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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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erklärtes Ziel darauf hinausgeht, dem gegenwärtigen auf 16,666 Gramm
Feinsilber basirenden Werthbegriffe des Thalers eine Basis von 1 Gramm
Feingold zu substituiren, das heute in Silber nur einen Werth von 28 Sgr.
hat!" Das heißt auf deutsch, er klagt mich an, ich arbeite darauf hin, den
Werth des Silbers absichtlich um 2 Sgr. auf den Thaler hinabzudrücken zu
Gunsten des Goldthalers von 1 Gramm. Das ist geradezu Sophistik! Ich
fordere ihn auf, die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen. Eben well
er selbst in dieser Weise verfahren ist, weil, -- woraus er ja gar kein Hehl
macht, -- feine ganze künstliche Theorie des Ueberganges zur Goldwährung
den ausschließlichen Zweck hat, seinen Goldgulden zu empfehlen, dichtet er mir
komischer Weise einen ähnlichen Zweck an. Meine Theorie des Uebergangs¬
gesetzes gilt ebenso für seinen Goldgulden oder den soeben in Berlin er¬
fundenen preußischen Goldthaler von l^g Gramm fein wie für das metrische
System (s. V. Heft § 31.)

Die angeführten vier Punkte betreffen gegen mich gerichtete Anklagen,
deren einzige Grundlage in einer absichtlich falschen Darstellung meiner Aus¬
führungen (im V. Hefte zur deutschen Münzfrage) besteht.

Ich komme jetzt noch auf einige andere Fragen zurück.

1) Wundert sich Herr Dr. Weibezahn darüber, daß ich auch Angesichts der
zu erwartenden Kriegsentschädigungen noch an meinem früheren Vorschlage fest
halte, der Austausch des Silbers gegen Gold müsse nicht durch eignes Goldprägen
der Finanzverwaltung, sondern durch Vermittelung der Geschäftswelt statt¬
finden. Mein Grund dazu liegt großentheils in der Ueberzeugung, daß während
der Uebergangsperiode der Staat, als Eigenthümer des Goldes und als Leiter
der Münzreform, zur Einführung der Goldwährung sich in der Nothwendig¬
keit befindet, um nicht im Dunkeln zu tappen, Fühlung mit dem Welt¬
markte zu erlangen und zu bewahren. Das kann er aber nur da¬
durch, daß er sein Gold an den Meistbietenden verkauft und dagegen es der
Geschäftswelt überläßt, seine Münzstätten zum Goldprägen für ihre Rechnung
zu benutzen. So lange sie prägen läßt, liegt diese Fühlung vor.

2) Habe ich früher die Meinung ausgesprochen, da jeder Zwangscurs
ein Eingriff in das Privatrecht sei, so wäre zu wünschen, daß jeder Zwang
ausgeschlossen bliebe; nur sähe ich nicht ein, wie auf diese Weise Gold in
Umlauf kommen solle, da, wenn die Goldstücke nirgends einen festen Curs
hätten, es ihnen gehen werde wie bisher der Krone, welche eben deßhalb keine
Aufnahme finde, weil sie nur Waare, kein Geld sei; ich halte es aber für
genügend, wenn ein Zwangseurs für alle öffentlichen Cassen, d. h. alle Ein¬
nahmen und Ausgaben des Staates festgesetzt werde; dann könne der Privat¬
verkehr seine völlige Freiheit behalten, da, wenn die Goldstücke zu festem
Curse von jeder öffentlichen Casse angenommen werden, jeder Privatmann sie


erklärtes Ziel darauf hinausgeht, dem gegenwärtigen auf 16,666 Gramm
Feinsilber basirenden Werthbegriffe des Thalers eine Basis von 1 Gramm
Feingold zu substituiren, das heute in Silber nur einen Werth von 28 Sgr.
hat!" Das heißt auf deutsch, er klagt mich an, ich arbeite darauf hin, den
Werth des Silbers absichtlich um 2 Sgr. auf den Thaler hinabzudrücken zu
Gunsten des Goldthalers von 1 Gramm. Das ist geradezu Sophistik! Ich
fordere ihn auf, die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen. Eben well
er selbst in dieser Weise verfahren ist, weil, — woraus er ja gar kein Hehl
macht, — feine ganze künstliche Theorie des Ueberganges zur Goldwährung
den ausschließlichen Zweck hat, seinen Goldgulden zu empfehlen, dichtet er mir
komischer Weise einen ähnlichen Zweck an. Meine Theorie des Uebergangs¬
gesetzes gilt ebenso für seinen Goldgulden oder den soeben in Berlin er¬
fundenen preußischen Goldthaler von l^g Gramm fein wie für das metrische
System (s. V. Heft § 31.)

Die angeführten vier Punkte betreffen gegen mich gerichtete Anklagen,
deren einzige Grundlage in einer absichtlich falschen Darstellung meiner Aus¬
führungen (im V. Hefte zur deutschen Münzfrage) besteht.

Ich komme jetzt noch auf einige andere Fragen zurück.

1) Wundert sich Herr Dr. Weibezahn darüber, daß ich auch Angesichts der
zu erwartenden Kriegsentschädigungen noch an meinem früheren Vorschlage fest
halte, der Austausch des Silbers gegen Gold müsse nicht durch eignes Goldprägen
der Finanzverwaltung, sondern durch Vermittelung der Geschäftswelt statt¬
finden. Mein Grund dazu liegt großentheils in der Ueberzeugung, daß während
der Uebergangsperiode der Staat, als Eigenthümer des Goldes und als Leiter
der Münzreform, zur Einführung der Goldwährung sich in der Nothwendig¬
keit befindet, um nicht im Dunkeln zu tappen, Fühlung mit dem Welt¬
markte zu erlangen und zu bewahren. Das kann er aber nur da¬
durch, daß er sein Gold an den Meistbietenden verkauft und dagegen es der
Geschäftswelt überläßt, seine Münzstätten zum Goldprägen für ihre Rechnung
zu benutzen. So lange sie prägen läßt, liegt diese Fühlung vor.

2) Habe ich früher die Meinung ausgesprochen, da jeder Zwangscurs
ein Eingriff in das Privatrecht sei, so wäre zu wünschen, daß jeder Zwang
ausgeschlossen bliebe; nur sähe ich nicht ein, wie auf diese Weise Gold in
Umlauf kommen solle, da, wenn die Goldstücke nirgends einen festen Curs
hätten, es ihnen gehen werde wie bisher der Krone, welche eben deßhalb keine
Aufnahme finde, weil sie nur Waare, kein Geld sei; ich halte es aber für
genügend, wenn ein Zwangseurs für alle öffentlichen Cassen, d. h. alle Ein¬
nahmen und Ausgaben des Staates festgesetzt werde; dann könne der Privat¬
verkehr seine völlige Freiheit behalten, da, wenn die Goldstücke zu festem
Curse von jeder öffentlichen Casse angenommen werden, jeder Privatmann sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/379>, abgerufen am 29.09.2024.