Anzahl, welche auf die Wohlhabenheit auch der ärmeren Leute
schließen läßt, da der größere Theil des Rindviehes aus Milchkühen besteht.
Von Schafen werden dagegen im Nieder-Rhein nur 17, im Ober-Rhein
20 Stück gezählt, und diese Viehsorte zeichnet sich weder durch Größe und
Fleischmasse, noch durch Feinheit und Reichthum der Wolle aus. Allerdings
hat das Elsaß bei der großen Zerstückelung seines Bodens, bei der Dichtig¬
keit seiner Bevölkerung und der Jntensivität seiner Bodenverwerthung nicht
mehr die Bedingungen zu einer starken Wollschafzucht, so wenig wie Eng¬
land; aber es könnte, wie dieses, sich auf Züchtung von Fleischschafen ver¬
legen, von denen jenes Jnselland 163 Stück auf 100 Hektaren Landes hält.
Ueberhaupt vernachlässigen die Elsasser die Erzeugung von Mastvieh; doch


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[0059] völkerung steht das ganze Elsaß auch in den technischen Gewerben von jün¬ gerem Datum, welche auf dem Ackerbau beruhen, hinter Französisch-Flandern zurück, namentlich in Betreff der Rübenzuckerfabriken und Rübenbrennereien; dagegen hat es die alten Gewerbe vervollkommnet, welche auf der Bearbei¬ tung des Krapps, des Modus, des Rapses, des Flachses, des Hanfs und des Hopfens beruhen. Das stätige und ausdauernde Bemühen seiner Land¬ wirthe, die Erträge zu erhöhen, trägt seine Früchte: der Mohn, der Raps, der Dotter geben im Mittel einen Ertrag von 500 — 600 Fr. von der Hek¬ tare (33—40 Thlr. vom pr. Morgen); der Hanf und Lein geben 38 Ctr. (9'/z Ctr. vom Morgen) Faser, der Tabak gibt 1800 — 2000 Kilogr. (9-10 Centner vom Morgen) trockene Blätter, der Krapp doppelt so viel; die Hopfen¬ gärten liefern noch höhere Erträge. Die Wiesen nehmen einen verhältnißmäßig kleinen Theil der Oberfläche ein; aber der elsasser Landwirth versteht es, diesen Mangel um ein mehrfaches zu ersetzen; von ihm soll der Futterrübenbau zuerst in größerem Umfange be¬ trieben und erst von hier über die Niederlande nach England gekommen sein, wo er der wichtigste Hebel der dortigen ausgezeichneten Mastvieherzeugung geworden ist. Im Elsaß wird die Stoppel unmittelbar nach der Ernte um¬ gebrochen, das Land erhält sofort eine halbe Düngung oder eine Berieselung mit flüssigem Dünger und wird breitwürfig mit Stoppelrüben besäet. Unter dem Einfluß der Sommerregeu und der hohen Temperatur der Monate August, September und October entwickeln sich die Pflanzen schnell und liefern für einen großen Theil des Winters das alleinige Futter für das Vieh. Im Nieder-Rhein zählt man alljährlich etwa 20,000 Hektaren solcher Futterfelder. Eine niedrigere Stufe nimmt das Elsaß in der Viehzucht ein. Die Pferde sind klein und im Handel nicht gesucht. Besser ist es mit dem Rindvieh be¬ stellt, welches dem Schweizer Schlage angehört; es befinden sich davon im Ober-Rhein 83 und im Nieder-Rhein 64 Stück auf 100 Hektaren; eine sehr bedeutende Anzahl, welche auf die Wohlhabenheit auch der ärmeren Leute schließen läßt, da der größere Theil des Rindviehes aus Milchkühen besteht. Von Schafen werden dagegen im Nieder-Rhein nur 17, im Ober-Rhein 20 Stück gezählt, und diese Viehsorte zeichnet sich weder durch Größe und Fleischmasse, noch durch Feinheit und Reichthum der Wolle aus. Allerdings hat das Elsaß bei der großen Zerstückelung seines Bodens, bei der Dichtig¬ keit seiner Bevölkerung und der Jntensivität seiner Bodenverwerthung nicht mehr die Bedingungen zu einer starken Wollschafzucht, so wenig wie Eng¬ land; aber es könnte, wie dieses, sich auf Züchtung von Fleischschafen ver¬ legen, von denen jenes Jnselland 163 Stück auf 100 Hektaren Landes hält. Ueberhaupt vernachlässigen die Elsasser die Erzeugung von Mastvieh; doch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/59>, abgerufen am 27.12.2024.