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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Land ausgebreitet, welches mit Recht bald die "Insel des Rosenapfels", bald
das "ernährende fruchtbare" genannt, mit seinen Schätzen Jahrhunderte lang
das alternde Old-England zu immer neuer Kraft verjüngt hat, wie Mutter
Gäa jenen griechischen Niesen im Kämpfe. Unerschöpflich war Hindostans
und Dekans Productionsfähigkeit; aus den zahlreichen Kriegen und aus den
nicht minder gefährlichen Finanz- und Steueroperationen der angloindischen
Machthaber ging es immer wieder zu neuem Aufschwünge über, nachdem an
die Stelle der Aussaugungssysteme vernünftige Staatswirthschaft getreten war.

Kein Wunder, wenn jenes Prestige, das Indien auszeichnet, mit jenem
Schimmer auch das wichtige Agens umgibt, welches die Brücke für den Ver¬
kehr zweier Welttheile bildet, indem es, mit Leichtigkeit kolossale Entfernun¬
gen überwindend, die Quintessenz des geistigen Stroms zwischen Europa und
Asien hinüber- und herüberträgt, wir meinen die Britisch-Indische Post
(tlnz 0on;rlanc1 nun, I-i Ratte äos ImZ<Z8, la, V-iIigm actis Inäis). Auf der
Indischen Halbinsel hatten die Briten 176S die ersten zwischen Kalkutta und
Muschebad coursirenden Posten errichtet. Oberst Capper war es, welcher
zuerst im Jahre 1790 anregte, die Regierungsdepeschen für Indien, welche
seit den Entdeckungen der Portugiesen ausschließlich den Weg um's Cap der
guten Hoffnung genommen hatten, über Suez zu expediren. Die erste Aus¬
führung bewirkte Colonel Taylor 1801. Es war also die alte Handelsstraße
der Venetianer wieder aufgesucht, die wir oben besprochen haben. Später
bildete sich eine eigene Schifffahrts - Gesellschaft für Indien, die ?onmsulg.r
and Orilmwl Lteam -Mvigatiov-vowxagn? und stellte zu Ende der dreißiger
Jahre die erste Dampfschifffahrt zwischen Indien und Suez her, nachdem
schon 1830 Capitain Waghorn mit vielen Opfern durchgesetzt hatte, daß
die Indische Post über das Rothe Meer, Suez, Kairo (Msr s.1 K-Mra,
seil 969 Residenz Aegyptens) und Alexandrien (von Suez bis Kairo auf
Wüstenkamelen, von Kairo bis Alexandrien auf dem Nil) geleitet wurde.
Die Postdampfer von Bombay bis Suez brauchen jetzt 14 Tage; von Suez
wird die Eisenbahn über Kairo nach Alexandrien zum Posttransport benutzt.
Ob nach Eröffnung des Suez-Canals. welche am 16. November 1869 erfolgt ist,
die Eisenbahnroute verlassen und der Canalweg (von Suez über Chaluf, die
Bitterseen, das Serapeum. über Jsmailia. Kantara nach Port-Said, dem
aufblühenden Rivalen Alexandriens) eingeschlagen werden soll, unterliegt noch
der näheren Untersuchung; einstweilen bietet die Passage durch den Canal
noch nicht die vollen Garantien, deren der Posttransport bedarf. Von Alexan¬
drien bieten sich für die Indische Post zwei Hauptrouten nach London dar.
Die Eine durchschneidet das Mittelmeer fast in seiner ganzen Länge, berührt
Malta und betritt den Continent in Marseille, von wo die Eisenstraßen
durch Frankreich bis Calais reichen, dem Uebergangspunkte auf die Dampfer


Land ausgebreitet, welches mit Recht bald die „Insel des Rosenapfels", bald
das „ernährende fruchtbare" genannt, mit seinen Schätzen Jahrhunderte lang
das alternde Old-England zu immer neuer Kraft verjüngt hat, wie Mutter
Gäa jenen griechischen Niesen im Kämpfe. Unerschöpflich war Hindostans
und Dekans Productionsfähigkeit; aus den zahlreichen Kriegen und aus den
nicht minder gefährlichen Finanz- und Steueroperationen der angloindischen
Machthaber ging es immer wieder zu neuem Aufschwünge über, nachdem an
die Stelle der Aussaugungssysteme vernünftige Staatswirthschaft getreten war.

Kein Wunder, wenn jenes Prestige, das Indien auszeichnet, mit jenem
Schimmer auch das wichtige Agens umgibt, welches die Brücke für den Ver¬
kehr zweier Welttheile bildet, indem es, mit Leichtigkeit kolossale Entfernun¬
gen überwindend, die Quintessenz des geistigen Stroms zwischen Europa und
Asien hinüber- und herüberträgt, wir meinen die Britisch-Indische Post
(tlnz 0on;rlanc1 nun, I-i Ratte äos ImZ<Z8, la, V-iIigm actis Inäis). Auf der
Indischen Halbinsel hatten die Briten 176S die ersten zwischen Kalkutta und
Muschebad coursirenden Posten errichtet. Oberst Capper war es, welcher
zuerst im Jahre 1790 anregte, die Regierungsdepeschen für Indien, welche
seit den Entdeckungen der Portugiesen ausschließlich den Weg um's Cap der
guten Hoffnung genommen hatten, über Suez zu expediren. Die erste Aus¬
führung bewirkte Colonel Taylor 1801. Es war also die alte Handelsstraße
der Venetianer wieder aufgesucht, die wir oben besprochen haben. Später
bildete sich eine eigene Schifffahrts - Gesellschaft für Indien, die ?onmsulg.r
and Orilmwl Lteam -Mvigatiov-vowxagn? und stellte zu Ende der dreißiger
Jahre die erste Dampfschifffahrt zwischen Indien und Suez her, nachdem
schon 1830 Capitain Waghorn mit vielen Opfern durchgesetzt hatte, daß
die Indische Post über das Rothe Meer, Suez, Kairo (Msr s.1 K-Mra,
seil 969 Residenz Aegyptens) und Alexandrien (von Suez bis Kairo auf
Wüstenkamelen, von Kairo bis Alexandrien auf dem Nil) geleitet wurde.
Die Postdampfer von Bombay bis Suez brauchen jetzt 14 Tage; von Suez
wird die Eisenbahn über Kairo nach Alexandrien zum Posttransport benutzt.
Ob nach Eröffnung des Suez-Canals. welche am 16. November 1869 erfolgt ist,
die Eisenbahnroute verlassen und der Canalweg (von Suez über Chaluf, die
Bitterseen, das Serapeum. über Jsmailia. Kantara nach Port-Said, dem
aufblühenden Rivalen Alexandriens) eingeschlagen werden soll, unterliegt noch
der näheren Untersuchung; einstweilen bietet die Passage durch den Canal
noch nicht die vollen Garantien, deren der Posttransport bedarf. Von Alexan¬
drien bieten sich für die Indische Post zwei Hauptrouten nach London dar.
Die Eine durchschneidet das Mittelmeer fast in seiner ganzen Länge, berührt
Malta und betritt den Continent in Marseille, von wo die Eisenstraßen
durch Frankreich bis Calais reichen, dem Uebergangspunkte auf die Dampfer


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[0424] Land ausgebreitet, welches mit Recht bald die „Insel des Rosenapfels", bald das „ernährende fruchtbare" genannt, mit seinen Schätzen Jahrhunderte lang das alternde Old-England zu immer neuer Kraft verjüngt hat, wie Mutter Gäa jenen griechischen Niesen im Kämpfe. Unerschöpflich war Hindostans und Dekans Productionsfähigkeit; aus den zahlreichen Kriegen und aus den nicht minder gefährlichen Finanz- und Steueroperationen der angloindischen Machthaber ging es immer wieder zu neuem Aufschwünge über, nachdem an die Stelle der Aussaugungssysteme vernünftige Staatswirthschaft getreten war. Kein Wunder, wenn jenes Prestige, das Indien auszeichnet, mit jenem Schimmer auch das wichtige Agens umgibt, welches die Brücke für den Ver¬ kehr zweier Welttheile bildet, indem es, mit Leichtigkeit kolossale Entfernun¬ gen überwindend, die Quintessenz des geistigen Stroms zwischen Europa und Asien hinüber- und herüberträgt, wir meinen die Britisch-Indische Post (tlnz 0on;rlanc1 nun, I-i Ratte äos ImZ<Z8, la, V-iIigm actis Inäis). Auf der Indischen Halbinsel hatten die Briten 176S die ersten zwischen Kalkutta und Muschebad coursirenden Posten errichtet. Oberst Capper war es, welcher zuerst im Jahre 1790 anregte, die Regierungsdepeschen für Indien, welche seit den Entdeckungen der Portugiesen ausschließlich den Weg um's Cap der guten Hoffnung genommen hatten, über Suez zu expediren. Die erste Aus¬ führung bewirkte Colonel Taylor 1801. Es war also die alte Handelsstraße der Venetianer wieder aufgesucht, die wir oben besprochen haben. Später bildete sich eine eigene Schifffahrts - Gesellschaft für Indien, die ?onmsulg.r and Orilmwl Lteam -Mvigatiov-vowxagn? und stellte zu Ende der dreißiger Jahre die erste Dampfschifffahrt zwischen Indien und Suez her, nachdem schon 1830 Capitain Waghorn mit vielen Opfern durchgesetzt hatte, daß die Indische Post über das Rothe Meer, Suez, Kairo (Msr s.1 K-Mra, seil 969 Residenz Aegyptens) und Alexandrien (von Suez bis Kairo auf Wüstenkamelen, von Kairo bis Alexandrien auf dem Nil) geleitet wurde. Die Postdampfer von Bombay bis Suez brauchen jetzt 14 Tage; von Suez wird die Eisenbahn über Kairo nach Alexandrien zum Posttransport benutzt. Ob nach Eröffnung des Suez-Canals. welche am 16. November 1869 erfolgt ist, die Eisenbahnroute verlassen und der Canalweg (von Suez über Chaluf, die Bitterseen, das Serapeum. über Jsmailia. Kantara nach Port-Said, dem aufblühenden Rivalen Alexandriens) eingeschlagen werden soll, unterliegt noch der näheren Untersuchung; einstweilen bietet die Passage durch den Canal noch nicht die vollen Garantien, deren der Posttransport bedarf. Von Alexan¬ drien bieten sich für die Indische Post zwei Hauptrouten nach London dar. Die Eine durchschneidet das Mittelmeer fast in seiner ganzen Länge, berührt Malta und betritt den Continent in Marseille, von wo die Eisenstraßen durch Frankreich bis Calais reichen, dem Uebergangspunkte auf die Dampfer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/424>, abgerufen am 23.07.2024.