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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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daß wir an die Abreise von hier denken können. Aber wir nehmen nun wie
natürlich den geradesten Weg nach Berlin, machen nur kleine Tagereisen,
und ich begleite die Eltern nun nach Berlin um mich selbst von der guten
Ankunft und der Vorsicht auf der Neise überzeugen zu können. Sie werden
sich denken, welch eine sorgenvolle Zeit das war, und mich deshalb gewiß
entschuldigen, daß ich erst heute Ihnen für all Ihre Freundlichkeit und Güte,
die sich wieder in dem Brief u. in dem Gedicht aussprach, danken kann. Ich
hoffe das aber bald mündlich thun zu können, denn nach einem Brief des
Herrn Dörrien ist es nothwendig, daß ich wenigstens 4 Wochen vor Anfang
der Concerte in Leipzig eintreffe, und so werde ich dann schon gegen Ende
des künftigen Monats in Ihrer Stadt ankommen. Musik gemacht habe ich
natürlich in dieser Zeit fast gar nicht, nur hin und wieder an meinem Ora¬
torium etwas weiter geschrieben. Auch mit dem Briefschreiben geht es nicht,
wie Sie diesen Zeilen ansehen werden, u. um so weniger, als ich die Aus¬
sicht habe, in kurzem Ihnen alles mündlich besser zu sagen, als ich hier
schriftlich andeuten könnte. Leben Sie also bis dahin wohl; grüßen Sie
Ihren Herrn Gemahl vielmal, und sein Sie beide für alle Freundlichkeit beim
Musikfest vielmal bedankt. Sollten Sie mir etwas mitzutheilen haben, ehe ich
nach Leipzig komme, so bitte ich an Herrn A. Mendelssohn-Bartholdy in
Berlin zu adressiren. In ein Paar Wochen auf Wiedersehen.


Ihr ergebner
Felix Mendelssohn Bartholdy.
6.

(Leipzig, ohne Datum.)


Hochgeehrte Frau

Dürft ich mir die Freiheit nehmen, und würden Sie mir ohne Gene
erlauben können morgen Abend zu Ihrer Musik einen jungen Mann vom
Rhein, der die Kunst sehr liebt u. eifrig treibt, u. dem viel daran liegt hier
etwas Gutes zu hören, bei Ihnen einzuführen? Sein Name ist Lenz (aus
Coblenz) da er erst gestern hier angekommen ist so möchte ich ihm gern einen
hübschen Begriff vom Leipziger Musikwesen beibringen u. daher meine Frage,
die . mit einer ganz aufrichtigen Zeile zu beantworten ich Sie bitte. Stets


Felix Mendelssohn-Bartholdy. Ihr ergebner
''7- '

Hochgeehrte Frau

Wie freundlich und liebenswürdig haben Sie uns heut früh wieder
überrascht mit den schönen Aepfeln, die wir Morgens beim Hereintreten im
zierlichsten Korbe fanden, das ganze Zimmer voll Duft. Haben Sie tausend
Dank daß Sie und Ihr Herr Gemahl unsrer so freundlich gedacht u. sich


daß wir an die Abreise von hier denken können. Aber wir nehmen nun wie
natürlich den geradesten Weg nach Berlin, machen nur kleine Tagereisen,
und ich begleite die Eltern nun nach Berlin um mich selbst von der guten
Ankunft und der Vorsicht auf der Neise überzeugen zu können. Sie werden
sich denken, welch eine sorgenvolle Zeit das war, und mich deshalb gewiß
entschuldigen, daß ich erst heute Ihnen für all Ihre Freundlichkeit und Güte,
die sich wieder in dem Brief u. in dem Gedicht aussprach, danken kann. Ich
hoffe das aber bald mündlich thun zu können, denn nach einem Brief des
Herrn Dörrien ist es nothwendig, daß ich wenigstens 4 Wochen vor Anfang
der Concerte in Leipzig eintreffe, und so werde ich dann schon gegen Ende
des künftigen Monats in Ihrer Stadt ankommen. Musik gemacht habe ich
natürlich in dieser Zeit fast gar nicht, nur hin und wieder an meinem Ora¬
torium etwas weiter geschrieben. Auch mit dem Briefschreiben geht es nicht,
wie Sie diesen Zeilen ansehen werden, u. um so weniger, als ich die Aus¬
sicht habe, in kurzem Ihnen alles mündlich besser zu sagen, als ich hier
schriftlich andeuten könnte. Leben Sie also bis dahin wohl; grüßen Sie
Ihren Herrn Gemahl vielmal, und sein Sie beide für alle Freundlichkeit beim
Musikfest vielmal bedankt. Sollten Sie mir etwas mitzutheilen haben, ehe ich
nach Leipzig komme, so bitte ich an Herrn A. Mendelssohn-Bartholdy in
Berlin zu adressiren. In ein Paar Wochen auf Wiedersehen.


Ihr ergebner
Felix Mendelssohn Bartholdy.
6.

(Leipzig, ohne Datum.)


Hochgeehrte Frau

Dürft ich mir die Freiheit nehmen, und würden Sie mir ohne Gene
erlauben können morgen Abend zu Ihrer Musik einen jungen Mann vom
Rhein, der die Kunst sehr liebt u. eifrig treibt, u. dem viel daran liegt hier
etwas Gutes zu hören, bei Ihnen einzuführen? Sein Name ist Lenz (aus
Coblenz) da er erst gestern hier angekommen ist so möchte ich ihm gern einen
hübschen Begriff vom Leipziger Musikwesen beibringen u. daher meine Frage,
die . mit einer ganz aufrichtigen Zeile zu beantworten ich Sie bitte. Stets


Felix Mendelssohn-Bartholdy. Ihr ergebner
''7- '

Hochgeehrte Frau

Wie freundlich und liebenswürdig haben Sie uns heut früh wieder
überrascht mit den schönen Aepfeln, die wir Morgens beim Hereintreten im
zierlichsten Korbe fanden, das ganze Zimmer voll Duft. Haben Sie tausend
Dank daß Sie und Ihr Herr Gemahl unsrer so freundlich gedacht u. sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/357>, abgerufen am 22.12.2024.