Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.Der antike Circus in Paris. Die französischen Zeitungen haben von einem in Paris aufgegrabenen Groß war das Erstaunen, als man eines Tages hörte: mitten in der Wenn die Römer, wie vor ihnen die Griechen, die natürliche Nundung Der antike Circus in Paris. Die französischen Zeitungen haben von einem in Paris aufgegrabenen Groß war das Erstaunen, als man eines Tages hörte: mitten in der Wenn die Römer, wie vor ihnen die Griechen, die natürliche Nundung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0197" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124347"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Der antike Circus in Paris.</head><lb/> <p xml:id="ID_530"> Die französischen Zeitungen haben von einem in Paris aufgegrabenen<lb/> antiken Circus viel Aufhebens gemacht; die Frage, ob derselbe erhalten wer.<lb/> den könnte und sollte, war natürlich die erste, die aufgeworfen wurde; es<lb/> entstand darüber eine Polemik, denn nur die Verfechter der Erhaltung schrie-<lb/> ben für ihre Ansicht, sie schrieben rastlos und die Quantität des Geschrie¬<lb/> benen mußte eben für die Qualität Ersatz leisten; die Gegner der Erhaltung<lb/> des Circus, bei weitem die zahlreichere Partei, gaben sich nicht die Mühe,<lb/> irgend einen Schritt zu thun; sie setzten dem rührigen Eifer der andern nur<lb/> ihre Apathie, eine spöttelnde Indifferenz entgegen. Der Ausgang war<lb/> vorauszusehen; alle Bemühungen, den Circus der Zerstörung zu entziehen,<lb/> scheiterten an der allgemeinen Gleichgiltigkeit; die Sache war erdrückt! Doch<lb/> kommen wir zu den Ausgrabungen selbst.</p><lb/> <p xml:id="ID_531"> Groß war das Erstaunen, als man eines Tages hörte: mitten in der<lb/> Hauptstadt sei ein gallo-römisches Amphitheater entdeckt worden. Es sind<lb/> etwa 4—S Monate her. An der Rue Monge (einer neuen Straße, die<lb/> westlich vom Pantheon vom Boulevard Saint-Germain etwa in der Rich¬<lb/> tung nach dem ssaräm Ach ?Iantes geht) waren Arbeiter damit beschäftigt,<lb/> auf einem von der Omnibusgesellschaft zur Errichtung von Stallungen und<lb/> Wagenschuppen erkauften Grundstücke eine Erderhöhung abzutragen, als sie<lb/> auf festes Mauerwerk stießen, das eine regelmäßige Krümmung beschrieb.<lb/> Man ging dieser Linie nach und fand, daß diese Mauer die Einfassung der<lb/> Arena, des eigentlichen Kampfplatzes eines Amphitheaters bildete. Weitere<lb/> Ausgrabungen legten dann einen Theil der Sitzstufen, im Ganzen etwas<lb/> weniger als die Hälfte des Circus zu Tage. Ueber der anderen Hälfte steht<lb/> das Kloster der Gilles as ^esus. Der Circus scheint eine fast runde Ellipse<lb/> gebildet zu haben; der kleine Durchmesser der Arena wird auf ca. 49, der<lb/> große auf SS Meter angegeben; der Durchmesser des ganzen Gebäudes, also<lb/> Sitzreihen und Mauern mitinbegriffen, beträgt 128 Meter.</p><lb/> <p xml:id="ID_532" next="#ID_533"> Wenn die Römer, wie vor ihnen die Griechen, die natürliche Nundung<lb/> eines Hügels zur Anlage eines Theaters oder Amphitheaters benutzen konn¬<lb/> ten, so versäumten sie niemals sich dieses natürlichen Vortheils zu bedienen.<lb/> Und so auch hier. Der Abhang der seit den Junitagen 1848 vielgenannten<lb/> NontÄglls Le. KönöviövL (Mons Lucotitius) war halbkreisförmig aus¬<lb/> gehöhlt worden; in dieser Rundung stiegen, durch steile Gänge in regel¬<lb/> mäßige Keile abgetheilt, die Sitze empor. Somit war das Errichten hoher<lb/> Mauern zur Stütze der Stufen nur auf der gegenüberliegenden Seite noth«<lb/> wendig. Was den Amphitheatern von Nimes und Arles, um in Frankreich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0197]
Der antike Circus in Paris.
Die französischen Zeitungen haben von einem in Paris aufgegrabenen
antiken Circus viel Aufhebens gemacht; die Frage, ob derselbe erhalten wer.
den könnte und sollte, war natürlich die erste, die aufgeworfen wurde; es
entstand darüber eine Polemik, denn nur die Verfechter der Erhaltung schrie-
ben für ihre Ansicht, sie schrieben rastlos und die Quantität des Geschrie¬
benen mußte eben für die Qualität Ersatz leisten; die Gegner der Erhaltung
des Circus, bei weitem die zahlreichere Partei, gaben sich nicht die Mühe,
irgend einen Schritt zu thun; sie setzten dem rührigen Eifer der andern nur
ihre Apathie, eine spöttelnde Indifferenz entgegen. Der Ausgang war
vorauszusehen; alle Bemühungen, den Circus der Zerstörung zu entziehen,
scheiterten an der allgemeinen Gleichgiltigkeit; die Sache war erdrückt! Doch
kommen wir zu den Ausgrabungen selbst.
Groß war das Erstaunen, als man eines Tages hörte: mitten in der
Hauptstadt sei ein gallo-römisches Amphitheater entdeckt worden. Es sind
etwa 4—S Monate her. An der Rue Monge (einer neuen Straße, die
westlich vom Pantheon vom Boulevard Saint-Germain etwa in der Rich¬
tung nach dem ssaräm Ach ?Iantes geht) waren Arbeiter damit beschäftigt,
auf einem von der Omnibusgesellschaft zur Errichtung von Stallungen und
Wagenschuppen erkauften Grundstücke eine Erderhöhung abzutragen, als sie
auf festes Mauerwerk stießen, das eine regelmäßige Krümmung beschrieb.
Man ging dieser Linie nach und fand, daß diese Mauer die Einfassung der
Arena, des eigentlichen Kampfplatzes eines Amphitheaters bildete. Weitere
Ausgrabungen legten dann einen Theil der Sitzstufen, im Ganzen etwas
weniger als die Hälfte des Circus zu Tage. Ueber der anderen Hälfte steht
das Kloster der Gilles as ^esus. Der Circus scheint eine fast runde Ellipse
gebildet zu haben; der kleine Durchmesser der Arena wird auf ca. 49, der
große auf SS Meter angegeben; der Durchmesser des ganzen Gebäudes, also
Sitzreihen und Mauern mitinbegriffen, beträgt 128 Meter.
Wenn die Römer, wie vor ihnen die Griechen, die natürliche Nundung
eines Hügels zur Anlage eines Theaters oder Amphitheaters benutzen konn¬
ten, so versäumten sie niemals sich dieses natürlichen Vortheils zu bedienen.
Und so auch hier. Der Abhang der seit den Junitagen 1848 vielgenannten
NontÄglls Le. KönöviövL (Mons Lucotitius) war halbkreisförmig aus¬
gehöhlt worden; in dieser Rundung stiegen, durch steile Gänge in regel¬
mäßige Keile abgetheilt, die Sitze empor. Somit war das Errichten hoher
Mauern zur Stütze der Stufen nur auf der gegenüberliegenden Seite noth«
wendig. Was den Amphitheatern von Nimes und Arles, um in Frankreich
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