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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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nicht auch auf der gegnerischen Seite die Geister regen und dem "g.uäiatur
et alters, xg-rs" Anerkennung zu verschaffen suchen!

Es wäre wohl zunächst wünschenswert!) gewesen, eine urkundlich ge¬
sicherte Darstellung der schlesischen Kriege zu erhalten, welche weit weniger
behandelt sind, als der siebenjährige Krieg. Allerdings hat dieser mehr In¬
teresse; jene aber sind nicht nur die Vorläufer des anderen, sondern ver¬
halten sich doch eigentlich zu demselben wie Ursache und Wirkung. Indessen
auch ohne vorherrschende ausführliche Beschreibung der schlesischen Kriege
lassen sich die Ereignisse der späteren Jahre verständlich darstellen, wenn die
politischen Veränderungen der Zwischenzeit in scharfen Umrissen gezeichnet
werden.

Dieser Aufgabe unterzog sich Arnold Schäfer, und, gestützt sowohl auf
die inzwischen veröffentlichten Arbeiten Andrer, als auch namentlich auf um¬
fassende Archivstudien, insbesondere mit Hilfe der preußischen Gesandtschafts-
correspondenz von Paris und London, konnte er wohl hoffen, die historische
Wissenschaft um ein schätzbares Werk zu bereichern. Wir überlassen es dem
Leser, aus der umfangreichen Vorrede des ersten Bandes sich im einzelnen
darüber zu unterrichten, wie sorgfältig der Verfasser bemüht war, durch
Heranziehung der verschiedensten Quellen sowohl neues Licht auf besonders
dunkle Punkte zu werfen, als auch Licht und Schatten gleichmäßig und ge¬
recht zu vertheilen. Das geheime Staatsarchiv zu Berlin bot neben den er¬
wähnten Gesandtschaftsberichten natürlich die Grundlagen dar; wichtige russi¬
sche, englische und holländische Archivalien konnten zur Vervollständigung
resp. Rectification benutzt werden. Es liegt auf der Hand, daß die Be¬
sprechung eines solchen, wesentlich auf Archivstudien gegründeten Werkes nicht
die Aufgabe haben kann, die Fundamentirung zu untersuchen, sondern ledig¬
lich den auf ihr aufgeführten Bau in seinen einzelnen Theilen zu betrach¬
ten, die Symmetrie derselben zu prüfen, ihre Zusammenfügung zu erörtern
und schließlich das ganze Gebäude einmal darauf hin anzusehen, ob es sei¬
nem Zwecke entsprechend ist.

Wir wollen die letzte Frage zuerst beantworten, weil sie sich auf beide
Bände gleichmäßig bezieht; denn im Uebrigen werden wir diese von einander
trennen müssen, wie sie ja auch durch die Zeit ihres Erscheinens gesondert
sind; das "alsen ales äoeet" bewahrheitet sich heutzutage eben auf so ecla-
tante Weise, daß selbst ein kurzer Zeitraum von drei Jahren die Grundlagen
der Forschung verrücken, alle Elemente der Darstellung ändern mußte. In
ihren Mängeln sind beide Bände einander sehr ähnlich -- in den Vorzügen
ungleich: jene verschuldet zumeist der Verfasser, diese verdanken wir nur dem
Material.

Schäfer's Werk entspricht seinem Titel nicht genau. Er nannte es "Ge-


nicht auch auf der gegnerischen Seite die Geister regen und dem „g.uäiatur
et alters, xg-rs" Anerkennung zu verschaffen suchen!

Es wäre wohl zunächst wünschenswert!) gewesen, eine urkundlich ge¬
sicherte Darstellung der schlesischen Kriege zu erhalten, welche weit weniger
behandelt sind, als der siebenjährige Krieg. Allerdings hat dieser mehr In¬
teresse; jene aber sind nicht nur die Vorläufer des anderen, sondern ver¬
halten sich doch eigentlich zu demselben wie Ursache und Wirkung. Indessen
auch ohne vorherrschende ausführliche Beschreibung der schlesischen Kriege
lassen sich die Ereignisse der späteren Jahre verständlich darstellen, wenn die
politischen Veränderungen der Zwischenzeit in scharfen Umrissen gezeichnet
werden.

Dieser Aufgabe unterzog sich Arnold Schäfer, und, gestützt sowohl auf
die inzwischen veröffentlichten Arbeiten Andrer, als auch namentlich auf um¬
fassende Archivstudien, insbesondere mit Hilfe der preußischen Gesandtschafts-
correspondenz von Paris und London, konnte er wohl hoffen, die historische
Wissenschaft um ein schätzbares Werk zu bereichern. Wir überlassen es dem
Leser, aus der umfangreichen Vorrede des ersten Bandes sich im einzelnen
darüber zu unterrichten, wie sorgfältig der Verfasser bemüht war, durch
Heranziehung der verschiedensten Quellen sowohl neues Licht auf besonders
dunkle Punkte zu werfen, als auch Licht und Schatten gleichmäßig und ge¬
recht zu vertheilen. Das geheime Staatsarchiv zu Berlin bot neben den er¬
wähnten Gesandtschaftsberichten natürlich die Grundlagen dar; wichtige russi¬
sche, englische und holländische Archivalien konnten zur Vervollständigung
resp. Rectification benutzt werden. Es liegt auf der Hand, daß die Be¬
sprechung eines solchen, wesentlich auf Archivstudien gegründeten Werkes nicht
die Aufgabe haben kann, die Fundamentirung zu untersuchen, sondern ledig¬
lich den auf ihr aufgeführten Bau in seinen einzelnen Theilen zu betrach¬
ten, die Symmetrie derselben zu prüfen, ihre Zusammenfügung zu erörtern
und schließlich das ganze Gebäude einmal darauf hin anzusehen, ob es sei¬
nem Zwecke entsprechend ist.

Wir wollen die letzte Frage zuerst beantworten, weil sie sich auf beide
Bände gleichmäßig bezieht; denn im Uebrigen werden wir diese von einander
trennen müssen, wie sie ja auch durch die Zeit ihres Erscheinens gesondert
sind; das „alsen ales äoeet" bewahrheitet sich heutzutage eben auf so ecla-
tante Weise, daß selbst ein kurzer Zeitraum von drei Jahren die Grundlagen
der Forschung verrücken, alle Elemente der Darstellung ändern mußte. In
ihren Mängeln sind beide Bände einander sehr ähnlich — in den Vorzügen
ungleich: jene verschuldet zumeist der Verfasser, diese verdanken wir nur dem
Material.

Schäfer's Werk entspricht seinem Titel nicht genau. Er nannte es „Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/410>, abgerufen am 22.12.2024.