Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.charakteristisch erscheinen. Man wünschte auch in sein Leben schärferes Licht, Diese Forderung aber wäre falsch in sich, denn Schleiermacher's Existenz Dilthey nun hat es bis jetzt vortrefflich verstanden, dies Element des Herman Grimm. Rußland im letzten Halbjahr. I. In der deutschen Presse ist mehrfach der Schriften des russischen Generals Die Hauptgedanken Fadiejeff's gipfeln etwa in folgenden Punkten: Ver¬ charakteristisch erscheinen. Man wünschte auch in sein Leben schärferes Licht, Diese Forderung aber wäre falsch in sich, denn Schleiermacher's Existenz Dilthey nun hat es bis jetzt vortrefflich verstanden, dies Element des Herman Grimm. Rußland im letzten Halbjahr. I. In der deutschen Presse ist mehrfach der Schriften des russischen Generals Die Hauptgedanken Fadiejeff's gipfeln etwa in folgenden Punkten: Ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0016" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124168"/> <p xml:id="ID_31" prev="#ID_30"> charakteristisch erscheinen. Man wünschte auch in sein Leben schärferes Licht,<lb/> festere Linien hinein.</p><lb/> <p xml:id="ID_32"> Diese Forderung aber wäre falsch in sich, denn Schleiermacher's Existenz<lb/> lief eben darauf hinaus, nicht: sich in eigener, zackig abschließender Individu¬<lb/> alität zu trennen von den Uebrigen und eigene Pfade zu verfolgen, sondern<lb/> wie ein wohlthätiges Meer, das Alles umfaßt und Alles vermittelt, sich hin¬<lb/> zugeben, formlos zuweilen, aber nur scheinbar formlos, denn fester in um so<lb/> höherem Grade durch die Reinheit seines Willens.</p><lb/> <p xml:id="ID_33"> Dilthey nun hat es bis jetzt vortrefflich verstanden, dies Element des<lb/> Allgemeinen stets richtig zusammenzuhalten. Wir verlieren niemals das Per¬<lb/> sönliche aus den Augen. Die schwierigere Aufgabe bringt hier freilich erst<lb/> der zweite Band mit sich. Darüber zu urtheilen, wie das Bild, welches wir<lb/> empfangen, zum wirklichen Manne sich verhielt, welcher lebte und arbeitete,<lb/> sind die allein im Stande, die ihn wirklich gekannt haben.</p><lb/> <note type="byline"> Herman Grimm.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Rußland im letzten Halbjahr.</head><lb/> <div n="2"> <head> I.</head><lb/> <p xml:id="ID_34"> In der deutschen Presse ist mehrfach der Schriften des russischen Generals<lb/> Fadiejeff Erwähnung gethan worden, von denen eine die Streitkräfte Ru߬<lb/> lands, eine andere die orientalische Frage bespricht, und eine dritte in einer<lb/> Reihe von Aufsätzen in dem viel gelesenen und weit verbreiteten Petersburger<lb/> Blatte „Birschewija Wjedomosty" im Dezember v. I. und im Januar d. I.<lb/> veröffentlicht worden ist. Es werden in denselben Ideen entwickelt, welche, wenn<lb/> auch officiell dementirt, dennoch geeignet sind, die Nachbarn des russischen<lb/> Reiches um so mehr in Aufregung zu versetzen, je weniger man den officiel-<lb/> len Dementis besondern Werth beizulegen gewohnt ist und je weniger die<lb/> Thatsachen damit übereinstimmen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_35" next="#ID_36"> Die Hauptgedanken Fadiejeff's gipfeln etwa in folgenden Punkten: Ver¬<lb/> einigung der österreichischen und türkischen Slaven unter directer Herrschaft<lb/> Rußlands oder als verbündete Vasallenstaaten unter russischen Großfürsten,<lb/> Stellung der Balkanhalbinsel unter russischen Schutz, der einer Mediatisirung<lb/> gleich zu achten wäre. Um zu diesem Ziele zu gelangen, ist es nothwendig,<lb/> zunächst Galizien nebst Lodomerien für Rußland wieder zu gewinnen, Oese-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
charakteristisch erscheinen. Man wünschte auch in sein Leben schärferes Licht,
festere Linien hinein.
Diese Forderung aber wäre falsch in sich, denn Schleiermacher's Existenz
lief eben darauf hinaus, nicht: sich in eigener, zackig abschließender Individu¬
alität zu trennen von den Uebrigen und eigene Pfade zu verfolgen, sondern
wie ein wohlthätiges Meer, das Alles umfaßt und Alles vermittelt, sich hin¬
zugeben, formlos zuweilen, aber nur scheinbar formlos, denn fester in um so
höherem Grade durch die Reinheit seines Willens.
Dilthey nun hat es bis jetzt vortrefflich verstanden, dies Element des
Allgemeinen stets richtig zusammenzuhalten. Wir verlieren niemals das Per¬
sönliche aus den Augen. Die schwierigere Aufgabe bringt hier freilich erst
der zweite Band mit sich. Darüber zu urtheilen, wie das Bild, welches wir
empfangen, zum wirklichen Manne sich verhielt, welcher lebte und arbeitete,
sind die allein im Stande, die ihn wirklich gekannt haben.
Herman Grimm.
Rußland im letzten Halbjahr.
I.
In der deutschen Presse ist mehrfach der Schriften des russischen Generals
Fadiejeff Erwähnung gethan worden, von denen eine die Streitkräfte Ru߬
lands, eine andere die orientalische Frage bespricht, und eine dritte in einer
Reihe von Aufsätzen in dem viel gelesenen und weit verbreiteten Petersburger
Blatte „Birschewija Wjedomosty" im Dezember v. I. und im Januar d. I.
veröffentlicht worden ist. Es werden in denselben Ideen entwickelt, welche, wenn
auch officiell dementirt, dennoch geeignet sind, die Nachbarn des russischen
Reiches um so mehr in Aufregung zu versetzen, je weniger man den officiel-
len Dementis besondern Werth beizulegen gewohnt ist und je weniger die
Thatsachen damit übereinstimmen wollen.
Die Hauptgedanken Fadiejeff's gipfeln etwa in folgenden Punkten: Ver¬
einigung der österreichischen und türkischen Slaven unter directer Herrschaft
Rußlands oder als verbündete Vasallenstaaten unter russischen Großfürsten,
Stellung der Balkanhalbinsel unter russischen Schutz, der einer Mediatisirung
gleich zu achten wäre. Um zu diesem Ziele zu gelangen, ist es nothwendig,
zunächst Galizien nebst Lodomerien für Rußland wieder zu gewinnen, Oese-
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