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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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unseren Staatscassen zur Speculation behufs Hinauftreibung des Gold- und
Niederdrückung des Silberpreises am Weltmarkte benutzen, um uns das Gold
äußerst theuer zu verkaufen oder uns unser Silber zu Spottpreisen abzuneh¬
men, e) In Deutschland-werde dadurch ein Zustand geschaffen werden, wobei
Gesetz und Recht factisch auf den Kopf gestellt werden, da der Standpunkt
des Silbers, welches während der Uebergangsperiode das gesetzliche Geld bleiben
solle, durch den (möglicherweise) gesteigerten Preis der Goldstücke erschüttert
werde. Das heißt also, er fürchtet, daß, weil wir Goldstücke, als Waare,
für eine Zeit lang höher bezahlen, als es im Auslande geschieht, unser Geld
(das Silber) seinen festen Werth anderen Waaren gegenüber nicht werde be¬
haupten können, oder mit anderen Worten, daß die Preise aller Waaren
dem Silber gegenüber steigen werden.

Hierauf antworte ich: Zu ^) Die Forderungen des Auslandes haben ihren
Ursprung in unseren Ankäufen fremder Producte z, B. englischer Baumwoll¬
waaren, französischer Weine. Diese Verkäufe an uns schließt das Ausland
in seiner Währung ab, nicht in der unsrigen. Wir haben England seine
Calicos in Sterling zu bezahlen, mögen wir Münzreform treiben oder
nicht, es bleibt daher im Betreffe seiner Forderungen an uns gänzlich unbe-
theiligt dabei, wie sich bei uns die Münzverhältnisse gestalten. Hätte das Aus¬
land jedoch Forderungen an Deutschland in Silberwährung, so würde überhaupt
das Sinken des Silberpreises auf dem Weltmarkte in Folge unserer Münzre¬
form d. h. in Folge der Nothwendigkeit, unser Silber an den Mann zu
bringen, ungünstig auf den deutschen Wechselcurs wirken -- das ist gar keine
Frage. Dasselbe ungefähr habe ich (V. Heft I. Z. 19 und 26; II. S. 3.)
selbst gesagt, es ist also keine Entdeckung des Herrn Dr. Weibezahn. Dieß
ist aber nicht blos Folge unsrer Maßregeln, die neuen Goldstücke uns zu be¬
wahren, sondern das nothwendige Resultat unsrer Münzreform insoweit,
als die Aufrechthaltung der französischen Doppelwährung uns nicht dagegen
schützt. Was Herrn Dr. Weibezahn's Aeußerung betrifft, der deutsche Wechsel¬
curs werde im Auslande der erlittenen Einbuße dauernd unterworfen blei¬
ben, so ist dieselbe etwas unbestimmt. Es handelt sich hier doch überhaupt
nur um Zustände, welche für die Dauer der Uebergangsperiode entstehen
können, also etwa für die Dauer von zwei Jahren. Sobald unser Silber
beseitigt und die Goldwährung in Kraft getreten ist, hören sie von selbst auf.

Zu b) Einerseits ist hier zu bedenken, daß, wenn Deutschland be¬
deutende Summen an Gold von Frankreich erhält, wir uns dem Auslande
gegenüber nicht mehr ganz in derselben Stellung befinden werden wie früher,
wo alles Gold hätte vom Auslande, als Verkäufer, bezogen werden müssen,
daß der Staat bei uns jetzt selbst als Verkäufer von Gold, also als Con-
current des goldbesitzenden Auslandes auftreten wird, wodurch dessen etwaigen.


unseren Staatscassen zur Speculation behufs Hinauftreibung des Gold- und
Niederdrückung des Silberpreises am Weltmarkte benutzen, um uns das Gold
äußerst theuer zu verkaufen oder uns unser Silber zu Spottpreisen abzuneh¬
men, e) In Deutschland-werde dadurch ein Zustand geschaffen werden, wobei
Gesetz und Recht factisch auf den Kopf gestellt werden, da der Standpunkt
des Silbers, welches während der Uebergangsperiode das gesetzliche Geld bleiben
solle, durch den (möglicherweise) gesteigerten Preis der Goldstücke erschüttert
werde. Das heißt also, er fürchtet, daß, weil wir Goldstücke, als Waare,
für eine Zeit lang höher bezahlen, als es im Auslande geschieht, unser Geld
(das Silber) seinen festen Werth anderen Waaren gegenüber nicht werde be¬
haupten können, oder mit anderen Worten, daß die Preise aller Waaren
dem Silber gegenüber steigen werden.

Hierauf antworte ich: Zu ^) Die Forderungen des Auslandes haben ihren
Ursprung in unseren Ankäufen fremder Producte z, B. englischer Baumwoll¬
waaren, französischer Weine. Diese Verkäufe an uns schließt das Ausland
in seiner Währung ab, nicht in der unsrigen. Wir haben England seine
Calicos in Sterling zu bezahlen, mögen wir Münzreform treiben oder
nicht, es bleibt daher im Betreffe seiner Forderungen an uns gänzlich unbe-
theiligt dabei, wie sich bei uns die Münzverhältnisse gestalten. Hätte das Aus¬
land jedoch Forderungen an Deutschland in Silberwährung, so würde überhaupt
das Sinken des Silberpreises auf dem Weltmarkte in Folge unserer Münzre¬
form d. h. in Folge der Nothwendigkeit, unser Silber an den Mann zu
bringen, ungünstig auf den deutschen Wechselcurs wirken — das ist gar keine
Frage. Dasselbe ungefähr habe ich (V. Heft I. Z. 19 und 26; II. S. 3.)
selbst gesagt, es ist also keine Entdeckung des Herrn Dr. Weibezahn. Dieß
ist aber nicht blos Folge unsrer Maßregeln, die neuen Goldstücke uns zu be¬
wahren, sondern das nothwendige Resultat unsrer Münzreform insoweit,
als die Aufrechthaltung der französischen Doppelwährung uns nicht dagegen
schützt. Was Herrn Dr. Weibezahn's Aeußerung betrifft, der deutsche Wechsel¬
curs werde im Auslande der erlittenen Einbuße dauernd unterworfen blei¬
ben, so ist dieselbe etwas unbestimmt. Es handelt sich hier doch überhaupt
nur um Zustände, welche für die Dauer der Uebergangsperiode entstehen
können, also etwa für die Dauer von zwei Jahren. Sobald unser Silber
beseitigt und die Goldwährung in Kraft getreten ist, hören sie von selbst auf.

Zu b) Einerseits ist hier zu bedenken, daß, wenn Deutschland be¬
deutende Summen an Gold von Frankreich erhält, wir uns dem Auslande
gegenüber nicht mehr ganz in derselben Stellung befinden werden wie früher,
wo alles Gold hätte vom Auslande, als Verkäufer, bezogen werden müssen,
daß der Staat bei uns jetzt selbst als Verkäufer von Gold, also als Con-
current des goldbesitzenden Auslandes auftreten wird, wodurch dessen etwaigen.


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[0381] unseren Staatscassen zur Speculation behufs Hinauftreibung des Gold- und Niederdrückung des Silberpreises am Weltmarkte benutzen, um uns das Gold äußerst theuer zu verkaufen oder uns unser Silber zu Spottpreisen abzuneh¬ men, e) In Deutschland-werde dadurch ein Zustand geschaffen werden, wobei Gesetz und Recht factisch auf den Kopf gestellt werden, da der Standpunkt des Silbers, welches während der Uebergangsperiode das gesetzliche Geld bleiben solle, durch den (möglicherweise) gesteigerten Preis der Goldstücke erschüttert werde. Das heißt also, er fürchtet, daß, weil wir Goldstücke, als Waare, für eine Zeit lang höher bezahlen, als es im Auslande geschieht, unser Geld (das Silber) seinen festen Werth anderen Waaren gegenüber nicht werde be¬ haupten können, oder mit anderen Worten, daß die Preise aller Waaren dem Silber gegenüber steigen werden. Hierauf antworte ich: Zu ^) Die Forderungen des Auslandes haben ihren Ursprung in unseren Ankäufen fremder Producte z, B. englischer Baumwoll¬ waaren, französischer Weine. Diese Verkäufe an uns schließt das Ausland in seiner Währung ab, nicht in der unsrigen. Wir haben England seine Calicos in Sterling zu bezahlen, mögen wir Münzreform treiben oder nicht, es bleibt daher im Betreffe seiner Forderungen an uns gänzlich unbe- theiligt dabei, wie sich bei uns die Münzverhältnisse gestalten. Hätte das Aus¬ land jedoch Forderungen an Deutschland in Silberwährung, so würde überhaupt das Sinken des Silberpreises auf dem Weltmarkte in Folge unserer Münzre¬ form d. h. in Folge der Nothwendigkeit, unser Silber an den Mann zu bringen, ungünstig auf den deutschen Wechselcurs wirken — das ist gar keine Frage. Dasselbe ungefähr habe ich (V. Heft I. Z. 19 und 26; II. S. 3.) selbst gesagt, es ist also keine Entdeckung des Herrn Dr. Weibezahn. Dieß ist aber nicht blos Folge unsrer Maßregeln, die neuen Goldstücke uns zu be¬ wahren, sondern das nothwendige Resultat unsrer Münzreform insoweit, als die Aufrechthaltung der französischen Doppelwährung uns nicht dagegen schützt. Was Herrn Dr. Weibezahn's Aeußerung betrifft, der deutsche Wechsel¬ curs werde im Auslande der erlittenen Einbuße dauernd unterworfen blei¬ ben, so ist dieselbe etwas unbestimmt. Es handelt sich hier doch überhaupt nur um Zustände, welche für die Dauer der Uebergangsperiode entstehen können, also etwa für die Dauer von zwei Jahren. Sobald unser Silber beseitigt und die Goldwährung in Kraft getreten ist, hören sie von selbst auf. Zu b) Einerseits ist hier zu bedenken, daß, wenn Deutschland be¬ deutende Summen an Gold von Frankreich erhält, wir uns dem Auslande gegenüber nicht mehr ganz in derselben Stellung befinden werden wie früher, wo alles Gold hätte vom Auslande, als Verkäufer, bezogen werden müssen, daß der Staat bei uns jetzt selbst als Verkäufer von Gold, also als Con- current des goldbesitzenden Auslandes auftreten wird, wodurch dessen etwaigen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/381>, abgerufen am 29.09.2024.