Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.sionen etwas kleiner, dabei verhältnißmäßig niedriger als das Dresdener Auf Hirt folgend haben sich an den Discussionen über das Aechtheits- Natürlich, daß man von vornherein einen hauptsächlichen Anhalt bei sionen etwas kleiner, dabei verhältnißmäßig niedriger als das Dresdener Auf Hirt folgend haben sich an den Discussionen über das Aechtheits- Natürlich, daß man von vornherein einen hauptsächlichen Anhalt bei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0052" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123672"/> <p xml:id="ID_123" prev="#ID_122"> sionen etwas kleiner, dabei verhältnißmäßig niedriger als das Dresdener<lb/> und sein Inhalt enger zusammengeschoben, wodurch die Proportionen des<lb/> Bildinhaltes zu seinem Nachtheile gedrückter erscheinen. Die Figur der<lb/> Dresdener Madonna ist etwas schlanker und ihr Kleid dunkelgrün, während<lb/> das der Darmstädter ursprünglich blau, jetzt durch den Einfluß des Firnisses<lb/> bläulich-grün ist. Dem Streite über den Vorzug der Schönheit bei der<lb/> künstigen Zusammenstellung scheint das Auge der Dresdener Madonna mit<lb/> holdseliger Ruhe, das der Darmstädter mit Ernst entgegenzusehen. Jeden¬<lb/> falls sind beide verschieden genug zum Streite und abgesehen von einigen<lb/> specifischen Kennern dürfte der Dresdener Madonna wohl immer und überall<lb/> der Vorzug bleiben. Hingegen ist der Ausdruck mehrerer Nebenfiguren<lb/> (Bürgermeister, mittlere und jüngste weibliche Figur) im Darmstädter Bilde<lb/> charakteristischer und lebendiger als im Dresdener, und Teppich und Kopf¬<lb/> putz des weißen Mädchens, obschon auch im Dresdener Exemplare sehr aus¬<lb/> geführt, im Darmstädter von noch vollendeterer Ausführung. Merkwürdig:<lb/> das Kind der Darmstädter Madonna lächelt, ist ein ganz freundliches Christ¬<lb/> kind, während das der Dresdener das bekannte trübselige Aussehen eines<lb/> kranken Kindes hat. Die beiden Exemplare haben sich offenbar in die beiden<lb/> Ansichten, die über das Kind bestehen, getheilt, und geben meines Erachtens<lb/> selbst erst beide zusammen die volle, wahre Ausicht, worauf später mit einigen<lb/> Worten zurückzukommen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_124"> Auf Hirt folgend haben sich an den Discussionen über das Aechtheits-<lb/> und Schönheitsverhältniß beider Exemplare nach der Reihe betheiligt: Kugler,<lb/> Waagen, I. Hübner, Schäfer, von Zahn, Woltmann, Wornum, Fechner. Kinkel,<lb/> E. Förster, W. Schmidt, C. (Grzbten.). K. Förster; wozu mir noch private Ur¬<lb/> theile von Liphardt, H. Grimm und Th. Große vorliegen. Die Zahl dieser Be¬<lb/> urtheiler beweist das große Interesse, was die Frage gefunden hat, und gern<lb/> würde ich eine Uebersicht des Ganges geben, den die Verhandlungen dabei ge¬<lb/> nommen haben; aber die Raumbeschränkung nöthigt, sich hier nur an die<lb/> Gründe zu halten, die dabei eine Hauptrolle spielen. Indem ich dazu über¬<lb/> gehe, habe ich eine allgemeine Bemerkung vorauszuschicken.</p><lb/> <p xml:id="ID_125" next="#ID_126"> Natürlich, daß man von vornherein einen hauptsächlichen Anhalt bei<lb/> unserer Frage darin sucht, wiefern die Malweise des einen und des anderen<lb/> Exemplares zur Malweise ächt Holbein'scher Bilder stimmt. Mit der Mal¬<lb/> weise eines Bildes ist es fast so wie mit der Handschrift eines Autors: man<lb/> kann aus der Handschrist auf den Autor schließen. Aber wenn man schon<lb/> bei der Handschrift in dieser Hinsicht auch irren kann, so unterliegt die Beur¬<lb/> theilung der Malweise in derselben Hinsicht wegen eines Zusammentreffens<lb/> mehrerer Umstände unseres Falles noch viel größerer Schwierigkeit. Zuvörderst<lb/> erstreckt sich die Aechtheitsfrage von unserem Bilde, man kann wohl sagen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
sionen etwas kleiner, dabei verhältnißmäßig niedriger als das Dresdener
und sein Inhalt enger zusammengeschoben, wodurch die Proportionen des
Bildinhaltes zu seinem Nachtheile gedrückter erscheinen. Die Figur der
Dresdener Madonna ist etwas schlanker und ihr Kleid dunkelgrün, während
das der Darmstädter ursprünglich blau, jetzt durch den Einfluß des Firnisses
bläulich-grün ist. Dem Streite über den Vorzug der Schönheit bei der
künstigen Zusammenstellung scheint das Auge der Dresdener Madonna mit
holdseliger Ruhe, das der Darmstädter mit Ernst entgegenzusehen. Jeden¬
falls sind beide verschieden genug zum Streite und abgesehen von einigen
specifischen Kennern dürfte der Dresdener Madonna wohl immer und überall
der Vorzug bleiben. Hingegen ist der Ausdruck mehrerer Nebenfiguren
(Bürgermeister, mittlere und jüngste weibliche Figur) im Darmstädter Bilde
charakteristischer und lebendiger als im Dresdener, und Teppich und Kopf¬
putz des weißen Mädchens, obschon auch im Dresdener Exemplare sehr aus¬
geführt, im Darmstädter von noch vollendeterer Ausführung. Merkwürdig:
das Kind der Darmstädter Madonna lächelt, ist ein ganz freundliches Christ¬
kind, während das der Dresdener das bekannte trübselige Aussehen eines
kranken Kindes hat. Die beiden Exemplare haben sich offenbar in die beiden
Ansichten, die über das Kind bestehen, getheilt, und geben meines Erachtens
selbst erst beide zusammen die volle, wahre Ausicht, worauf später mit einigen
Worten zurückzukommen ist.
Auf Hirt folgend haben sich an den Discussionen über das Aechtheits-
und Schönheitsverhältniß beider Exemplare nach der Reihe betheiligt: Kugler,
Waagen, I. Hübner, Schäfer, von Zahn, Woltmann, Wornum, Fechner. Kinkel,
E. Förster, W. Schmidt, C. (Grzbten.). K. Förster; wozu mir noch private Ur¬
theile von Liphardt, H. Grimm und Th. Große vorliegen. Die Zahl dieser Be¬
urtheiler beweist das große Interesse, was die Frage gefunden hat, und gern
würde ich eine Uebersicht des Ganges geben, den die Verhandlungen dabei ge¬
nommen haben; aber die Raumbeschränkung nöthigt, sich hier nur an die
Gründe zu halten, die dabei eine Hauptrolle spielen. Indem ich dazu über¬
gehe, habe ich eine allgemeine Bemerkung vorauszuschicken.
Natürlich, daß man von vornherein einen hauptsächlichen Anhalt bei
unserer Frage darin sucht, wiefern die Malweise des einen und des anderen
Exemplares zur Malweise ächt Holbein'scher Bilder stimmt. Mit der Mal¬
weise eines Bildes ist es fast so wie mit der Handschrift eines Autors: man
kann aus der Handschrist auf den Autor schließen. Aber wenn man schon
bei der Handschrift in dieser Hinsicht auch irren kann, so unterliegt die Beur¬
theilung der Malweise in derselben Hinsicht wegen eines Zusammentreffens
mehrerer Umstände unseres Falles noch viel größerer Schwierigkeit. Zuvörderst
erstreckt sich die Aechtheitsfrage von unserem Bilde, man kann wohl sagen
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