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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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für einen Nachkommen jenes Lössert zu halten wäre. Das Cromhout'sche
Wappen aber findet sich noch jetzt mit einem anderen ähnlichen (Lösfert'schen?)
verkoppelt am Rahmen des Darmstädter Bildes, und hat den Anknüpfungs¬
punkt geboten, die Geschichte desselben auf diese Weise zurückzuverfolgen.. Mit
dieser Zurückführung des Bildes auf die Stifterfamilie aber wäre die Aecht-
heit des Darmstädter Bildes am direktesten erwiesen und bedürfte es gar
keiner anderen Kriterien derselben. Inzwischen muß bemerkt werden, daß die
Kette der historischen Data, auf welchen diese Zurückführung fußt, an einer
gewissen Stelle einer unklaren Verwickelung unterliegt, von der wir noch zu
sprechen haben. Es begegnen uns dabei Zweideutigkeiten und Widersprüche,
welche jener Zurückführung auf die Stifterfamilie die Sicherheit entziehn, ja
sogar möglich lassen, den Beweisgang vom Darmstädter Exemplar auf das
Dresdener zu übertragen.

Und nach all' dem: wenn jemand noch an der Aechtheit des Darmstädter
Exemplares zweifeln will, so ist ein solcher Zweifel nicht schlechthin unmög¬
lich; aber sollte man auch die historische Zurückführung noch anzweifeln,
so treffen doch damit so überwiegende Wahrscheinlichkeitsgründe bezüglich der
Malweise und Priorität zusammen, um dem Zweifel wenig Berechtigung zu
gönnen; auch ist die Aechtheit des Darmstädter Bildes jetzt wohl allgemein
acceptirt, und wenn ausnahmsweise Karl Förster die Ausführung und Ernst
Förster einige Theile des Bildes Holbein absprechen möchten, so lassen doch
auch sie die Anlage oder den Hauptbestand des Bildes als Holbeinisch gelten.
Der Hauptstreit dreht sich jedenfalls nur noch um das Dresdener Bild, zu
dem wir uns jetzt wenden, und zwar zunächst zu den Verdachtsgründen, die
gegen dessen Aechtheit aufgestellt worden sind.

Im Grunde sind es nur zwei, die eine ernsthaftere Betrachtung verdienen,
und denen auch Woltmann. der sie zuerst aufgestellt hat, das meiste Ge¬
wicht beilegt. Er fügt allerdings noch einige andere Gründe hinzu, diese
glaube ich jedoch um so leichter im Interesse der hier gebotenen Kürze über¬
gehen zu können, je leichter ihnen bei einer eingehenderen Betrachtung zu be¬
gegnen sein wird. In der Hauptsache kommen sie darauf zurück, daß Wolt¬
mann, nachdem er sich durch jene wichtigeren Momente von der Unächtheit
des Dresdener Bildes überzeugt zu haben glaubt, nun fast Alles, was er
im Dresdener Bilde nur anders als im Darmstädter findet, für schiech.
ter und hiermit Holbein's weniger würdig oder für abhängig von einem
Mißverständniß 'des Copisten erklärt, nicht ohne dabei in Widerspruch mit
seinen eigenen früheren Ansichten und dem unbefangenen Urtheile Aller zu
gerathen.

Von jenen ernsthafterer Verdachtsgründen knüpft sich der erste an die
historischen Verhältnisse, welche oben bei der Geschichte des Darmstädter


für einen Nachkommen jenes Lössert zu halten wäre. Das Cromhout'sche
Wappen aber findet sich noch jetzt mit einem anderen ähnlichen (Lösfert'schen?)
verkoppelt am Rahmen des Darmstädter Bildes, und hat den Anknüpfungs¬
punkt geboten, die Geschichte desselben auf diese Weise zurückzuverfolgen.. Mit
dieser Zurückführung des Bildes auf die Stifterfamilie aber wäre die Aecht-
heit des Darmstädter Bildes am direktesten erwiesen und bedürfte es gar
keiner anderen Kriterien derselben. Inzwischen muß bemerkt werden, daß die
Kette der historischen Data, auf welchen diese Zurückführung fußt, an einer
gewissen Stelle einer unklaren Verwickelung unterliegt, von der wir noch zu
sprechen haben. Es begegnen uns dabei Zweideutigkeiten und Widersprüche,
welche jener Zurückführung auf die Stifterfamilie die Sicherheit entziehn, ja
sogar möglich lassen, den Beweisgang vom Darmstädter Exemplar auf das
Dresdener zu übertragen.

Und nach all' dem: wenn jemand noch an der Aechtheit des Darmstädter
Exemplares zweifeln will, so ist ein solcher Zweifel nicht schlechthin unmög¬
lich; aber sollte man auch die historische Zurückführung noch anzweifeln,
so treffen doch damit so überwiegende Wahrscheinlichkeitsgründe bezüglich der
Malweise und Priorität zusammen, um dem Zweifel wenig Berechtigung zu
gönnen; auch ist die Aechtheit des Darmstädter Bildes jetzt wohl allgemein
acceptirt, und wenn ausnahmsweise Karl Förster die Ausführung und Ernst
Förster einige Theile des Bildes Holbein absprechen möchten, so lassen doch
auch sie die Anlage oder den Hauptbestand des Bildes als Holbeinisch gelten.
Der Hauptstreit dreht sich jedenfalls nur noch um das Dresdener Bild, zu
dem wir uns jetzt wenden, und zwar zunächst zu den Verdachtsgründen, die
gegen dessen Aechtheit aufgestellt worden sind.

Im Grunde sind es nur zwei, die eine ernsthaftere Betrachtung verdienen,
und denen auch Woltmann. der sie zuerst aufgestellt hat, das meiste Ge¬
wicht beilegt. Er fügt allerdings noch einige andere Gründe hinzu, diese
glaube ich jedoch um so leichter im Interesse der hier gebotenen Kürze über¬
gehen zu können, je leichter ihnen bei einer eingehenderen Betrachtung zu be¬
gegnen sein wird. In der Hauptsache kommen sie darauf zurück, daß Wolt¬
mann, nachdem er sich durch jene wichtigeren Momente von der Unächtheit
des Dresdener Bildes überzeugt zu haben glaubt, nun fast Alles, was er
im Dresdener Bilde nur anders als im Darmstädter findet, für schiech.
ter und hiermit Holbein's weniger würdig oder für abhängig von einem
Mißverständniß 'des Copisten erklärt, nicht ohne dabei in Widerspruch mit
seinen eigenen früheren Ansichten und dem unbefangenen Urtheile Aller zu
gerathen.

Von jenen ernsthafterer Verdachtsgründen knüpft sich der erste an die
historischen Verhältnisse, welche oben bei der Geschichte des Darmstädter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/56>, abgerufen am 31.08.2024.