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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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zum 22. Sept. erfolgte die Besitznahme von Lünette 52. Der^hier bei weitem
breitere Graben wurde auf einer Tonnenbrücke überschritten. Zur Ausfüh¬
rung dieser Arbeiten standen freilich außer den Pionieren große Infanterie-
massen zur Verfügung. Um aber die Arbeit noch zu beschleunigen, wurden
alle drei Parallelen mittelst der gemeinen Sappe ausgehoben, das heißt ohne
jede Deckung durch mit Erde gefüllte Schanzkörbe oder Sandsäcke, die der
Arbeiter vor sich aufpflanzt. In der Dunkelheit der Nacht rückten die Co-
lonnen auf das offene Feld und begannen Angesichts des Feindes zu graben.
Am Tage, nachdem die erste Deckung geschaffen war, wurde dann die Arbeit
weiter fortgesetzt, trotz des Granatfeuers, durch welches der Feind wiederholt
die Arbeiten vergeblich zu stören suchte. Ein größeres Hinderniß war das
Regenwetter, welches bis gegen die Mitte des Septbr. hin anhielt, und indem
es die Laufgräben zeitweise fast unwegsam machte, den Vortheil einer für die
Arbeiten höchst günstigen Beschaffenheit des Erdreichs beinahe aufwog.

Ein schweres Stück Arbeit ist glücklich vollbracht und ein Erfolg er¬
rungen, der, von der militärischen Bedeutung abgesehen, seinen moralischen
Eindruck in Paris nicht verfehlen wird. Die Republik hat Straßburg nicht
retten können, sie hat überhaupt bisher, gleich dem Kaiserreiche, nur Mi߬
erfolge aufzuweisen. Sie wird endlich im Frieden ihr Heil suchen müssen,
wenn Frankreich nicht der Anarchie in die Hände geliefert werden soll.




Alte Worte aus Straßburg für ein einiges Deutschland.

Jetzt, wo Straßburg so eben zum großen Deutschland zurückgenommen
ist, erinnern wir uns doppelt gern an manches deutschpatriotische Wort, das
ein ächt deutscher Mann vor dreihundert Jahren vom Fuß des dortigen
Münsters über den Rhein herübergesandt hat. Wir meinen den Verfasser
der Denkwürdigkeiten aus der Zeit Kaiser Karls des Fünften, eines Werkes,
das etwa hundert Ausgaben erlebt hat, und neuerlich (1843) von Dr. Theo¬
dor Paur (dem gegenwärtigen Vertreter von Görlitz im preußischen Abge¬
ordnetenhause) in einer trefflichen Schrift gewürdigt worden ist.

Johannes Sleidanus legte sich diesen Namen bei wegen seines Geburts¬
ortes Schleiden in der Eifel. Hier, in der Nähe der alten Kaiserstadt Aachen,
besuchte er die Schule zusammen mit Johann Sturm, und dieser, welcher
1537 einen Ruf nach Straßburg annahm, wo er ein Gymnasium gründete,
dem er dann länger als vierzig Jahre vorstand, einer der angesehensten Pä¬
dagogen des sechzehnten Jahrhunderts, war es, der auch seinen Landsmann


zum 22. Sept. erfolgte die Besitznahme von Lünette 52. Der^hier bei weitem
breitere Graben wurde auf einer Tonnenbrücke überschritten. Zur Ausfüh¬
rung dieser Arbeiten standen freilich außer den Pionieren große Infanterie-
massen zur Verfügung. Um aber die Arbeit noch zu beschleunigen, wurden
alle drei Parallelen mittelst der gemeinen Sappe ausgehoben, das heißt ohne
jede Deckung durch mit Erde gefüllte Schanzkörbe oder Sandsäcke, die der
Arbeiter vor sich aufpflanzt. In der Dunkelheit der Nacht rückten die Co-
lonnen auf das offene Feld und begannen Angesichts des Feindes zu graben.
Am Tage, nachdem die erste Deckung geschaffen war, wurde dann die Arbeit
weiter fortgesetzt, trotz des Granatfeuers, durch welches der Feind wiederholt
die Arbeiten vergeblich zu stören suchte. Ein größeres Hinderniß war das
Regenwetter, welches bis gegen die Mitte des Septbr. hin anhielt, und indem
es die Laufgräben zeitweise fast unwegsam machte, den Vortheil einer für die
Arbeiten höchst günstigen Beschaffenheit des Erdreichs beinahe aufwog.

Ein schweres Stück Arbeit ist glücklich vollbracht und ein Erfolg er¬
rungen, der, von der militärischen Bedeutung abgesehen, seinen moralischen
Eindruck in Paris nicht verfehlen wird. Die Republik hat Straßburg nicht
retten können, sie hat überhaupt bisher, gleich dem Kaiserreiche, nur Mi߬
erfolge aufzuweisen. Sie wird endlich im Frieden ihr Heil suchen müssen,
wenn Frankreich nicht der Anarchie in die Hände geliefert werden soll.




Alte Worte aus Straßburg für ein einiges Deutschland.

Jetzt, wo Straßburg so eben zum großen Deutschland zurückgenommen
ist, erinnern wir uns doppelt gern an manches deutschpatriotische Wort, das
ein ächt deutscher Mann vor dreihundert Jahren vom Fuß des dortigen
Münsters über den Rhein herübergesandt hat. Wir meinen den Verfasser
der Denkwürdigkeiten aus der Zeit Kaiser Karls des Fünften, eines Werkes,
das etwa hundert Ausgaben erlebt hat, und neuerlich (1843) von Dr. Theo¬
dor Paur (dem gegenwärtigen Vertreter von Görlitz im preußischen Abge¬
ordnetenhause) in einer trefflichen Schrift gewürdigt worden ist.

Johannes Sleidanus legte sich diesen Namen bei wegen seines Geburts¬
ortes Schleiden in der Eifel. Hier, in der Nähe der alten Kaiserstadt Aachen,
besuchte er die Schule zusammen mit Johann Sturm, und dieser, welcher
1537 einen Ruf nach Straßburg annahm, wo er ein Gymnasium gründete,
dem er dann länger als vierzig Jahre vorstand, einer der angesehensten Pä¬
dagogen des sechzehnten Jahrhunderts, war es, der auch seinen Landsmann


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/103>, abgerufen am 22.12.2024.