Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.zuwiderlaufende Mittel, Rohheiten, Widersinnigkeiten. Ueberall ein reizendes In Hamburg ist 1866 die Oper mit immer erneutem Erfolge gegeben- zuwiderlaufende Mittel, Rohheiten, Widersinnigkeiten. Ueberall ein reizendes In Hamburg ist 1866 die Oper mit immer erneutem Erfolge gegeben- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125758"/> <p xml:id="ID_1677" prev="#ID_1676"> zuwiderlaufende Mittel, Rohheiten, Widersinnigkeiten. Ueberall ein reizendes<lb/> Colorit, eine lebhafte, aber harmonische Klangfülle, eine maßhaltende Kraft<lb/> und tiefe Kenntniß der Natur jedes Instrumentes, seiner verschiedenen<lb/> Charaktere, seiner Sympathieen und Antipathien mit den andern Gliedern<lb/> der Orchesterfamilie; überall endlich Festhalten der innigsten Beziehun¬<lb/> gen zwischen Theater und Orchester, nirgends ein zweckloser Effect, ein<lb/> ungerechtfertigter Accent. — Man macht W. aus seiner BeHandlungsweise<lb/> der Singstimmen einen Vorwurf; leider ist der Borwurf begründet. Oft<lb/> bürdet er ihnen Tonfolgen von außerordentlicher Schwierigkeit auf, welche<lb/> kaum für ein anderes Instrument als für das Pianoforte passen dürften.<lb/> Aber dieser Fehler — welcher übrigens nicht so weit geht, wie man<lb/> behauptet — hört auf. einer zu sein, wenn die Eigenheit der Gesang¬<lb/> stelle eine dramatische Tendenz hat. Dann wird sie im Gegentheile zur<lb/> Schönheit; nur in den Augen der Sänger bleibt der Komponist tadelns¬<lb/> wert!), weil sie gezwungen sind, sich Mühe zu geben, und sich Studien zu<lb/> widmen, welche die banale Musik ihnen nicht auferlegt." — „Unter den<lb/> 22 Stücken, aus denen die Partitur des Oberon besteht, finde ich kein einziges<lb/> schwaches. Erfindungskraft, Eingebung, Kenntniß, gesunde Einsicht machen<lb/> sich überall geltend, und fast widerwillig führen wir vorzugsweise vor den<lb/> andern Musikstücken vor:" (Hier werden nun genannt: 1, Huon's Arie<lb/> X. S, Finale I, 6, Türkenchor 7. Huon's Gebet, Rezia's Scene F. 13,<lb/> Meermädchenlied und Schlußchvr des Finales II, Fatime's' Romanze 16,<lb/> Duett N. 17, Terzcttino 18 und Ballet und Chor N. 21.) „— Die Zu¬<lb/> hörer verlangten vier Musikstücke und die Ouvertüre 6» Oaxo; die Menge,<lb/> welche drei Stunden lang mit Entzücken diese Musik von so ganz neuem<lb/> Geiste genossen hatte, verließ das Theater in einem Zustande wahrer Berau¬<lb/> schung. Das ist, ich wiederhole es, ein Erfolg, ein erhabener, großer<lb/> Erfolg :c." (S. Berlioz' hinterlassene Schriften, deutsch von Rich. Pohl,<lb/> Leipzig, Heinze, 1864. Bd. I x. 287—302.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1678" next="#ID_1679"> In Hamburg ist 1866 die Oper mit immer erneutem Erfolge gegeben-<lb/> Theodor Gaß manu hatte sie dazu einer durchgreifenden Umwandlung unterwor¬<lb/> fen, in so fern die Handlung vereinfacht, der Dialog gekürzt, Episoden und nur<lb/> sprechende Personen ganz gestrichen und die früheren 16 Verwandlungen auf 8 re-<lb/> ducirt waren. Dies Arrangement soll vortrefflich wirken. Unbezweifelt aber ist die<lb/> Musikdabei unb erührt geblieben und der musikalische Lebensnerv nicht verletzt<lb/> worden, wie dies gegentheils in neuster Zeit auf einigen deutschen Bühnen gesche¬<lb/> hen ist, indem man den Schluß-Theil des 3. Acts der Oper vom großen Marsche<lb/> an und incl. desselben, so wie den Schluß-Theil des 2. Finales, der auf das<lb/> Lied des Meermädchens folgt, wegließ und als Ersatz für letztere Weglassung<lb/> ein Wandelbild vorüberziehen ließ, zu welchem das Meermädchenlied unaus-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
zuwiderlaufende Mittel, Rohheiten, Widersinnigkeiten. Ueberall ein reizendes
Colorit, eine lebhafte, aber harmonische Klangfülle, eine maßhaltende Kraft
und tiefe Kenntniß der Natur jedes Instrumentes, seiner verschiedenen
Charaktere, seiner Sympathieen und Antipathien mit den andern Gliedern
der Orchesterfamilie; überall endlich Festhalten der innigsten Beziehun¬
gen zwischen Theater und Orchester, nirgends ein zweckloser Effect, ein
ungerechtfertigter Accent. — Man macht W. aus seiner BeHandlungsweise
der Singstimmen einen Vorwurf; leider ist der Borwurf begründet. Oft
bürdet er ihnen Tonfolgen von außerordentlicher Schwierigkeit auf, welche
kaum für ein anderes Instrument als für das Pianoforte passen dürften.
Aber dieser Fehler — welcher übrigens nicht so weit geht, wie man
behauptet — hört auf. einer zu sein, wenn die Eigenheit der Gesang¬
stelle eine dramatische Tendenz hat. Dann wird sie im Gegentheile zur
Schönheit; nur in den Augen der Sänger bleibt der Komponist tadelns¬
wert!), weil sie gezwungen sind, sich Mühe zu geben, und sich Studien zu
widmen, welche die banale Musik ihnen nicht auferlegt." — „Unter den
22 Stücken, aus denen die Partitur des Oberon besteht, finde ich kein einziges
schwaches. Erfindungskraft, Eingebung, Kenntniß, gesunde Einsicht machen
sich überall geltend, und fast widerwillig führen wir vorzugsweise vor den
andern Musikstücken vor:" (Hier werden nun genannt: 1, Huon's Arie
X. S, Finale I, 6, Türkenchor 7. Huon's Gebet, Rezia's Scene F. 13,
Meermädchenlied und Schlußchvr des Finales II, Fatime's' Romanze 16,
Duett N. 17, Terzcttino 18 und Ballet und Chor N. 21.) „— Die Zu¬
hörer verlangten vier Musikstücke und die Ouvertüre 6» Oaxo; die Menge,
welche drei Stunden lang mit Entzücken diese Musik von so ganz neuem
Geiste genossen hatte, verließ das Theater in einem Zustande wahrer Berau¬
schung. Das ist, ich wiederhole es, ein Erfolg, ein erhabener, großer
Erfolg :c." (S. Berlioz' hinterlassene Schriften, deutsch von Rich. Pohl,
Leipzig, Heinze, 1864. Bd. I x. 287—302.)
In Hamburg ist 1866 die Oper mit immer erneutem Erfolge gegeben-
Theodor Gaß manu hatte sie dazu einer durchgreifenden Umwandlung unterwor¬
fen, in so fern die Handlung vereinfacht, der Dialog gekürzt, Episoden und nur
sprechende Personen ganz gestrichen und die früheren 16 Verwandlungen auf 8 re-
ducirt waren. Dies Arrangement soll vortrefflich wirken. Unbezweifelt aber ist die
Musikdabei unb erührt geblieben und der musikalische Lebensnerv nicht verletzt
worden, wie dies gegentheils in neuster Zeit auf einigen deutschen Bühnen gesche¬
hen ist, indem man den Schluß-Theil des 3. Acts der Oper vom großen Marsche
an und incl. desselben, so wie den Schluß-Theil des 2. Finales, der auf das
Lied des Meermädchens folgt, wegließ und als Ersatz für letztere Weglassung
ein Wandelbild vorüberziehen ließ, zu welchem das Meermädchenlied unaus-
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