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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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22 april und d. 28 sind die lieben Jungen nach den lieben Giesen gezogen.
Aber ich sol ihnen schreiben, wie Sie lebten. Wie kan ich daß -- vergnügt
herlich und in Freyden, leben wir zusamen. ach wehren sie auch bey uns ge¬
wesen. Dausen Mahl habe ich Sie zu uns gewünscht, oft sehr oft habe ich
mit Schleiermacher von ihnen gesprochen von all ihren Verdiensten und Vor¬
zügen, die Sie vor andern jungen haben. -- Lentz wahr hier und ich habe
ihn nicht gesehen. Mein Bruder und Ernst sind ihm entgegengeritten 3 Stun¬
den. Nun lieber Bruder wil ich ihnen auch sagen, wie die Junge gekleidet
wahren. Einer wie der ander, so weit gelb ihre gleichheit. daß sie sogar
einerley Stück, Hüt und Schladern Haben -- Sie machten in Francksurth
groß aufsehens, jeder Kerl blieb stehen und gast sie an/ Als Sie Lenz ent-
gegen reitten, hatten Sie ihre blauen Frack und gelben Meschlen an weißen
Hüt mit gelben Bender und so sind sie Lenz in der Stadt vor der Kusche
her geritten. Wahr daß nicht herrlich, so einen Jungen wie Lentz ist vor
zu reitten.

Auch macht sich unser Max in Franckfurt sein Leben zu nutz, er ist oft
sehr oft spazieren gegannen, nach Mainz gereist und so lebt er.

O wehr ich doch auch ein Jung, wie wir Mädchen so Ehlende Geschäft
sind -- wehr ich Ein Jung, ich könnte reißen, lente viel vergnügen genüßen,
daß ihr Jungen allein habt. Eins will ich ihnen sagen, wo ich Sie sehr
darüber bereute das schrnttsschuhlausen habt ihr allein und ich muß
den Winter alle die Kerls laufen sehen und mußte mit zu sehen und
konte nicht laufen. Nun lieber Kayser wird ihnen mein langes geweß
nicht zu lang werden, aber ich muß Sie doch noch eignes fragen. Sie habe
mir noch niemals geschat (sie), wie Sie lebten noch nichts von der schöne
gegen von den Hügel und weiden die sie haben. Gewiß lebten Sie besser,
wie ich. Dann ich muß mein Leben ohne Geselschaft durch brinen. Gesel-
schaft kent ich wohl haben, aber nicht die ich wünste. Francksurth ist so lehr,
sie sind fort, Göthe und alle die gukte Seyd.

Nun lieber, will ich Sie noch um was bitten, wenn es seyn kan, um
den lieben Herrn Lavater seyn Portrait, dan ich lieb ihn sehr, er ist mir ein
heiliger Mond (sie), werten Sie aber nicht böß über alle meine Fortrung
werten. Meine liebe Mutter und Schwester grüst Sie herzlich und lieben
Sie sehr, ach wehren Sie nur einmal bey uns. Adieu, leben Sie wohl und
vergessen Sie nicht, daß Sie mir noch 2 Brief schuldig sind, schreiben Sie
mir bald und viel und was neues giebt.

Vergeben Sie meine Geschmir, werten Sie es lesen kennen, gern wolt
ich noch ein mahl lesen, abschreiben, wenn es meine Zeit erlaubt.


A. K.

Ich liebe Sie so wie ich mein Max liebe.


22 april und d. 28 sind die lieben Jungen nach den lieben Giesen gezogen.
Aber ich sol ihnen schreiben, wie Sie lebten. Wie kan ich daß — vergnügt
herlich und in Freyden, leben wir zusamen. ach wehren sie auch bey uns ge¬
wesen. Dausen Mahl habe ich Sie zu uns gewünscht, oft sehr oft habe ich
mit Schleiermacher von ihnen gesprochen von all ihren Verdiensten und Vor¬
zügen, die Sie vor andern jungen haben. — Lentz wahr hier und ich habe
ihn nicht gesehen. Mein Bruder und Ernst sind ihm entgegengeritten 3 Stun¬
den. Nun lieber Bruder wil ich ihnen auch sagen, wie die Junge gekleidet
wahren. Einer wie der ander, so weit gelb ihre gleichheit. daß sie sogar
einerley Stück, Hüt und Schladern Haben — Sie machten in Francksurth
groß aufsehens, jeder Kerl blieb stehen und gast sie an/ Als Sie Lenz ent-
gegen reitten, hatten Sie ihre blauen Frack und gelben Meschlen an weißen
Hüt mit gelben Bender und so sind sie Lenz in der Stadt vor der Kusche
her geritten. Wahr daß nicht herrlich, so einen Jungen wie Lentz ist vor
zu reitten.

Auch macht sich unser Max in Franckfurt sein Leben zu nutz, er ist oft
sehr oft spazieren gegannen, nach Mainz gereist und so lebt er.

O wehr ich doch auch ein Jung, wie wir Mädchen so Ehlende Geschäft
sind — wehr ich Ein Jung, ich könnte reißen, lente viel vergnügen genüßen,
daß ihr Jungen allein habt. Eins will ich ihnen sagen, wo ich Sie sehr
darüber bereute das schrnttsschuhlausen habt ihr allein und ich muß
den Winter alle die Kerls laufen sehen und mußte mit zu sehen und
konte nicht laufen. Nun lieber Kayser wird ihnen mein langes geweß
nicht zu lang werden, aber ich muß Sie doch noch eignes fragen. Sie habe
mir noch niemals geschat (sie), wie Sie lebten noch nichts von der schöne
gegen von den Hügel und weiden die sie haben. Gewiß lebten Sie besser,
wie ich. Dann ich muß mein Leben ohne Geselschaft durch brinen. Gesel-
schaft kent ich wohl haben, aber nicht die ich wünste. Francksurth ist so lehr,
sie sind fort, Göthe und alle die gukte Seyd.

Nun lieber, will ich Sie noch um was bitten, wenn es seyn kan, um
den lieben Herrn Lavater seyn Portrait, dan ich lieb ihn sehr, er ist mir ein
heiliger Mond (sie), werten Sie aber nicht böß über alle meine Fortrung
werten. Meine liebe Mutter und Schwester grüst Sie herzlich und lieben
Sie sehr, ach wehren Sie nur einmal bey uns. Adieu, leben Sie wohl und
vergessen Sie nicht, daß Sie mir noch 2 Brief schuldig sind, schreiben Sie
mir bald und viel und was neues giebt.

Vergeben Sie meine Geschmir, werten Sie es lesen kennen, gern wolt
ich noch ein mahl lesen, abschreiben, wenn es meine Zeit erlaubt.


A. K.

Ich liebe Sie so wie ich mein Max liebe.


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[0471] 22 april und d. 28 sind die lieben Jungen nach den lieben Giesen gezogen. Aber ich sol ihnen schreiben, wie Sie lebten. Wie kan ich daß — vergnügt herlich und in Freyden, leben wir zusamen. ach wehren sie auch bey uns ge¬ wesen. Dausen Mahl habe ich Sie zu uns gewünscht, oft sehr oft habe ich mit Schleiermacher von ihnen gesprochen von all ihren Verdiensten und Vor¬ zügen, die Sie vor andern jungen haben. — Lentz wahr hier und ich habe ihn nicht gesehen. Mein Bruder und Ernst sind ihm entgegengeritten 3 Stun¬ den. Nun lieber Bruder wil ich ihnen auch sagen, wie die Junge gekleidet wahren. Einer wie der ander, so weit gelb ihre gleichheit. daß sie sogar einerley Stück, Hüt und Schladern Haben — Sie machten in Francksurth groß aufsehens, jeder Kerl blieb stehen und gast sie an/ Als Sie Lenz ent- gegen reitten, hatten Sie ihre blauen Frack und gelben Meschlen an weißen Hüt mit gelben Bender und so sind sie Lenz in der Stadt vor der Kusche her geritten. Wahr daß nicht herrlich, so einen Jungen wie Lentz ist vor zu reitten. Auch macht sich unser Max in Franckfurt sein Leben zu nutz, er ist oft sehr oft spazieren gegannen, nach Mainz gereist und so lebt er. O wehr ich doch auch ein Jung, wie wir Mädchen so Ehlende Geschäft sind — wehr ich Ein Jung, ich könnte reißen, lente viel vergnügen genüßen, daß ihr Jungen allein habt. Eins will ich ihnen sagen, wo ich Sie sehr darüber bereute das schrnttsschuhlausen habt ihr allein und ich muß den Winter alle die Kerls laufen sehen und mußte mit zu sehen und konte nicht laufen. Nun lieber Kayser wird ihnen mein langes geweß nicht zu lang werden, aber ich muß Sie doch noch eignes fragen. Sie habe mir noch niemals geschat (sie), wie Sie lebten noch nichts von der schöne gegen von den Hügel und weiden die sie haben. Gewiß lebten Sie besser, wie ich. Dann ich muß mein Leben ohne Geselschaft durch brinen. Gesel- schaft kent ich wohl haben, aber nicht die ich wünste. Francksurth ist so lehr, sie sind fort, Göthe und alle die gukte Seyd. Nun lieber, will ich Sie noch um was bitten, wenn es seyn kan, um den lieben Herrn Lavater seyn Portrait, dan ich lieb ihn sehr, er ist mir ein heiliger Mond (sie), werten Sie aber nicht böß über alle meine Fortrung werten. Meine liebe Mutter und Schwester grüst Sie herzlich und lieben Sie sehr, ach wehren Sie nur einmal bey uns. Adieu, leben Sie wohl und vergessen Sie nicht, daß Sie mir noch 2 Brief schuldig sind, schreiben Sie mir bald und viel und was neues giebt. Vergeben Sie meine Geschmir, werten Sie es lesen kennen, gern wolt ich noch ein mahl lesen, abschreiben, wenn es meine Zeit erlaubt. A. K. Ich liebe Sie so wie ich mein Max liebe.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/471>, abgerufen am 22.12.2024.