Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Ritters Werner von Westerburg-Löwenstein, der, verschwägert mit dem Grafen Mehr Interesse, als für die Westerburg, hatte es für den Paderborner Zunächst brachte es der Bischof von Paderborn dahin, daß ihm die Solche Theilungen unter verschiedenen Mitberechtigten waren im Mittel- Ritters Werner von Westerburg-Löwenstein, der, verschwägert mit dem Grafen Mehr Interesse, als für die Westerburg, hatte es für den Paderborner Zunächst brachte es der Bischof von Paderborn dahin, daß ihm die Solche Theilungen unter verschiedenen Mitberechtigten waren im Mittel- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0340" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125046"/> <p xml:id="ID_1026" prev="#ID_1025"> Ritters Werner von Westerburg-Löwenstein, der, verschwägert mit dem Grafen<lb/> von Waldeck und mit den Papenheim, anscheinend in einer Fehde der letzte¬<lb/> ren gegen die Spiegel, Liebenau gewaltsam sich aneignete. Er als Besitzer<lb/> einer fernen Burg hatte selbst keine Neigung in Liebenau zu wohnen, da¬<lb/> gegen war dasselbe ein passender Sitz für einen seiner Oheime, einen zweit-<lb/> gebornen Sohn aus der Familie der Marburger Papenheim. Dieser, Her¬<lb/> bold von Papenheim, kaufte von seinem Neffen die Hälfte von Liebenau,<lb/> bezog die dortige Burg und stiftete eine selbständige, erst im achtzehnten Jahr¬<lb/> hundert ausgestorbene Linie der Papenheim. Die neuen Eigenthümer, Wer¬<lb/> ner v. Westerburg und Herbold von Papenheim, mußten zunächst von glei¬<lb/> chem Bestreben, wie Hermann Spiegel beseelt sein, der Liebenau Bewohner<lb/> zuzuführen; sie ertheilten deshalb gleichfalls einen Freibrief, nur war der¬<lb/> selbe bei weitem nicht so günstig, als der von 1294, obwohl er bis auf we¬<lb/> nige Worte gleichlautet. Jetzt, nachdem Burg und Stadt bereits bestanden,<lb/> brauchte man, um Leute herbeizuziehen, nicht mehr soviel zu bieten, wie bei<lb/> der ersten Stadtanlage. Konnte daher die Privilegirung von 1294 zu der<lb/> Meinung Anlaß geben, daß mit Aufhebung der Dienstpflicht möglicherweise<lb/> die Hörigen freigelassen sein sollten, so hielt man es jetzt für räthlich, eine<lb/> Clausel einzuschieben, welche die Fortdauer der Hörigkeit und insbesondere der<lb/> Dienstpflicht energisch betonte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1027"> Mehr Interesse, als für die Westerburg, hatte es für den Paderborner<lb/> Bischof, in Liebenau festen Fuß zu fassen. Ringsum waren Paderborn'sche<lb/> Besitzungen und Niemand verstand es besser, als die Kirche, mehr und mehr<lb/> ihre territorielle Macht auszudehnen. Selten fehlten ihr die Mittel, noch<lb/> seltener die Neigung dazu. Bald war es ein Ritter in Geldnoth, den sie<lb/> unterstützte, bald wandten ihr kinderlose Eheleute des Seelenheils wegen ihre<lb/> Güter zu, bald verkaufte ihr eine dem Grabe nahe Wittwe Haus und Hof<lb/> für eine ansehnliche Leibrente. Eine nicht undankbare Aufgabe für den Sta¬<lb/> tistiker wäre es, für den Zeitraum des einen oder anderen Jahrhunderts vor<lb/> der Reformation festzustellen, was an Grundeigenthum die Kirche in einem<lb/> gewissen Bezirke erwarb und welche geringen Gegenleistungen sie dafür<lb/> gewährte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1028"> Zunächst brachte es der Bischof von Paderborn dahin, daß ihm die<lb/> Söhne !Werner's von Westerburg ihren Theil von Burg und Stadt Lie¬<lb/> benau zu einem „offenen Schloß" gaben, damit er daraus die Fehden gegen<lb/> seine Feinde führe. Dann ließ sich der Bischof bereit finden, ihnen 1359,<lb/> als sie Geld brauchten, die Hälfte ihrer Hälfte von Liebenau abzukaufen.<lb/> Demnach besaßen nunmehr die Papenheim eine Hälfte, die Westerburg und<lb/> der Bischof je ein Mrrtel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1029" next="#ID_1030"> Solche Theilungen unter verschiedenen Mitberechtigten waren im Mittel-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0340]
Ritters Werner von Westerburg-Löwenstein, der, verschwägert mit dem Grafen
von Waldeck und mit den Papenheim, anscheinend in einer Fehde der letzte¬
ren gegen die Spiegel, Liebenau gewaltsam sich aneignete. Er als Besitzer
einer fernen Burg hatte selbst keine Neigung in Liebenau zu wohnen, da¬
gegen war dasselbe ein passender Sitz für einen seiner Oheime, einen zweit-
gebornen Sohn aus der Familie der Marburger Papenheim. Dieser, Her¬
bold von Papenheim, kaufte von seinem Neffen die Hälfte von Liebenau,
bezog die dortige Burg und stiftete eine selbständige, erst im achtzehnten Jahr¬
hundert ausgestorbene Linie der Papenheim. Die neuen Eigenthümer, Wer¬
ner v. Westerburg und Herbold von Papenheim, mußten zunächst von glei¬
chem Bestreben, wie Hermann Spiegel beseelt sein, der Liebenau Bewohner
zuzuführen; sie ertheilten deshalb gleichfalls einen Freibrief, nur war der¬
selbe bei weitem nicht so günstig, als der von 1294, obwohl er bis auf we¬
nige Worte gleichlautet. Jetzt, nachdem Burg und Stadt bereits bestanden,
brauchte man, um Leute herbeizuziehen, nicht mehr soviel zu bieten, wie bei
der ersten Stadtanlage. Konnte daher die Privilegirung von 1294 zu der
Meinung Anlaß geben, daß mit Aufhebung der Dienstpflicht möglicherweise
die Hörigen freigelassen sein sollten, so hielt man es jetzt für räthlich, eine
Clausel einzuschieben, welche die Fortdauer der Hörigkeit und insbesondere der
Dienstpflicht energisch betonte.
Mehr Interesse, als für die Westerburg, hatte es für den Paderborner
Bischof, in Liebenau festen Fuß zu fassen. Ringsum waren Paderborn'sche
Besitzungen und Niemand verstand es besser, als die Kirche, mehr und mehr
ihre territorielle Macht auszudehnen. Selten fehlten ihr die Mittel, noch
seltener die Neigung dazu. Bald war es ein Ritter in Geldnoth, den sie
unterstützte, bald wandten ihr kinderlose Eheleute des Seelenheils wegen ihre
Güter zu, bald verkaufte ihr eine dem Grabe nahe Wittwe Haus und Hof
für eine ansehnliche Leibrente. Eine nicht undankbare Aufgabe für den Sta¬
tistiker wäre es, für den Zeitraum des einen oder anderen Jahrhunderts vor
der Reformation festzustellen, was an Grundeigenthum die Kirche in einem
gewissen Bezirke erwarb und welche geringen Gegenleistungen sie dafür
gewährte.
Zunächst brachte es der Bischof von Paderborn dahin, daß ihm die
Söhne !Werner's von Westerburg ihren Theil von Burg und Stadt Lie¬
benau zu einem „offenen Schloß" gaben, damit er daraus die Fehden gegen
seine Feinde führe. Dann ließ sich der Bischof bereit finden, ihnen 1359,
als sie Geld brauchten, die Hälfte ihrer Hälfte von Liebenau abzukaufen.
Demnach besaßen nunmehr die Papenheim eine Hälfte, die Westerburg und
der Bischof je ein Mrrtel.
Solche Theilungen unter verschiedenen Mitberechtigten waren im Mittel-
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