Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.weislich ihres jüngsten Jahresberichts, aufs würdigste ausfüllen und so dem Es wäre den Vorstehern der deutschen Rettungsgesellschaft wohl zu Die Entstehung dieses concurrirenden Vereins ist ein drastischer Beleg weislich ihres jüngsten Jahresberichts, aufs würdigste ausfüllen und so dem Es wäre den Vorstehern der deutschen Rettungsgesellschaft wohl zu Die Entstehung dieses concurrirenden Vereins ist ein drastischer Beleg <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124268"/> <p xml:id="ID_313" prev="#ID_312"> weislich ihres jüngsten Jahresberichts, aufs würdigste ausfüllen und so dem<lb/> Verdienst, die Anstalten zur Rettung Schiffbrüchiger zuerst- auf deutschen<lb/> Boden verpflanzt zu haben, ein weiteres beigesellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_314"> Es wäre den Vorstehern der deutschen Rettungsgesellschaft wohl zu<lb/> gönnen gewesen, daß sie sich dieses Abschlusses ihrer schönen und wirksamen<lb/> Organisation in Ruhe hätten erfreuen können. Aber kaum war der Ring<lb/> der unmittelbar thätigen Küstenvereine geschlossen, so wurde höchst unerwar¬<lb/> teter Weise die Kette der bumenländischen Hilfsvereine durchbrochen, ja eine<lb/> concurrirende neue nationale Organisation drohte sich der alten gegenüber¬<lb/> zustellen. In Berlin bildete sich im April oder Mai ein sogenannter „vater-<lb/> länoischer Verein zur Rettung Schiffbrüchiger", erließ einen öffentlichen Aufruf,<lb/> der sich keineswegs blos an die Bewohner der Hauptstadt wandte, und berührte<lb/> in demselben mit keiner Silbe sein Verhältniß zu der bestehenden Gesellschaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_315" next="#ID_316"> Die Entstehung dieses concurrirenden Vereins ist ein drastischer Beleg<lb/> des Satzes, daß bloße wohlmeinende Gesinnung ohne klare Ueberlegung und<lb/> Umsicht in öffentlichen Angelegenheiten oft mehr schadet als nützt. Berlin<lb/> hatte bisher gegen die Werbungen der deutschen Rettungsgesellschaft eine<lb/> ganz ungewöhnliche, für eine so große und reiche Stadt etwas beschämende<lb/> Sprödigkeit an den Tag gelegt, die es in den Listen der Mitglieder und<lb/> Beiträge mit weit kleineren, ebenso tief oder noch tiefer im Binnenland ge¬<lb/> legenen Städte unrühmlich contrastiren ließen. Das mißfiel der allen Wohl¬<lb/> thätigkeitsbestrebungen zugethaner Königin August«; sie war durch einen Vor¬<lb/> trag des Capitän Werner in der Singakademie im vorletzten Winter für<lb/> das Rettungswesen erwärmt worden, und als dieser gewandte Mann daher<lb/> im letzten Februar wieder nach Berlin kam, um sich als neuernannter Be¬<lb/> fehlshaber des Panzerschiffs „Kronprinz" beim König zu melden, bestimmte<lb/> sie ihn, zur Zusammenbringur.g eines Comites und Vereins directe Schritte<lb/> zu thun. Diese blieben denn auch, so patronisirt, natürlich nicht ohne Er¬<lb/> folg- Ja sie hatten fast allzu guten Erfolg, wie man nun wohl sagen muß.<lb/> Das Comite', welches zu Stande kam, mit dem Prinz-Aomiral Adalbert per¬<lb/> sönlich an der Spitze, war, als es sich selbst bei Lichte besah, zu vornehm aus¬<lb/> gefallen, um sich einfach als Bezirksverein einem Verein ein- und einem Vor¬<lb/> stande unterzuordnen, an dessen Spitze blos die bürgerlichen Namen Meier<lb/> und Schuhmacher prangten. Capitän Werner, der die Rettungsgesellschaft<lb/> in Kiel angestiftet hatte, scheint dies vorausgesehen, aber die thatsächliche<lb/> Einordnung in den bestehenden nationalen Verband gleichwohl für gesichert<lb/> gehalten zu haben. Sonst hätte er das Unternehmen ja unmöglich befördern<lb/> können. Nur schade dann, daß er sich dafür nicht positive Bürgschaften geben<lb/> ließ. Genug, der Verein bildete sich, der Aufruf erging, ohne daß das Min¬<lb/> deste von beabsichtigter Ablieferung der zu sammelnden Gelder nach Bremen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
weislich ihres jüngsten Jahresberichts, aufs würdigste ausfüllen und so dem
Verdienst, die Anstalten zur Rettung Schiffbrüchiger zuerst- auf deutschen
Boden verpflanzt zu haben, ein weiteres beigesellen.
Es wäre den Vorstehern der deutschen Rettungsgesellschaft wohl zu
gönnen gewesen, daß sie sich dieses Abschlusses ihrer schönen und wirksamen
Organisation in Ruhe hätten erfreuen können. Aber kaum war der Ring
der unmittelbar thätigen Küstenvereine geschlossen, so wurde höchst unerwar¬
teter Weise die Kette der bumenländischen Hilfsvereine durchbrochen, ja eine
concurrirende neue nationale Organisation drohte sich der alten gegenüber¬
zustellen. In Berlin bildete sich im April oder Mai ein sogenannter „vater-
länoischer Verein zur Rettung Schiffbrüchiger", erließ einen öffentlichen Aufruf,
der sich keineswegs blos an die Bewohner der Hauptstadt wandte, und berührte
in demselben mit keiner Silbe sein Verhältniß zu der bestehenden Gesellschaft.
Die Entstehung dieses concurrirenden Vereins ist ein drastischer Beleg
des Satzes, daß bloße wohlmeinende Gesinnung ohne klare Ueberlegung und
Umsicht in öffentlichen Angelegenheiten oft mehr schadet als nützt. Berlin
hatte bisher gegen die Werbungen der deutschen Rettungsgesellschaft eine
ganz ungewöhnliche, für eine so große und reiche Stadt etwas beschämende
Sprödigkeit an den Tag gelegt, die es in den Listen der Mitglieder und
Beiträge mit weit kleineren, ebenso tief oder noch tiefer im Binnenland ge¬
legenen Städte unrühmlich contrastiren ließen. Das mißfiel der allen Wohl¬
thätigkeitsbestrebungen zugethaner Königin August«; sie war durch einen Vor¬
trag des Capitän Werner in der Singakademie im vorletzten Winter für
das Rettungswesen erwärmt worden, und als dieser gewandte Mann daher
im letzten Februar wieder nach Berlin kam, um sich als neuernannter Be¬
fehlshaber des Panzerschiffs „Kronprinz" beim König zu melden, bestimmte
sie ihn, zur Zusammenbringur.g eines Comites und Vereins directe Schritte
zu thun. Diese blieben denn auch, so patronisirt, natürlich nicht ohne Er¬
folg- Ja sie hatten fast allzu guten Erfolg, wie man nun wohl sagen muß.
Das Comite', welches zu Stande kam, mit dem Prinz-Aomiral Adalbert per¬
sönlich an der Spitze, war, als es sich selbst bei Lichte besah, zu vornehm aus¬
gefallen, um sich einfach als Bezirksverein einem Verein ein- und einem Vor¬
stande unterzuordnen, an dessen Spitze blos die bürgerlichen Namen Meier
und Schuhmacher prangten. Capitän Werner, der die Rettungsgesellschaft
in Kiel angestiftet hatte, scheint dies vorausgesehen, aber die thatsächliche
Einordnung in den bestehenden nationalen Verband gleichwohl für gesichert
gehalten zu haben. Sonst hätte er das Unternehmen ja unmöglich befördern
können. Nur schade dann, daß er sich dafür nicht positive Bürgschaften geben
ließ. Genug, der Verein bildete sich, der Aufruf erging, ohne daß das Min¬
deste von beabsichtigter Ablieferung der zu sammelnden Gelder nach Bremen
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